Die Vorstellungen, wie sich die Überlinger ihr künftiges Stadtoberhaupt vorstellen, gehen auseinander. Viele wüschen sich, dass er Probleme auf dem lokalen Wohnungsmarkt lösen, das Ehrenamt stärken und die Leerstände in der Innenstadt füllen soll. Aber wie? Das konnten die Überlinger am Dienstagabend bei der SÜDKURIER-Podiumsdiskussion im vollen Kursaal erfahren. Vor Ort saßen 600 Interessierte im Publikum, beim Public Viewing in der Greth verfolgten 80 Gäste das Geschehen und gleichzeitig schauten im Livestream 600 Menschen zu.

Moderator und Lokalchef Stefan Hilser präsentierte den Zuhörern die Kandidaten, und gab diesen in unterschiedlichen Interview- und Gesprächsformen die Möglichkeit, bei den Wählern zu punkten. Dabei lernten die Bürger die Kandidaten kennen, die sie bislang nur aus der Zeitung, vom Plakat oder von Social Media kannten.

Nah an den Bürgern – nicht nur im Wahlkampf

Amtsinhaber Jan Zeitler trat am Dienstabend im Kursaal gewohnt formell und sicher in den Themen auf. „Mich interessiert, was für Überlingen gut ist“, antwortete er auf die Frage nach seinem Amtsverständnis. Er wolle nahe an den Überlingern sein. Nicht nur in Zeiten des Wahlkampfes, sondern die kommenden acht Jahre. Der Wahlkampf bringe neue Ideen, „sodass man reflektiert“. Zwar habe er in den vergangenen Jahren auch Selbstzweifel gehabt und die „Einsamkeit des Amtes“ gespürt, doch er wolle seinen Weg in den kommenden Jahren mit Projekten wie dem Gymnasium-Neubau, Wohnraumlösungen und einer Innenstadtbelebung weitergehen.

Amtsinhaber und OB-Kandidat Jan Zeitler.
Amtsinhaber und OB-Kandidat Jan Zeitler. | Bild: Kleinstück, Holger

Mundart und Heimatverbundenheit

Während Zeitler das „Sie“ bevorzugt, ist Martin Hahn schnell beim „Du“. Der Grünen-Landtagsabgeordnete und Biobauer präsentierte sich als hemdsärmeliger Kandidat, der seine Heimatverbundenheit stets betonte. In Mundart erklärte er, dass er Überlingen in den kommenden acht Jahren dienen wolle und sparte nicht an Bauernhof-Metaphern. Er wünsche sich für Überlingen „ein bisschen mehr Herde“.

Martin Hahn, OB-Kandidat und Landtagsabgeordneter.
Martin Hahn, OB-Kandidat und Landtagsabgeordneter. | Bild: Kleinstück, Holger

Bei der Aufgabe, mit Konkurrent Zeitler gemeinsam ein Zielbild für das Jahr 2030 zu formulieren, zeigte sich, wo sie sich einig sind (Bildung und Schulen), aber in welchen Schwerpunkten sie sich unterscheiden. Dieser Dialog sorgte im Saal für einige Lacher. Hahn betonte dabei auch den Ausbau der lokalen Wärmeversorgung. Der Amtsinhaber verwies auf seine begonnenen Projekte. „Nach guten acht Jahren sollen weitere gute acht Jahre folgen“, sagte Zeitler, „und dafür brauche ich Dich, Martin, als Landtagsabgeordneten.“

Anfang dieses Jahres sei der Gedanke während der Bauernproteste gereift, als unabhängiger Kandidat ins Rennen zu gehen, erklärte dieser. Als Oberbürgermeister könne er „mehr ins Operative“ gehen, sprich: Themen vor Ort angehen. Als Landtagsabgeordneter seien die Wirkungshebel zu bescheiden. Selbst wenn Cem Özdemir 2026 Ministerpräsident von Baden-Württemberg werden sollte und ihm einen Posten als Landwirtschaftsminister in Stuttgart anböte, würde er ablehnen. Und falls er kein OB wird? „Dann bleibe ich Landtagsabgeordneter.“

Empathie, Wertschätzung und auch mal ein Lächeln

Friseurmeister Dennis Michels versteht die Rolle des Oberbürgermeisters als empathische Führungskraft. Er wolle ein wertschätzender Chef sein, der seinen Mitarbeitenden auch mal ein Lächeln schenke. „Ich will meine Mitarbeitenden motivieren, die Visionen umzusetzen.“ Ja, das könne er, sagte er, und erzählte, wie er kürzlich einer städtischen Mitarbeiterin am Telefon nach ihrer Hilfe mit einem Lob den Tag versüßte. Sollte er gewählt werden, würde er von seinem Vorsitz des CSD Überlingen zurücktreten und die Leitung seines Friseurgeschäfts übergeben.

Friseurmeister und OB-Kandidat Dennis Michels bei der SÜDKURIER-Podiumsdiskussion.
Friseurmeister und OB-Kandidat Dennis Michels bei der SÜDKURIER-Podiumsdiskussion. | Bild: Kleinstück, Holger

Sich nicht zu wichtig nehmen

Spätkandidat und Ingenieur Felix Strenger wolle sich im Amt des Oberbürgermeisters nicht zu wichtig nehmen. Vor allem ehrlich wolle er sein, zu den Menschen und zu sich selbst. Der gebürtige Bremer wolle sich seiner neuen Heimat „total verpflichten“. Er erzählte, dass seine Kandidatur möglicherweise einer Laune in einer Midlife-Crisis heraus war, nachdem sein Vater gestorben ist. Doch dazu stehe er – „und eine spontane Entscheidung muss keine schlechte sein“. Denn er empfinde die Zusammenarbeit mit Menschen als erfüllender als die Arbeit an Maschinen. „Ich will in meinem direkten Umfeld tätig werden und im kleinen Kreise wirken.“

Diplom-Ingenieur und OB-Kandidat Felix Strenger auf dem Podium.
Diplom-Ingenieur und OB-Kandidat Felix Strenger auf dem Podium. | Bild: Kleinstück, Holger

„Für mich ist es Beruf und Berufung“

Olaf Wübbe hat bereits als Anwalt gearbeitet und für das Bürgermeisteramt in Immendingen kandidiert. „Für mich ist es ein Beruf und eine Berufung“, sagte er, genauer wurde er zu seinem Verständnis des Amtes nicht. Er wolle in Überlingen „etwas bewegen“, diese Verantwortung traue er sich zu.

Thomas Hildebrandt und Olaf Wübbe (von links) bei der SÜDKURIER-Podiumsdiskussion im Kursaal.
Thomas Hildebrandt und Olaf Wübbe (von links) bei der SÜDKURIER-Podiumsdiskussion im Kursaal. | Bild: Kleinstück, Holger
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Eher ungenau blieb auch Thomas Hildebrandt bei der Frage, wie er das Amt des Oberbürgermeisters interpretiert. Er wolle in der Rolle „gesunden Menschenverstand“ einbringen. Außerdem wolle er Überlingen für den Einzelhandel kundenfreundlicher und für die Überlinger „menschenfreundlicher“ machen, sagte er.