Vorfahrt für den Bildungsstandort Überlingen. Mit einer klaren Mehrheit von 21 zu drei Stimmen votierte der Gemeinderat beim geplanten Neubau des Gymnasiums für die größere, sechszügige Lösung gleich von Anfang an. Damit ist allerdings erst das Raumkonzept beschlossen. Ein Architektenwettbewerb zu Umsetzung und Gestaltung folgt erst.

Vor dem Hintergrund schwankender Prognosen bei den zu erwartenden Schülerzahlen auf der einen Seite und den zahlreichen anderen Pflichtaufgaben auf der anderen fiel dem Gemeinderat die Entscheidung über die richtige Lösung nicht leicht.

Sie haben überzeugt: Gut lachen hatten Schulleiter Hans Weber vom Gymnasium Überlingen und Beraterin Karin Doberer von der fränkischen ...
Sie haben überzeugt: Gut lachen hatten Schulleiter Hans Weber vom Gymnasium Überlingen und Beraterin Karin Doberer von der fränkischen Firma LernLandschaft nach dem klaren Votum des Gemeinderats für ein von Anfang an sechszügiges Raumkonzept für den geplanten Neubau. | Bild: Hanspeter Walter

Rektor erläutert komplettes Konzept für den Neubau

Doch hatte insbesondere Schulleiter Hans Weber die von der ganzen Schulgemeinschaft getragene Option ebenso eindrucksvoll wie überzeugend dargelegt. Von den aus pädagogischer Sicht befürworteten Clusterlösungen für die Jüngeren mit gemeinsamen, flexiblen nutzbaren „Marktplätzen“ über die Erfordernisse für Differenzierung und Inklusion bis hin zum Baukastenkonzept für die Musen, das bei Bedarf eine große Aula als Veranstaltungsort ermöglicht.

Auch Abiturfeiern werden in den eigenen Räumen möglich sein

„Dann müssen wir zur Abiturfeier künftig nicht mehr nach Frickingen fahren“, sagte Weber beiläufig. Quasi als Bonbon stellte der Schulleiter dem Gremium die flexible Nutzung von Räumen für örtliche Vereine in Aussicht.

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Flankiert wurden Webers Ausführungen durch Beraterin Karin Doberer von der Firma Lernlandschaft in Franken, die den Prozess seit vielen Jahren begleitet. „Wir bauen keinen Leerstand“, sagte sie. Bereits zuvor hatte Fachbereichsleiter Raphael Wiedemer-Steidinger für die Verwaltung auf die deutlich angestiegenen Schülerprognosen verwiesen, die sich seit der letzten wichtigen Beschlussfassung des Gremiums geändert hätten. Dies habe auch das Regierungspräsidium in den Gesprächen anerkannt.

Neues Konzept nochmals deutlich teurer als geplant

Das eindeutige Votum des Gemeinderats war insofern bemerkenswert, als allein der aus heutiger Sicht geschätzte Preisunterschied immerhin 6,7 Millionen Euro beträgt. Nur mit den Mehrkosten ließen sich mehrere Kindertagesstätten bauen und die Kapuzinerkirche gleich zweimal sanieren, die im Anschluss in den Ring musste. Zwar ebenso erfolgreich, wobei das Votum hier deutlich knapper ausfiel, um dies an dieser Stelle vorwegzunehmen.

Ende der 1960 er Jahre erst gebaut und schon sind seine Tage gezählt. Das aktuelle Domizil des Gymnasiums wird später abgerissen. Das ...
Ende der 1960 er Jahre erst gebaut und schon sind seine Tage gezählt. Das aktuelle Domizil des Gymnasiums wird später abgerissen. Das ist sogar eine Bedingung des Landes für die Genehmigung eines Neubaus. | Bild: Hanspeter Walter

Noch mutiger erscheint der Beschluss beim Gymnasium vor dem Hintergrund, dass bisher für den Neubau 35 Millionen eingeplant sind, die mit der jetzigen Festlegung auf ein sechszügiges Raumkonzept auf 53,2 Millionen Euro erhöht werden müssen. Wobei die Verwaltung derzeit von einer möglichen Förderung in Höhe von 6,9 bis 11,1 Millionen Euro ausgeht.

Wer gegen die große Lösung stimmte

„So klar war diese Entscheidung im Vorfeld nicht“, zeigte sich Weber von dem Votum um so überraschter und freute sich mit Vertretern des Kollegiums und der Eltern über die große Zustimmung. Bis zuletzt skeptisch geblieben ob des großen Mehraufwands gegenüber der fünfzügigen Lösung waren Marga Lenski und Andrej Michalsen (beide LBU/Grüne), die mit Oberbürgermeister Jan Zeitler gegen das großzügigere Konzept votierten. Er müsse schließlich ein Auge auf die Finanzen der Stadt haben, begründete der OB sein folgenloses Nein.

Schon seit vielen Jahren wird hier der Mangel an Räumen verwaltet. Derzeit besuchen rund 850 Schüler in 35 Klassen bzw. Kursen die ...
Schon seit vielen Jahren wird hier der Mangel an Räumen verwaltet. Derzeit besuchen rund 850 Schüler in 35 Klassen bzw. Kursen die Schule. Auch energetisch lässt sich das Gebäude nicht sinnvoll und wirtschaftlich sanieren. | Bild: Hanspeter Walter

FWV/ÜfA und CDU geschlossen dafür

Uneingeschränkt begeistert zeigte sich Stadtrat Ralph Mittelmeier (FWV/ÜfA), der für seine Fraktion die einmalige Chance sah, „ein modernes, zukunftsträchtiges Gymnasium mit einem tollen pädagogischen Konzept zu bekommen“. Mittelmeier: „Wenn wir jetzt an der Bildung sparen, sparen wir an der falschen Stelle.“ Auch die CDU-Fraktion befürworte geschlossen eine Sechszügigkeit. Es werde künftig eher noch einen Mehrbedarf an Räumen geben, sagte Sprecher Günter Hornstein. Bisher seien die Internationalen Vorbereitungsklassen (IVK) noch nicht berücksichtigt, zum anderen komme auch hierzulande die Rückkehr zum G9 ins Gespräch.

Ein Schülerforschungszentrum soll mit Drittmitteln von Firmen finanziert werden.
Ein Schülerforschungszentrum soll mit Drittmitteln von Firmen finanziert werden. | Bild: Hanspeter Walter

Pursche (SPD) begeistert von Präsentation des Rektors

Zudem bringe eine mögliche Nutzung von Räumen durch Vereine einen Mehrwert für die ganze Stadt. „Die Präsentation war sehr beeindruckend“, sagte Udo Pursche (SPD). Toll sei, wie die Räume mit dem pädagogischen Konzept harmonierten. Bedenken habe er allenfalls wegen des Lehrermangels, wofür die Struktur ebenfalls Notlösungen anböte. Wobei Schulleiter Weber durchaus eine Wechselwirkung zwischen einem attraktiven Arbeitsplatz und dem Interesse der Lehrer ausmachte.

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Kleine Einsparungen durch Abstriche an Baustandards?

Beeindruckt von der Arbeit des Kollegiums zeigte sich Walter Sorms (LBU/Grüne). Die Flexibilität halte er für sehr wichtig, zumal vieles für eine Rückkehr des G9 spreche. Überzeugt habe ihn die Orientierung an altersgemäßen Bedürfnissen der Schüler. Möglicherweise ließen sich ja mit kleinen Abstrichen an den Baustandards gewisse Einsparungen generieren. Das hervorragende Konzept sei sehr gut dargestellt worden, sagte Raimund Wilhelmi (FDP). Erfreut sei er, dass auch Wissenschaft und Musen berücksichtigt seien.

Biniossek kritisiert Schulpolitik des Kreises

Stadtrat Roland Biniossek verwies auf die Ungerechtigkeit hin, als Mittelzentrum für die Umlandgemeinden mitbauen zu müssen, ohne einen Ausgleich zu erhalten. Zum anderen werde vom Bodenseekreis die Stadt Markdorf klar bevorzugt. Damit traf er zumindest bei OB Jan Zeitler einen Nerv, der das Fehlen einer „regionalen Schulplanung“ beklagte und eine Initiative des Landes hier vermisste.