Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entlässt Finanzminister Christian Lindner (FDP), Friedrich Merz (CDU) fordert die Vertrauensfrage, Scholz hält daran fest, diese erst im Januar stellen zu wollen, Verkehrsminister Volker Wissing verlässt die FDP – die Ereignisse im politischen Berlin überstürzen sich. Doch wie blicken Politiker vom Hochrhein auf die Situation? Die Kreisverbandsvorsitzenden aus der Region geben Antworten.
Jan-Lukas Schmitt (Grüne)
„Der vorgestrige Bruch war nicht nötig – es wäre die richtige Zeit gewesen, Verantwortung zu tragen. Trotzdem halte ich den Schritt für richtig. Denn er wendet Schaden von unserem Land ab. Egoismus und parteitaktische Inszenierung haben in diesen geopolitisch turbulenten Zeiten keinen Platz. Die FDP war schon lange nicht mehr bereit, in dieser Koalition Verantwortung zu übernehmen“, nimmt Jan-Lukas Schmitt, Kreisverbandsvorsitzender der Grünen, Stellung.
„Dass Scholz Lindner nun entlassen hat, ist nur folgerichtig. Ich hätte mir weit früher klare Führung vom Bundeskanzler gewünscht. Ich hoffe, dass wir in der jetzt anstehenden Übergangsphase einen konstruktiven Umgang mit den Oppositionsparteien finden. Ich würde mir wünschen, dass die Parteien der politischen Mitte sich auf Lösungen statt Differenzen konzentrieren. Weiteres Zaudern in der Wirtschaftspolitik, aber auch außenpolitischen Fragen kann sich Deutschland nicht leisten.“
Jareem Khawaja (FDP)
„Dass die einst ausgerufene Fortschrittskoalition aus SPD, Grünen und FDP so endet, wird ihren Erfolgen und tatsächlich erreichten Fortschritten nicht gerecht. Dass sich die Partner inhaltlich nicht in allen Themen nahestehen, war jedem von Anfang an bewusst“, sagt Jareem Khawaja, Kreisverbandsvorsitzender der FDP.
„Die öffentlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten und Ideenaustausche haben dies auch immer wieder verdeutlicht und doch hat die Ampel-Regierung viele wichtige Reformen auf den Weg gebracht. Inzwischen ist klar, dass Kanzler Scholz mit dem Ultimatum zur Aufhebung der Schuldenbremse in den Koalitionsausschuss gegangen ist. Es wurden eben keine, der von Lindner geforderten, Punkte zur Wirtschaftswende aufgegriffen, sondern ein Gegenangebot gemacht, das im Vorhinein schon das Ende der Ampel besiegelt hat. Wichtig ist jetzt, dass möglichst schnell Klarheit zum weiteren Vorgehen geschaffen wird. Die Bürger und die Wirtschaft verdienen Planungssicherheit.“
Peter Schallmayer (SPD)
„Bundeskanzler Scholz hat nach intensiven Verhandlungen einen Vorschlag vorgelegt, der die richtigen Antworten auf die drängenden Herausforderungen bereithält: neue Impulse für die Wirtschaft und sichere Arbeitsplätze, mehr Geld für unsere Sicherheit und die Unterstützung der Ukraine, die Senkung der Energiepreise und zusätzliche Investitionen in unser Land“, entgegnet Peter Schallmayer, Kreisverbandsvorsitzender der SPD.
„Er hätte umgesetzt werden können, wenn alle Partner bereit gewesen wären, im Sinne des Landes zu entscheiden. Aber Christian Lindner hat sich für Parteitaktik entschieden, statt die richtigen Entscheidungen für unser Land zu treffen. Deutschland braucht Klarheit und Stabilität: Deshalb strebt die SPD einen geordneten Übergang zu vorgezogenen Neuwahlen im Frühjahr 2025 an. Bis zu den vorgezogenen Neuwahlen wird die SPD die Bundesregierung gemeinsam mit den Grünen weiterführen.“
Felix Schreiner (CDU)
Der CDU-Kreisverbandsvorsitzende, Felix Schreiner, hingegen fordert schnellstmögliche Neuwahlen: „Die Politik der Ampelkoalition fortzuführen, hat im Deutschen Bundestag keine Mehrheit. Deshalb ist die einzige, richtige und verantwortungsvolle Folgerung, die Vertrauensfrage zeitnah zu stellen. Die wirtschaftliche Talfahrt unseres Landes ist besorgniserregend und wirkt sich auch auf unsere Region aus. Statt gegenzusteuern, wurde die Wirtschaft zu einem Spielball der Einzelinteressen dieser Bundesregierung. Unser Land braucht eine handlungsfähige und entschlossene Bundesregierung und eine andere Politik. Das kann nur eine neue Bundesregierung nach einer Neuwahl.“
Andrea Zürcher (AfD)
„Dies ist zweifellos ein bemerkenswerter Moment in der deutschen Politikgeschichte, doch dieser Bruch kommt nicht überraschend“, bezieht Andrea Zürcher, Kreisverbandsvorsitzende der AfD, Stellung.
„Die Instabilität der Ampelkoalition und die aktuelle Eskalation sind Zeichen dafür, dass das Bündnis seinen Zusammenhalt längst verloren hat. Seit Langem warnen wir davor, dass die politischen und ideologischen Gegensätze innerhalb der Ampelkoalition unüberbrückbar sind. Statt gemeinsam Lösungen zu finden, versinkt die Koalition in Streitigkeiten und widersprüchlichen Entscheidungen, die die Zukunft unseres Landes gefährden. Deutschland braucht eine Regierung, die für Stabilität, Sicherheit und klare Prinzipien steht“, so Zürcher.