Ein schräg geparktes Auto blockiert einen Feldweg. Neben der offenen Fahrertür liegt ein Mann bäuchlings auf dem Boden. Schlaganfall, Herzinfarkt? Als zwei Spaziergängerinnen den Mann am 19. März in der Nähe des Waldrands bei Überlingen finden, rechnen sie mit dem Schlimmsten. Dass der Mann zum Meditieren an diesen Platz kam, wissen sie in diesem Moment nicht. Auch nicht, dass er eine Schnapsflasche halb austrank, um intensiver meditieren zu können.
Auf nüchternen Magen getrunken und vier Stunden meditiert
Jetzt musste sich der 62-Jährige wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr vor dem Amtsgericht in Überlingen verantworten. „Alkohol hilft, klarer zu sehen während der Meditation“, erklärte der Mann in der Verhandlung. Hier stand die Frage im Raum, ob der 62-Jährige, bevor ihn die beiden Spaziergängerinnen fanden, betrunken Auto gefahren war.
Sachverständige stützt die Aussage des Mannes
Eine Sachverständige kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Version des Mannes plausibel sein könnte, die Anklage somit nicht gerechtfertigt. Der Mann hatte erklärt, er habe sich am Morgen eine Flasche Schnaps gekauft und sich einen ruhigen Ort gesucht, um dort den Tag lang zu meditieren. Nach Hause fahren wollte er erst, sobald er nüchtern gewesen wäre: „Eventuell hätte ich auch im Wald übernachtet“, sagte er vor Gericht. Das sei für ihn nichts Ungewöhnliches.
„Es hat mich dann zerbröselt“
Jedoch habe er die Wirkung des Alkohols unterschätzt, sagte der Angeklagte vor Gericht. Zur Vorbereitung auf die Meditation hatte er am Tag zuvor gefastet. Er trank im Laufe des Mittags auf leeren Magen ungefähr eine halbe Flasche Schnaps. Als er dann eine Flasche Wasser aus seinem Auto holen wollte, habe es ihn zerbröselt: „Das hat zu viel Energie gekostet.“
Spaziergängerinnen verständigen den Rettungsdienst
Als die zwei Spaziergängerinnen ihn fanden, riefen sie den Rettungsdienst. „Er machte einen verwirrten und orientierungslosen Eindruck“, erinnerte sich eine der Frauen. Sie habe sofort an einen Schlaganfall gedacht und den Notruf 112 gewählt. Die Frage, ob er Alkohol zu sich genommen habe, verneinte der Mann. Als die Rettungssanitäter ankamen, konnten sie einen Schlaganfall ausschließen, wollten den Mann aber trotzdem ins Krankenhaus fahren: „Wir konnten nicht erkennen, was los war.“ Weil sie FFP2-Masken getragen hätten, sei ihnen zunächst auch kein starker Alkoholgeruch aufgefallen.
Der Tag endet mit 2,92 Promille im Krankenhaus
Danach sei der 62-Jährige „ungemütlich“ geworden, sagte eine Zeugin. Bis zu diesem Zeitpunkt sei er recht ruhig gewesen. Doch nachdem der Mann sich nicht behandeln lassen wollte, rief einer der Sanitäter aufgrund von Selbst- und Fremdgefährdung die Polizei. Einer der Polizisten sagte aus: „Er war augenscheinlich betrunken.“
Als die Beamten eintrafen, hatte sich der Mann wieder beruhigt. Sie führten einen Atemalkoholtest durch, der ein Ergebnis von 2,92 Promille zeigte. Weil der Verdacht bestand, dass der Mann betrunken Auto gefahren war, musste er seinen Führerschein abgeben und es wurde Anzeige gegen ihn erstattet. In der Verhandlung kam jedoch der Richter auch aufgrund der Aussage der Sachverständigen zum Schluss, dass es für eine Verurteilung nicht genügend Beweise gebe. Er sprach den Mann daher frei.