Herr Guhl, 86 Prozent der Wähler haben Ihnen ihre Stimme gegeben. Wie ordnen Sie dieses Ergebnis für sich ein?
Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Es zeugt von einer hohen Wertschätzung meiner Arbeit in der Bürgerschaft. In sofern empfinde ich das Wahlergebnis als Bestätigung, aber auch als großen Rückhalt, den es braucht für die weitere Arbeit. Denn es stehen ja durchaus noch schwierige Projekte an.
Andererseits ist die Wahlbeteiligung mit weniger als 31 Prozent mehr als bescheiden. Wie erklären Sie sich diese Zurückhaltung beim Urnengang?
Die Wahlbeteiligung könnte in unserem Staat immer höher sein. Darauf habe ich keinen Einfluss und ich halte 31 Prozent für nicht so schlecht. Es hat sich schon während des Wahlkampfes bereits abgezeichnet, dass das Interesse der Bürger nicht so groß sein wird wie vor acht Jahren. Damals gab es eine wesentlich größere Vielzahl von Kandidaten und Ideen. Das hat sich nicht zuletzt bei den öffentlichen Veranstaltungen gezeigt, die wesentlich stärker besucht waren, als dieses Mal.

Insbesondere in den Tagen vor der Wahl gab es in den sozialen Medien einige bedenkliche Umtriebe. Wie ernst nehmen Sie derartige Entwicklungen?
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum Leute Vorwürfe, die ihrer Ansicht nach berechtigt sind, nicht direkt an die zuständigen Stellen richtet, sondern irgendwo auf Facebook stellt, und dann erwartet, dass sich etwas verbessert. Wir werden sicherlich keinen Rathausmitarbeiter abstellen, um zu recherchieren, was gerade auf Facebook läuft. Die Mitarbeiter haben hier wichtigeres zu tun! Aber ich halte die Vorwürfe für eine Unverschämtheit. Mit diesen Vorwürfen soll ganz bewusst unser demokratisches Staatssystem infrage gestellt werden. Erst recht werden dadurch ehrenamtlich tätige Gemeinderäte wie auch die Mitarbeiter der Verwaltung diskreditiert, letztlich aber auch die Bürger selbst, da man diesen ja unterstellt, dass sie nicht wissen, welchen Vertreter sie in freier und geheimer Wahl wählen.
Wie gehen Sie generell mit derartigen Aktivitäten um?
Ich kann derartige Aktivitäten nicht beeinflussen, noch interessiert es mich sonderlich, welche Kritik über soziale Medien verbreitet wird. Ich möchte aber klar stellen, dass ein Bürgermeister kein Freiwild ist, und gegen Verleumdungen werde ich rechtlich vorgehen. Man muss aber auch festhalten, dass es aktuell um eine Hand voll Leute geht, die versucht, eine unsägliche Stimmung zu machen. Die große Mehrheit der Bürger ist zum Glück ganz anders.
Ihr Gegenkandidat Angelo De Rosa sprach von einem teils unfairen Wahlkampf. Wie war es aus Ihrer Sicht?
Ich habe keine Ahnung, was Herr De Rosa meinen könnte. Ich habe den Wahlkampf und gerade auch das Verhalten der Kandidaten untereinander gerade bei den gemeinsamen Auftritten als sehr sauber und sachlich erlebt. Auch über die Zusammenarbeit mit Herrn De Rosa im Gemeinderat könnte ich nichts Schlechtes sagen. Daran möchte ich gerne anknüpfen.
Zurück zum politischen Tagesgeschäft: Viel Zeit zum Durchatmen bleibt Ihnen ja nicht. Am Montag war bereits die nächste Gemeinderatssitzung. Die Zusammenarbeit mit dem Gremium war ja in der Vergangenheit nicht immer frei von Spannungen. Welche Erwartungen haben Sie für Ihre zweite Amtszeit?
Ich würde nicht unbedingt von Spannungen sprechen. Es war manchmal einfach etwas zäh, aber es wurde bislang nie persönlich. Im Prinzip läuft es eigentlich ganz gut. Natürlich gab es immer wieder erhebliche Meinungsunterschiede, es wäre aber schlimm, wenn es die in einer Demokratie nicht geben würde. Dennoch, hat der Gemeinderat die Verwaltung und mich nie hängen lassen, wenn es um wichtige Angelegenheiten ging. Ich würde sogar sagen, dass sich die Zusammenarbeit im Lauf der Jahre deutlich verbessert hat, weil wir uns besser kennengelernt und zunehmend aneinander gewöhnt haben. Für die Zukunft würde ich mir einfach wünschen, dass man manchmal einfach etwas positiver an Themen herangeht und öfter die Chancen erkennt.
Sie sprachen bereits am Wahlabend davon, dass die Herausforderungen in den nächsten Jahren nicht geringer werden dürften. Welches sind die Themen, die als nächstes zu klären sind?
Die großen Themen sind natürlich Gesundheitscampus mit allen zugehörigen Einrichtungen aber auch die Innenstadtentwicklung. Aber wir werden sicherlich auch vor Überraschungen nicht verschont bleiben. 2011 war schließlich auch noch nicht absehbar, was uns in Sachen Krankenhaus und Gesundheitsversorgung alles auf uns zukommt.
Wie sieht denn gerade beim Gesundheitscampus das Vorgehen in naher Zukunft aus?
Die Mietverhandlungen für das Ärztezentrum sollten mit Vollgas zum Abschluss gebracht werden. Dann können im nächsten Jahr die entsprechenden Ausschreibungen erfolgen. Es geht also alles seinen geplanten Gang.

Bei allen Aufgaben, die es zwangsläufig zu bewältigen gibt, wie viel Raum bleibt da eigentlich, um zusätzliche eigene Ideen zu entwickeln?
Das Tolle am Beruf als Bürgermeister ist ja, dass ich viele Projekte anstoßen kann, gerade wenn es um zukunftsträchtige Themenbereiche geht. Und davon haben wir in der Stadt bereits eine ganze Menge begonnen, gerade in Bereichen wie Energie und Umwelt oder auch Mobilität. Ich sehe aber für die nächsten zehn Jahre noch in vielen Bereichen Möglichkeiten, etwas weiterzuentwickeln und voranzubringen. Kinderbetreuung und Familie wird uns dabei sicherlich in besonderem Maß beschäftigen. Es wird um die Frage gehen, was eine Stadt hier alles leisten muss und was sie leisten kann. Bildung und Schulentwicklung sind ebenso Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit und neue Wohnformen. Es wird also viele Gelegenheiten geben, eigene Ideen einzubringen.
Und trotzdem haben Sie das Amt des Bürgermeisters von Bad Säckingen nur als „tollste berufliche Tätigkeit nach der des Münsterpfarrers“...
Ja, aber das war meine persönliche Abwandlung eines Zitats des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, der damals seinen Posten als zweitschönsten nach dem Papstamt bezeichnet hat. Tatsächlich ist Bad Säckingen einfach eine tolle Stadt, die viel zu bieten hat, und in der meine Frau und ich vom erstan Tag an herzlich aufgenommen worden sind. Es macht Spaß, hier zu leben und zu arbeiten, und dass wir Teil der Metropolregion Basel sind, verbessert unsere Perspektiven noch mehr. In sofern bin ich hier gerne Bürgermeister und habe auch keine Ambitionen, meine politische Karriere an einen anderen Ort zu verlagern.
Und bei welcher Gelegenheit würden Sie gerne mit Dekan Peter Berg den Job tauschen?
Ich bin ja bekanntlich dem Dekan freundschaftlich verbunden, und sein Arbeitsplatz ist vielleicht noch ein bisschen schöner als meiner, und ich glaube, dass Pfarrer in Bad Säckingen zu sein sicher eine schöne Aufgabe ist, zumal hier die Kirche noch eine wichtige Rolle spielt. Aber dennoch würde ich nicht mit dem Dekan tauschen. Er hat wahrscheinlich den volleren Terminkalender, und ich möchte natürlich auch um keinen Preis der Welt auf meine Ehefrau verzichten.
Zur Person
Alexander Guhl (49) ist seit 2. Januar 2012 Bürgermeister der Stadt Bad Säckingen. Der aus Horb am Neckar stammende Guhl ist Volljurist, Bankkaufmann und Bankbetriebswirt. Bei der Wahl im Herbst 2011 erhielt Alexander Guhl im ersten Wahlgang die meisten Stimmen der zehn Kandidaten. Im zweiten Wahlgang setzte er sich gegen die verbleibenden vier Kandidaten durch. Guhl ist verheiratet und lebt in Harpolingen.