Krankheiten, Verletzungen und europaweite Anreisen können sie nicht stoppen: Die Überlinger Rock-Pop-Cover-Band Mucke ist dieses Jahr mit sieben Konzerte in weniger als einem Monat durchgestartet. Fünf davon in 13 Tagen. Und das, obwohl die Mitglieder aktuell in Genf, Oslo und Dublin wohnen, Vollzeit arbeiten oder eben erst ihren Schulabschluss gemacht haben. Warum sie dennoch diesen Sommer zusammen in der Region Musik gemacht haben, und wie Mucke entstanden ist, haben sie dem SÜDKURIER erzählt.
Der Start von „Projekt Mucke“
Der Weg zur Musik begann für die Mitglieder schon lange, bevor es Mucke überhaupt gab. Bassist Raphael Allgöwer (20) spielt bereits seit elf Jahren Posaune und Gitarrist Pat Nylund (17) seit acht Jahren Gitarre. Das viele Üben zahlt sich aus, doch der Weg bis auf die Bühne war nicht einfach und sei vor allem für Nachbarn und Mitbewohner vermutlich eine Qual gewesen, erzählt Schlagzeuger Per Nylund (23) mit einem Grinsen. Er hat vor seiner Zeit bei Mucke schon in verschiedenen Bands gespielt.
Genauso wie Raphael und Gitarrist Daniel Schappeler (20), die im Sommer 2021 das „Projekt Mucke“ mit einer WhatsApp-Gruppe starteten. Die beiden suchten für einen Gig gute und zuverlässige Musiker aus Überlingen und Umgebung und kamen deshalb auf Per, seinen Bruder Pat, Keyboarder Elias Rehfeldt (20) und Sängerin Lucie Meier (18) zu, die auch schon Banderfahrung hatten.

Ursprünglich geplant war das Ganze als Projekt für einen Sommer und nur ein Konzert gedacht: Sie wollten im September 2021 bei der Landesgartenschau in Überlingen spielen. „Und aus einem Projekt für einen Sommer wurde dann was Langfristiges“, erzählt Raphael. „Da ist dann ein zweiter Sommer draus geworden und jetzt ein dritter – und ein vierter soll auch noch dazu kommen.“
Als sie im nächsten Jahr geplante Gigs hatten, bei denen Keyboarder Elias keine Zeit hatte, akquirierten Per und Pat ihren Bruder Phil Nylund (28). Das war fünf Wochen vor dem ersten Konzert. Phil musste in dieser Zeit 20 Songs lernen und konnte aufgrund seines Jobs in Genf vor den Auftritten nie mit dem Rest der Band proben. Seitdem ist das Brüder-Trio gemeinsam am Start. Und Phil fährt für jeden Auftritt und jede Probe von Genf nach Überlingen und zurück.
„Ich lauf so durch die Stadt und dann kommt jemand und sagt ‚Ey, du bist doch von Mucke‘.“Pat Nylund
Seitdem hat sich viel verändert. Mittlerweile hat sich die Band nach fast 20 Konzerten in der Region einen Namen gemacht. „Also ich wurde bestimmt schon fünf Mal auf der Straße von irgendwelchen Leuten angesprochen, die ich gar nicht kenne. Das ist ganz komisch. Ich lauf so durch die Stadt und dann kommt jemand und sagt ‚Ey, du bist doch von Mucke‘“, erzählt Pat. Auch auf Social Media kommen immer mehr Follower und Fans dazu. Diesen Sommer lief es für die Band besonders gut. Woran das liegt? „Das war der erste Sommer, wo wir ein Team waren, eine richtige Familie“, sagt Raphael.
Proben von Australien bis Oslo
Besonders in der Anfangszeit musste sehr viel geprobt werden. Fast jedes Wochenende, erzählen sie. „Es hat sehr stark angefangen, aber dann auch sehr stark nachgelassen“, gibt Pat zu. Treibende Kraft hinter den Proben sei Raphael. „Wenn er da ist, proben wir viel. Wenn er nicht da ist, dann nicht so“, erklärt Phil lachend.
Raphael studiert allerdings in Dublin und war bis drei Tage vor den Konzerten diesen Sommer in Australien. Um die Band gekümmert hat er sich trotzdem. „Es ist schön und schwierig, ich habe so viele Nachrichten seit September in die WhatsApp-Gruppe reingeschickt: Probt! Probt! Probt! Ich hab‘ dann teilweise sogar die Proben organisiert“, gibt Raphael lachend zu. „Wir sind ein großes Team – eine große Familie. Es gibt mal schwierige Zeiten, es gibt mal gute Zeiten. Wie in jeder Familie. Es ist wirklich manchmal eine Hassliebe, aber wenn du dann auf der Bühne stehst und da viele Leute im Publikum sind, die lächeln und eine schöne Zeit haben, dann ist es das alles wert.“
Auf der Bühne mit Ibus und Druckverband
Aufhalten kann die junge Band nur wenig. „Wir hatten auch ein paar Hindernisse. Ich zum Beispiel habe mir einmal meinen Fuß überdehnt vor einem Konzert. Wir wussten dann kurz davor nicht mal, ob wir spielen können. Da habe ich mir dann ein paar Ibus eingeworfen und bin mit Druckverband auf die Bühne“, erzählt Lucie. Doch das war noch nicht alles. Raphael hatte zu der Zeit einen gebrochenen Knöchel, und Pat sei so krank gewesen, dass er kaum noch Stimme hatte. „Ich meinte nur so, das bekommen wir schon irgendwie hin“, erzählt Raphael. Und es hat irgendwie geklappt.
Dass sie sich so sehr reinhängen, liegt an der Resonanz des Publikums. Für sie ist es das Allerschönste, Leute zusammenzubringen und ihnen eine gute Zeit zu bereiten. Phil erzählt, er im Zug auf dem Weg zu einem Auftritt einmal mit ein paar Touristen ins Gespräch gekommen. „Ich habe dann erzählt, dass wir heute Abend in Sipplingen spielen, und die meinten ‚Wir wohnen gerade in Sipplingen‘. Und dann saßen die nachher mit ihren Campingstühlen in der ersten Reihe und haben uns angefeuert.“
Unterstützung aus allen Ecken Überlingens
An den Auftritten von Mucke sind noch viel mehr Leute beteiligt. In Sachen Beleuchtung wird die siebenköpfige Band zum Beispiel von der Beleuchter AG der Waldorfschule unterstützt. Dort haben sie auch eines ihrer ersten Konzerte gespielt und Probenwochenenden veranstaltet. Bei Gigs, an denen die Technik gestellt ist, sind Schüler dieser AG am Start und helfen, indem sie sich um Licht und Ton kümmern. Und auch vom Gymnasium Überlingen helfen Schüler der Licht, Ton und Medien AG bei allem rund um die Veranstaltungstechnik.

Das ganze Projekt Mucke funktioniere auch nur dank der Unterstützung der Familien und verschiedener Unternehmen in Überlingen. „Was wir an Gage bekommen für die Konzerte, das geht halt eigentlich alles für Logistik und das Ausleihen von Technik drauf. Wir machen das nicht, um Geld damit zu verdienen, man tut es nämlich faktisch nicht. Bei manchen Gigs zahlen wir zum Teil sogar mehr drauf als wir als Gage bekommen. Aber wir machen es, einfach weil die Leute es cool finden und weil es uns Spaß macht“, erklärt Phil.
Per stimmt seinem Bruder zu: „Wirtschaftlich gesehen macht es überhaupt keinen Sinn. Aber es ist halt auch einfach was, wenn man alt ist und dann daran zurückdenken und den Leuten zeigen kann: Schau mal, was wir früher gemacht haben. Das ist etwas, wo man nachhaltig stolz darauf sein kann.“
Dass sie aus ihrem Heimatort so viel Unterstützung bekommen, freut die Band. „Es ist einfach schön, die Stadt so zu vertreten. Wir sind eine Überlinger Band und da sind wir stolz drauf. Weil hier sind wir aufgewachsen“, sagt Per.
Wie soll es weiter gehen?
Die Saison ist für dieses Jahr vorbei und alle sind etwas melancholisch. Pat findet, dass darauf aber nicht der Fokus liegen sollte: „Man blickt trotzdem wieder mehr in die Zukunft und denkt sich: Was haben wir vielleicht schlecht gemacht, wo ist noch Bedarf zum Üben? Aber wir blicken positiv in die Zukunft und hoffen, dass wir noch einen Sommer zusammen spielen können.“
Sie wollen also auf jeden Fall noch einen drauf setzten. „Einer der Hauptgedanken ist: Wie können wir es noch mehr übertreiben im nächsten Jahr?“, erklärt Phil lachend. Und sie haben auch noch ein weiteres Ziel: eigene Songs zu schreiben. Alle haben sich fest vorgenommen, auch im nächsten Sommer aus der Welt nach Überlingen anzureisen – und allen Herausforderungen zum Trotz zusammen Musik zu machen.