Als Klaus Schrodin 2019 im Internet ein Bild vom Jeep J20 Pickup sah, war klar, so einen will er haben. Aber ob er so einen bekommen würde? In den USA wäre das kein Problem, da wurde dieses bullige Arbeitsauto in den 1970er- und 1980er-Jahren gebaut. In Europa gelten solche Importe als Exoten, die allenfalls gelegentlich in Spezialportalen oder auf Oldtimer-Börsen auftauchen.

„Mir war klar, da muss ich Arbeit reinstecken“

Umso erstaunlicher: Schrodin wurde ganz in der Nähe fündig. Mit einem Auto – im Sinne von vier Rädern, Karosserie, Motor starten, losfahren – hatte sein Fund allerdings wenig zu tun. Was er kaufte, war ein zerlegtes Fahrzeug, eine Sammlung von Einzelteilen, bei Weitem nicht komplett. „Mir war klar, da muss ich jede Menge Arbeit reinstecken“, sagt Schrodin. Dieser Herausforderung wollte er sich stellen.

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Im ersten Jahr seiner Puzzlearbeit sichtete Schrodin im Internet tausende Bilder von Teilen und verglich sie mit der Sammlung in seiner Garage. Es galt festzustellen: Was ist was und was gehört wohin? Und natürlich: Was fehlt? Mehr als 100 Teile, von der Leitung bis zum Ventil, musste Schrodin nachträglich anschaffen, nach Möglichkeit Originale.

Bis ein Container nach Deutschland voll ist, das dauert

Damit Originale aus Amerika schneller in Überlingen ankommen, griff Schrodin auf die Hilfe eines Bekannten in den USA zurück. Der bestellte und verschickte umgehend weiter. Bei Bestellungen aus Übersee, erklärt Schrodin, würden US-Händler nicht direkt die Bestellung verschicken, sondern warten, bis ein Versandcontainer voll ist. Und das könne dauern.

Manches gibt es 40 Jahre später nicht mehr im Original, manches musste Schrodin mithilfe seines Sohnes und eines Bekannten und dessen 3D-Drucker selbst fertigen. Anderes war bestellt, kam aber nicht an. Erst sorgte die Pandemie für Verzögerungen, dann der im Suezkanal querstehende Frachter. An Arbeit in der Überlinger Garage mangelte es trotzdem nicht: Teile bearbeiten, lackieren, beschichten.

Hörprobee: Klaus Schrodin mit seinem Jeep. Video: Conrad Schormann

An Ostern 2022, erinnert sich Schrodin, habe nach mehr als zweijähriger Vorarbeit die eigentliche Rekonstruktion des Fahrzeugs begonnen. Noch einmal gut zwei Jahre vergingen, dann, im Juli 2024, der große Moment: Zum ersten Mal drehte Klaus Schrodin den Zündschlüssel seines Schätzchens. Und stellte zufrieden fest: Läuft! Dann: Gang rein (der erste von dreien), Gas geben – fährt!

Als Klaus Schrodin im Sommer 2024 erstmals den Zündschlüssel umdrehte, spang der Jeep auf Anhieb an. Das ist bis heute so.
Als Klaus Schrodin im Sommer 2024 erstmals den Zündschlüssel umdrehte, spang der Jeep auf Anhieb an. Das ist bis heute so. | Bild: Conrad Schormann

Auch die vermeintlich letzte Hürde nahmen Schrodin und sein J20 Pickup ohne Probleme: den TÜV. Die Prüfer hatten nichts auszusetzen. Sechs Jahre, nachdem er mit einer Ansammlung von Einzelteilen begonnen hatte, bekam Schrodin seine Plakette und das Oldtimer-Gutachten für das „H“ auf dem Nummernschild. „Ich war ein bisschen stolz.“

Nie bei Regen

Und jetzt? „Ich fahre halt mal ‚ne Runde“, sagt Schrodin zur Nutzung des Fahrzeugs. Sei es ins Donautal oder in die Berge. Aber nie bei Regen, der Jeep sei schließlich kein Nutzfahrzeug, auch wenn er einst als Transporter konzipiert war. Heute ist der Jeep Schrodins Genuss- und Spaßfahrzeug und überdies ein Symbol dafür, was sich mit beharrlicher Puzzlearbeit erreichen lässt.