Ein großer, Schatten spendender Baum in der Mitte des Münsterplatzes. Der Vorschlag, den die Arbeitsgruppe Innenstadt um Stadtrat Hartmut Fricke der Öffentlichkeit präsentiert, ist so bahnbrechend wie charmant. Für manchen Bad Säckinger mag der Gedanke, dass vor dem Fridolinsmünster ein großer Baum steht, zunächst einmal befremdlich sein. Aber die Idee ist durchaus ernst gemeint. Und der Münsterplatz ist nicht der einzige Ort in der Innenstadt, an dem sich die Arbeitsgruppe mehr Bäume und Grünpflanzen vorstellen kann.

„Klimaresilienz“ heißt das Stichwort, das den Bad Säckinger Bürger Stefan Wolf auf die Idee brachte. „Es geht darum, mit den Folgen der Erderwärmung zu leben und umzugehen“, erklärt Wolf den Fachbegriff. Denn mit dem fortschreitenden Klimawandel werden Innenstädte mit großen Plätzen zu „Hitzeinseln“, die für Anwohner und Besucher immer unangenehmer werden. Mit der Anpflanzung von Bäumen oder mobilen Grünpflanzen könne dem entgegengewirkt werden und die Aufenthaltsqualität in der Stadt erhöht werden.

Positives Beispiel Spitalplatz

„In der Passanten-Umfrage der IHK war eine grünere Innenstadt ein oft geäußerter Wunsch“, so Wolf, „auch im Stadtentwicklungskonzept ist von einer ‚grünen Mitte‘ die Rede. Als Positivbeispiel hebt Wolf den Spitalplatz hervor, wo Bäume, ein Brunnen und Sitzbänke ein attraktives Ambiente schaffen und der deshalb stark frequentiert wird. Ähnliches kann sich die Gruppe auch auf dem Münsterplatz vorstellen. Mit einer Umgestaltung könnte auch der Brunnen wieder stärker ins Bewusstsein rücken, der im Sommer völlig inmitten der Gastronomie verschwindet.

Positivbeispiel Spitalplatz: Mit Sitzplätzen im Schatten eines Baumes, Grünpflanzen und einem Brunnen bietet der Platz am Eingang zur ...
Positivbeispiel Spitalplatz: Mit Sitzplätzen im Schatten eines Baumes, Grünpflanzen und einem Brunnen bietet der Platz am Eingang zur Altstadt eine hohe Aufenthaltsqualität. | Bild: Obermeyer, Justus

Die Idee eines zentralen Baumes auf dem Münsterplatz hat die Gruppe bereits mit Bürgermeister, dem Ordnungsamt, dem Umweltreferat, den Stadtwerken, der Feuerwehr und anderen Behörden besprochen. „Die Resonanz war durchweg positiv“, fasst Fricke zusammen. Grundsätzlich spreche nichts dagegen, meint der Stadtrat. Nicht geklärt ist allerdings, ob die Idee mit dem Denkmalschutz in Einklang steht. Denn die Bad Säckinger Altstadt steht bekanntlich als Ensemble gesamthaft unter Denkmalschutz, dazu zählt auch die Platzgestaltung.

Lohgerbe könnte durch mehr Grün gewinnen

Mehr Grün will die Initiative auch an anderen Orten schaffen: Auf der Lohgerbe könnte der karge und kaum genutzte 6-Bäume-Park aufgewertet werden, für die Parkhaus-Fassade schwebt Wolf eine Fassadenbegrünung vor. Mobiles Grün schlägt Stefan Wolf für die Schützenstraße und den Bereich vor den Beck-Arkaden vor. „Durch die Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) hat die Stadt die Möglichkeit, solche mobilen Grünelemente für ein Jahr kostenlos zu leihen und die Standorte zu testen“, erklärt Wolf.

Kein Platz zum Verweilen: Bei der Lohgerbe sieht die Arbeitsgruppe Innenstadt noch viele Verbesserungsmöglichkeiten.
Kein Platz zum Verweilen: Bei der Lohgerbe sieht die Arbeitsgruppe Innenstadt noch viele Verbesserungsmöglichkeiten. | Bild: Obermeyer, Justus

Von neuen Fahrradständern bis zum Freizeitangebot für Jugendliche

In der Ideensammlung der Arbeitsgruppe finden sich noch mehr Vorschläge, wie die Innenstadt attraktiver gestaltet werden könnte: Leonie Bühler und Julius Berchtold haben sich mit den Fahrradabstellanlagen auseinandergesetzt. „Vor allem an der Lohgerbe sieht es aus wie Kraut und Rüben“, mein Bühler. Hier – und auch an anderen Orten – könnten mehr und vor allem zeitgemäße Fahrradständer leicht Verbesserungen bringen. „Es sieht nicht nur schöner aus, sondern kommt auch den Geschäften und der Gastronomie zugute“, ergänzt Berchtold.

Ein in der Passantenumfrage der IHK immer wieder genanntes Thema war das mangelhafte Freizeit- und Veranstaltungsangebot für junge Menschen. Jung-Gemeinderat Raphael Knorre sieht hier ebenfalls erheblichen Verbesserungsbedarf – aber auch Lösungsansätze: „Das Jugendreferat hat ja bereits Calisthenics-Sportgeräte angeschafft, die nur aufgebaut werden müssen. Es muss nur ein geeigneter Platz dafür gefunden werden“, so Knorre. Weiter Vorschläge sind ein Boulderblock zum Klettern in einer versteckten Ecke des Schlossparks oder eine Streetsoccer-Anlage.

Kampf den Leerständen

Ingrid Groschupp und Jareem Khawaja haben sich mit den Leerständen in der Innenstadt befasst – und Möglichkeiten, diese zu beheben. Durch die Ansiedlung von immer mehr Billigläden und Nagelstudios droht eine qualitative Abwärtsspirale, weiß Ingrid Groschupp. Daher seien nicht nur die Stadt, sondern auch die Immobilienbesitzer und nicht zuletzt auch die Kunden gefordert. Jareem Khawaja schlägt ein Konzept vor, das schon in größeren Städten erfolgreich war: Befristete Pop-up-Stores, mit denen sich junge Geschäftsgründer mietfrei ausprobieren können.

Die gesammelten Vorschläge hat die Arbeitsgruppe mittlerweile bei der Stadtverwaltung hinterlegt. Hartmut Fricke betont, dass viele Vorschläge trotz der schlechten Haushaltslage umsetzbar seien. Insgesamt bewertet er die Arbeit als sehr zielorientiert und konstruktiv. Nun hofft er auf die Umsetzung der einen oder anderen Idee. „Es wäre schön, wenn Bürger sehen, dass es sich tatsächlich lohnt, sich zu engagieren“, sieht er die Arbeit als gelungenes Beispiel der Bürgerbeteiligung.

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