Die Fischerhäuservorstadt ist für sie ein Symbol. Für die Gemeinderatsarbeit, die oft einem Spagat gleiche. Oder für die vielen Dilemmata, in denen sie oft steckten. Wir haben uns mit den beiden Gemeinderätinnen Marga Lenski und Bettina Dreiseitl-Wanschura getroffen. Sie ziehen stellvertretend für ihre Fraktion eine Zwischenbilanz in der aktuellen Amtsperiode.

Ein Gespräch mit der Fraktion LBU/Die Grünen

LBU/Die Grünen bilden die größte Fraktion im Überlinger Gemeinderat. Es handelt sich um einen Zusammenschluss aus Grüner Partei und ökologisch orientierter Bürgerbewegung. LBU heißt Liste für Bürgerbeteiligung und Umweltschutz. Marga Lenski sitzt im Vorstand der LBU, Bettina Dreiseitl-Wanschura im Vorstand des Grünen Ortsverbands. Ihr Zusammenwirken als Ratsfraktion habe sich bewährt. Lenski: „Die Zielrichtung bei den Grünen und bei uns ist die gleiche.“ Sie seien sich nicht immer in allen Punkten einig, dennoch spreche aus momentaner Sicht nichts gegen eine Fortsetzung ihres Bündnisses im Gemeinderat.

Marga Lenski: „Die Zielrichtung bei den Grünen und bei uns ist die gleiche.“
Marga Lenski: „Die Zielrichtung bei den Grünen und bei uns ist die gleiche.“ | Bild: Hilser, Stefan

Noch keine Aussage zur erneuten Kandidatur

Wer von den Amtsinhabern bei der nächsten Wahl wieder antritt, „wollen wir noch nicht preisgeben“, sagt Dreiseitl-Wanschura. „Zumal wir es noch nicht wissen“, ergänzt Lenski. Ende des Jahres wüssten sie mehr. Der genaue Termin zur Kommunalwahl 2024 steht noch nicht fest, vermutlich Mai oder Juni.

Wirkt sich die OB-Wahl auf die Kommunalwahl aus?

Im Herbst 2024 folgt in Überlingen dann die Oberbürgermeisterwahl. Die Frage, ob der OB-Wahlkampf in die Kommunalwahl reinspiele, beantwortet Dreiseitl-Wanschura so: „Natürlich wird es sich irgendwo überdecken.“ Die beiden Wahltermine lägen eng beieinander. Es liege an Oberbürgermeister Jan Zeitler, wie er sich in die Kommunalwahl einbringt. „Das wird unsere Strategie aber nicht verändern oder beeinflussen.“ Lenski: „Herr Zeitler hat sich noch nicht ganz explizit geäußert, ob er wieder antritt, wobei ich persönlich davon ausgehe. Aber man weiß ja nicht, wer sonst möglicherweise als Kandidat aufschlägt.“

Bettina Dreiseitl-Wanschura: „Das bereitet mir schlaflose Nächte.“
Bettina Dreiseitl-Wanschura: „Das bereitet mir schlaflose Nächte.“ | Bild: Hilser, Stefan

Mit einem Foto im Wohnquartier Fischerhäuservorstadt wollen die beiden Rätinnen mehrere Dinge aufzeigen: Bürgerdialog, Wohnraum schaffen, Quartierscharakter und Naturraum erhalten, so lauten die Stichworte. Alles sei ihnen wichtig, doch Gemeinderatsarbeit gleiche oft einem Spagat. Sie müssten anerkennen, dass sich nicht immer alle Ziele verwirklichen ließen, die sie sich auf die Fahnen geschrieben hätten. „Das bereitet mir schlaflose Nächte“, räumt Bettina Dreiseitl-Wanschura ein. Weil sie eben doch darüber nachdenke, wie sich widerstreitende Ziele unter einen Hut bringen lassen.

Rauenstein und die Suche nach Kompromissen

Die Bebauung im Bereich Kibler/Rauenstein ist ein Beispiel, bei dem es auch innerfraktionell zu Kontroversen kommt. Letztlich zählt für die Rätinnen, dass es ihnen gelungen sei, überbordende Baupläne einzudampfen, und dass sie sich mit der Forderung durchgesetzt hätten, dass auf diesem städtischen Grundstück zu 100 Prozent preisgedämpfter Wohnraum geschaffen werde. Dreiseitl-Wanschura: „Wir werden oft dafür kritisiert, dass wir zu vielen Bauprojekten zustimmen würden.“ Bei vielen privaten Bauvorhaben seien ihnen aber „die Hände gebunden“.

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Als LBU/Die Grünen gegen Bauanträge der Volksbank an der Lippertsreuter Straße stimmten, hätten sie Unmut auf sich gezogen und „für viel Aufregung gesorgt“, so Marga Lenski. „Aber das war es wert. Die erneute Überplanung hat gut getan, ich bin gespannt, wann die Volksbank mit dem Bau anfängt.“

Ihr Kernanliegen lautet Bürgerbeteiligung

„Bürgerbeteiligung tragen wir in unserem Namen, es ist das dickste Brett, was man zu bohren hat“, sagt Marga Lenski. Trotz aller Bemühungen fühlten sich die Bürger oft nicht gut informiert, was zu Missverständnissen führe. Die Leitplanken, die sich Überlingen bei der Bürgerbeteiligung gegeben habe, seien gut, findet Dreiseitl-Wanschura. „Sie dürften aber noch strenger verfolgt werden“, ergänzt Lenski. „Da ist noch Luft nach oben.“

Themen der Fraktion in Stichworten benannt

Vier Jahre Ratsarbeit sind eine zu lange Zeit für eine umfassende Bilanz. Stichwortartig seien weitere Themen genannt, die die Rätinnen aktuell beschäftigen: die Zukunft von Schloss Rauenstein, und ihr Wunsch nach einem Ideenwettbewerb. Die Kostenexplosion bei der Sanierung des Kapuziner, und ihr Drängen auf eine einfachere, aber bezahlbare Lösung. Die Vermeidung von leer stehenden Wohnungen, und die Idee zu einer Leerstandskonferenz. Die vielen seit Jahren geplanten Schul- und Kitaprojekte, und dass sie endlich verlässlich umgesetzt werden.

Kleinere Erfolge und Herzensanliegen der Fraktion

Als „zwar kleinen Erfolg, über den wir uns aber auch freuen“, nennt Lenski den Wiederbetrieb der Brunnen in der Stadt. Die Verwaltung wollte sie abklemmen, auf ihre Initiative hin „laufen sie wieder und haben 50 Prozent weniger Kosten“. Als weiteres Beispiel erfolgreicher Ratsarbeit nennt sie die Erstellung eines Mobilfunkbedarfsplans, „den wir maßgeblich mit der Fraktion ÜfA/Freie Wähler vorangetrieben haben“. Sowie die Teilnahme an einem EU-Förderprogramm, das Obdachlosen eine gezieltere Betreuung verschafft. Und die Schaffung einer Stelle für eine Klimamanagerin, weil Klimaschutz ihr „Herzensanliegen“ sei.