Überlingen Der frühere Daviscup-Sieger und spätere Mannschaftskapitän Patrik Kühnen hat im Rahmen seines Besuchs bei den Überlingen Open kleine Geheimnisse aus der Welt der Tennisprofis verraten. Bei seinem Vortrag zum Thema „Break time“ (Pause) schilderte Kühnen an verschiedenen Beispielen, wie wichtig es sein kann, in einer sportlichen Stresssituation eine bewusste Unterbrechung herbeizuführen. „Das ist, wie wenn man an der Fernbedienung auf Stop und die Resettaste drückt.“ Insbesondere, um die Klarheit der Gedanken und das Selbstbewusstsein wiederzufinden. „Ärger, Frust oder Angst“ nannte Kühnen als potenzielle Störfaktoren, die den Fokus auf das eigene Spiel beeinträchtigen könnten – nach einigen Netzrollern für den Gegner, eigenen Doppelfehlern oder einer knapp vergebenen Chance. In einer kritischen Situation gelte es, mit einer bewussten „Break time“ aus dieser herauszutreten, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und so wieder neue Klarheit zu gewinnen.

„Wo sind meine Gedanken?“, müsse man sich bisweilen fragen. Auf dem Platz, beim nächsten Aufschlag oder beim Publikum, das einen bisweilen zu stören versuchte. Patrik Kühnen erinnert sich an ein Daviscup-Doppel mit dem ehemaligen Wimbledon-Sieger Michael Stich in Österreich, bei dem Zuschauer bei aufgeheizter Stimmung vor jedem zweiten Aufschlag „Doppelfehler“ raunten. „Da ist es schwierig, locker zu bleiben.“ Als der Schiedsrichter die Zuschauer mit einem „Pssst!“ ermahnte, griffen diese die Ermahnung auf und wiederholten: „Psst! Psst! Psst!“

Als sich schon eine Niederlage anzubahnen schien und er den Schläger an die Wand geknallt habe, habe ihn Michael Stich zu einer Toilettenpause aufgefordert. „Ich muss nicht“, habe er entgegnet. Stich erwiderte: „Doch, du musst!“ In der Kabine hätten sie sich dann kurz besprochen, eine kalte Cola getrunken und ein Stück Kinderschokolade gegessen, um dann auf dem Platz erneut zu starten und das Match noch zu gewinnen. „Wir mussten einfach mal raus aus der Situation, raus aus dem Hexenkessel und mal durchatmen.“ Eine gute halbe Stunde später seien sie als Sieger des Matches wieder in der Kabine gewesen. Kühnen sagte: „Es ist sehr fraglich, ob wir das Doppel gewonnen hätten, wenn Michael nicht intuitiv gespürt hätte, dass wir eine Auszeit brauchen. Um uns zu sammeln und neu in die Situation hineinzugehen“.

Derlei Konstellationen gebe es auf allen Ebenen, so Patrik Kühnen. Ganz wichtig sei es allerdings, dies rechtzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren. Oft entschieden Emotionen und die Psyche über Sieg oder Niederlage, so der ehemalige Profisportler. „Sage ich mir: ‚Ich will nicht verlieren‘? Oder gehe ich auf den Platz im Bewusstsein: ‚Ich will gewinnen!‘ “ In kritischen Situationen könne die Perspektive den entscheidenden Unterschied ausmachen.