Die Grundschule Lippertsreute wächst und wächst: Während es bisher zwei jahrgangsübergreifende Klassen in der kleinen Dorfschule gab, wird es ab dem kommenden Schuljahr eine dritte Klasse geben. Eine vierte Klasse soll im Schuljahr 2022/2023 dazukommen.

Das gab Rektorin Carmen Kindler in der jüngsten Sitzung des Überlinger Ausschusses für Bildung, Kultur und Soziales bekannt. „Die Entwicklung spricht für sich und zieht einen entsprechenden Raumbedarf mit sich. Alle Eltern im Schulbezirk haben sich bei uns für das kommende Schuljahr angemeldet“, sagte Kindler.

Carmen Kindler, Rektorin Grundschule Lippertsreute: „Die Entwicklung spricht für sich und zieht einen entsprechenden Raumbedarf ...
Carmen Kindler, Rektorin Grundschule Lippertsreute: „Die Entwicklung spricht für sich und zieht einen entsprechenden Raumbedarf mit sich.“ | Bild: Mona Lippisch

Aktuell besuchen 53 Kinder die Grundschule. Im Herbst steigt die Schülerzahl auf 67. „Wir haben keine Wahl, wir müssen dann drei Klassen führen“, betonte die Rektorin. „Die 22 Kinder, die im neuen Schuljahr eingeschult werden, werden in einer separaten ersten Klasse unterrichtet.“

Mit Blick auf die Geburtenzahlen in Überlingen und die aktuelle Entwicklung sehe Carmen Kindler für das Schuljahr 2022/2023 eine vierte Klasse vor. Und genau da liegt das Problem. Denn der Raum, der für das vierte Klassenzimmer in Frage kommt, diente dem Musikverein Harmonie Lippertsreute in den vergangenen Jahren als Probenraum.

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Klassenzimmer ist seit 55 Jahren die Heimat des Musikvereins

Ein Besuch vor Ort: Aufeinandergestapelte Stühle stehen neben dem Fenster. An den Wänden hängen große Bilder. Sie zeigen die Vereinsmitglieder: bei Festen, bei Ausflügen, bei Konzerten. Daneben hängt eine große Tafel. Sie ist vollgeschrieben mit Noten. In einem Schrank sind Pokale aufgereiht, kleine und große.

Alexander Keller und Florian Keller im Probenraum in der Grundschule. Das Schlagzeug bleibt dort immer aufgebaut, auch Notenständer und ...
Alexander Keller und Florian Keller im Probenraum in der Grundschule. Das Schlagzeug bleibt dort immer aufgebaut, auch Notenständer und Stühle stehen schon für die nächste Probe bereit. | Bild: Mona Lippisch

Normaler Unterricht hat in diesem Zimmer noch nie stattgefunden, ausgenommen von Lehrstunden für Nachwuchsmusiker. 55 Jahren lang war der Raum ein Treffpunkt für die Mitglieder des Musikvereins Harmonie Lippertsreute.

„Als die Schule damals gebaut wurde, hat man gemerkt, dass dieser Raum nicht gebraucht wird. So kam es zustande, dass sich der Musikverein dort einrichten konnte“, erzählt Florian Keller. Er ist Vorsitzender des Vereins, zu dem 400 Mitglieder aus den Überlinger Ortsteilen Lippertsreute, Bambergen, Deisendorf und Salem-Tüfingen gehören.

Florian Keller (links) und Alexander Keller haben in diesem Raum in der Grundschule Lippertsreute schon zahlreiche Proben miterlebt.
Florian Keller (links) und Alexander Keller haben in diesem Raum in der Grundschule Lippertsreute schon zahlreiche Proben miterlebt. | Bild: Mona Lippisch

Wenn Keller von den Anfängen in der Grundschule Lippertsreute erzählt, spricht er von circa 30 Musikern, die das Klassenzimmer nutzen. „Der Platz hat immer gereicht“, sagt Keller. Auch, als der Verein größer wurde. Mittlerweile gibt es etwa 100 aktive Musiker.

„Zwei Mal pro Woche haben unsere Jugendkapelle und die große Kapelle in dem Zimmer in der Grundschule geprobt. An den anderen Tagen haben wir dort außerdem noch Unterricht für unsere Nachwuchsmusiker organisiert“, erzählt Florian Keller. Auch, wenn die Proben der Kapellen derzeit coronabedingt größtenteils im Freien stattfinden, steht der Verein vor einer Herausforderung: ein neuer Probenraum muss her.

„Natürlich können wir die Rektorin der Grundschule verstehen und freuen uns für sie, dass sich die Schule so gut entwickelt“, sagt Keller. „Dennoch haben wir uns die Situation nicht gewünscht. Wir stehen jetzt quasi mit nichts da.“

Suche nach neuem Probenraum ist schwierig

Bisher ist noch keine Alternative für die Musiker in Sicht. Räumlichkeiten, wie Dorfgemeinschaftshäuser, kommen für den Verein eigenen Angaben zufolge nicht in Frage. Zu aufwendig sei die Koordination mit anderen Vereinen oder Veranstaltungen, zu wenig Platz gebe es dort für das Lagern eigener Utensilien, Notenständer oder das Schlagzeug, das nicht nach jeder Probe abgebaut werden kann.

Vereinsvorsitzender Florian Keller im Nebenraum des Probenzimmers in der Grundschule Lippertsreute. Eine Lagermöglichkeit wie diese ...
Vereinsvorsitzender Florian Keller im Nebenraum des Probenzimmers in der Grundschule Lippertsreute. Eine Lagermöglichkeit wie diese braucht der Verein auch in seinem künftigen Zuhause. | Bild: Mona Lippisch

„Uns bleibt im Prinzip nur die Lösung, etwas Eigenes zu bauen“, sagt Andreas Keller. Und diese Alternative ist für den Verein alles andere als unkompliziert. Denn finanzielle Rücklagen gibt es kaum. Ohne ein Darlehen und Fördergelder kommt der Verein nicht weit. Deswegen suchte der Vorsitzende, Florian Keller, schon früh das Gespräch mit Oberbürgermeister Jan Zeitler und bat die Stadt Überlingen um Hilfe.

Der OB betonte im Sozialausschuss, dass er dem Vorhaben des Musikvereins grundsätzlich positiv gegenüberstehe. Die Stadt und der Verein müssten gemeinsam eine Lösung finden und sich um Fördermöglichkeiten bemühen, sagte Zeitler. Er stellte auch klar, dass die Stadt nicht allein die Finanzierung eines Musikerheims übernehmen könne.

Andreas Keller (links) und Florian Keller aus der Vorstandschaft des Musikvereins Harmonie Lippertsreute vor der Grundschule ...
Andreas Keller (links) und Florian Keller aus der Vorstandschaft des Musikvereins Harmonie Lippertsreute vor der Grundschule Lippertsreute. Dort fanden in den vergangenen Jahren mehrmals pro Woche Proben des Musikvereins statt. | Bild: Mona Lippisch

Musikverein möchte in Lippertsreute bleiben

Nach einem ersten Gespräch mit dem OB müssen sich die Vereinsmitglieder nun auf die Suche nach möglichen Standorten für das Musikerheim machen. Diese Ideen werden dann in den kommenden Wochen mit der Stadt besprochen. Wie Florian Keller berichtet, gebe es bereits etwa 20 Vorschläge seitens des Vorstands.

„Wir haben einen Standort, den wir favorisieren“, sagt der Musiker. Wo genau sich diese Örtlichkeit befindet, möchte Keller vor einem nächsten Gespräch mit OB Zeitler aber noch nicht in die Öffentlichkeit tragen. Nur so viel: Der Verein möchte am liebsten in Lippertsreute bleiben. Unabhängig davon, ob ein Bau an dem von den Musikern präferierten Standort letztlich möglich ist oder nicht, hofft der Verein, dass es im Herbst eine Lösung gibt. „Dann wäre der erste große Schritt getan“, sagt Florian Keller. „Und dann wartet sehr viel Arbeit auf uns.“

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