Im renommierten Thermalbad des Budapester Grandhotel Gellert absolvierte Krisztina Vankay vor vielen Jahren ihre Ausbildung zur Masseurin. Das Bad und Hotel galten und gelten bis heute als eine der berühmtesten ihrer Art. „Wenn man sagt, dass man im Gellert eine Ausbildung gemacht hat, erntet man Respekt“, beschreibt Krisztina Vankay den Ruf, den das Thermalbad in der Branche hat.
1996 entschloss sie sich, nach Deutschland zu kommen, und fand über Umwege eine Anstellung an der Hochrhein-Eggberg-Klinik. Nach mehreren Fortbildungen durfte sie hier als Lymphdrainage-Therapeutin arbeiten. Über zehn Jahre arbeitet sie in der HEK, bis sie schwanger wurde und in den Mutterschutz ging. Eine Rückkehr war nicht möglich – die Klinik war in wirtschaftliche Schieflage geraten und wurde schließlich dicht gemacht.
Krisztina Vankay bildete sich weiter fort und arbeitete fortan in einer Bad Säckinger Physiotherapie-Praxis. Im Laufe der Zeit wuchs der Wunsch, sich als medizinische Masseurin selbständig zu machen. Doch dies ist nur mit der offiziellen Anerkennung ihrer Berufsausbildung möglich. Eigentlich kein Problem, dachte sie, denn eine europäische Richtlinie aus dem Jahr 2005 gibt den Angehörigen aller EU-Mitgliedsstaaten die entsprechenden rechtlichen Möglichkeiten und damit den Zugang zu ihrem erlernten Beruf. Doch in der Praxis stellte sich das Verfahren schwieriger dar: „Ich bekomme immer wieder die Anerkennung der Patienten, aber die Anerkennung meiner Ausbildung durch die Behörden habe ich bis heute nicht“, so Vankay.
Als die gebürtige Ungarin 2013 ihren ersten Antrag beim Regierungspräsidium Freiburg stellt, wird sie von der Wehrerin Karin Gallmann unterstützt. Die frühere Mitarbeiterin der Diakonie und langjährige Wehrer SPD-Stadträtin kennt Vankay auch als Lymphdrainage-Therapeutin und ist von ihren fachlichen Fähigkeiten überzeugt.
„Sämtliche Zeugnisse aus Ungarn wurden ins Deutsche übersetzt, beglaubigt und nach Freiburg geschickt“, erzählt Gallmann. Es passierte: Nichts. „Die zuständige Stelle in Freiburg wurde ans Regierungspräsidium Stuttgart verlegt. Dort kamen die Unterlagen nicht an“, so Gallmann. Statt der erhofften Anerkennung wurden nach mehreren Monaten erneut beglaubigte Übersetzungen der Zeugnisse angefordert.
Für die alleinerziehende Mutter Krisztina Vankay mehr als ein Ärgernis, da Übersetzungen und amtliche Beglaubigungen bei der großen Anzahl von Fortbildungen, Stundennachweisen und Zeugnissen mit enormen Kosten verbunden sind. „Wir haben daraufhin ein Schreiben verfasst und die beglaubigten Unterlagen in Kopie beigelegt“, so Gallmann. „Diesmal per Einschreiben mit Rückschein.“
Doch Erfolg brachte dies auch nicht. Nach mehreren Monaten fragte Karin Gallmann erneut nach dem Stand des Verfahrens. Als Antwort kam von einer anderen Sachbearbeiterin die erneute Aufforderung, die Unterlagen vorzulegen – als ob dies nicht längst geschehen sei. „Zusätzlich wurde dann noch der Nachweis der deutschen Sprache durch eine Sprachprüfung verlangt“, so Gallmann fassungslos.
„Durch Zufall haben wir nun erfahren, dass das Berufsbild in Deutschland ‚medizinischer Bademeister und Masseur‘ heißt. In Ungarn und vielen anderen europäischen Ländern sind dies aber zwei Berufe.“ Sofort fragten die beiden nach, ob auch nur die Anerkennung als medizinische Masseurin möglich sei, da ihr ja die Voraussetzungen als Bademeisterin unstrittig fehlten.
Doch im Anwortschreiben geht das Regierungspräsidium gar nicht auf die Frage ein: Erneut wurden die beglaubigten und übersetzten Zeugnisse angefordert. „Unterlagen, die längst vorliegen!“, so Karin Gallmann, die jegliche Hilfestellung der Behörde vermisst. „Es ist zum Verzweifeln. Was soll ich denn noch machen?“, fragt Vankay.
„Es ist ja nicht so, dass wir in der Gesundheitsbranche mit Fachkräften gut ausgestattet sind. Ganz im Gegenteil“, kritisiert Gallmann. Statt einer EU-Bürgerin, die 23 Jahre in Bad Säckingen lebt und arbeitet, den Weg in die Selbständigkeit zu ermöglichen, werde er systematisch durch die Behörde verhindert. Auch wenn Krisztina Vankay nach sechs Jahren ohne Fortschritt deprimiert ist: Aufgeben will sie keinesfalls. „Die Hoffnung bleibt.“
Die Richtlinie
des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates von 2005 gibt Personen, die ihre Berufsqualifikationen in einem EU-Mitgliedstaat erworben haben, Garantien hinsichtlich des Zugangs zu demselben Beruf und seiner Ausübung in einem anderen Mitgliedstaat unter denselben Voraussetzungen wie Inländern.