Das Hick-Hack um das neue Gewerbegebiet Gettnauer Boden geht weiter. Welche Unternehmen dürfen dort nun bauen? Bei dieser Frage wurde vor allem der Ansiedlungswunsch der Bad Säckinger Firma Confiserie Mutter zum Politikum.

Hintergrund: Die örtliche CDU hatte sich schon im Vorfeld gegen Ansiedlung von Gastronomie und Handel ausgesprochen und dabei ausdrücklich auch den Obersäckinger Pralinenhersteller ausgeschlossen. Das war in der Öffentlichkeit vielfach auf Unverständnis gestoßen.

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Die interessante Frage nun: Wie stehen Stadträte anderer Couleur zur Mutter-Ansiedlung auf der Gettnau? Das Ergebnis unserer Nachfrage bei allen kommunalpolitischen Kräften im Gemeinderat könnte Geschäftsführer Rafael Mutter vielleicht etwas zuversichtlich stimmen. Denn eine kategorische Ablehnung formuliert niemand, in der Mehrheit ist eher vorsichtiges Wohlwollen bis klare Zustimmung erkennbar.

Bild 1: Darf sich die Confiserie Mutter jetzt im neuen Gewerbegebiet ansiedeln?
Bild: Kerstan, Stefanie

Die Grünen: „Verstehen, dass die Firma aus der Enge raus will“

Die größte Fraktion im Bad Säckinger Gemeinderat sind die Grünen. Fraktionschefin Ruth Cremer-Ricken und Ratskollegin Irene Klaußner haben den Betrieb in Obersäckingen besucht. „Wir können das Ansinnen nachvollziehen, dass die Firma aus der Enge dort raus will“, sagte Ruth Cremer-Ricken gegenüber dem SÜDKURIER.

Ihre Fraktion werde Confiserie Mutter keinesfalls von vorne herein ausschließen. Jetzt müsse zunächst der im Gemeinderat verabredete Kriterienkatalog her, fordert sie. Cremer-Ricken erinnerte daran, dass sich das Gremium in der Klausurtagung im November 2021 darauf geeinigt habe, einen solche Katalog aufzustellen. Nach dessen Kriterien sollen die interessierten Unternehmen ausgewählt werden. „Und ich kann mir gut vorstellen, dass die Firma Mutter dann darunter fällt“, sagte Cremer-Ricken.

SPD: Keine Entscheidung „nach eigenem Gusto“

Ähnlich sieht es die SPD-Fraktion. Auch deren Fraktionssprecher Stephan Muster verweist auf den Kriterienkatalog. Es müsse bei der Grundstücks-Vergabe eine einheitliche und nachvollziehbare Regelung geben – und keine Entscheidungen „nach eigenem Gusto“, wie Muster in Anspielung auf die CDU formulierte.

Auf diesem Gebiet beim Zoll-Kreisel entsteht das neue Gewerbegebiet Gettnauer Boden
Auf diesem Gebiet beim Zoll-Kreisel entsteht das neue Gewerbegebiet Gettnauer Boden | Bild: Bernhard Widmann

Man könne nicht einfach einen Betrieb ausschließen, so Muster. Zu den Ansiedlungswünschen von Confiserie Mutter sagte er: „Wir sehen das nicht so kritisch wie die CDU“. Die Frage von Handel und Gastronomie außerhalb der Innenstadt sei grundsätzlich ein Entscheidungskriterium – „aber eben nur eines unter vielen“, so Muster. Die Mutter-Pläne nannte er ein „eigentlich schönes Konzept“, im Mittelpunkt stehe die Erweiterung der Produktion, Fabrikverkauf und Verkostung seien ein Randthema.

Freie Wähler: Das Theater der CDU machen wir nicht mit“

Klar positioniert haben sich die Freien Wähler schon jetzt. „Das Theater der CDU machen wir nicht mit“, sagte Fraktionssprecher Fred Thelen. Auch die Freien Wähler haben den Betrieb Mutter aktuell besichtigt. Nach Ansicht von Thelen tangierten die Mutter-Pläne die Altstadt nicht. Wichtig sei hingegen, das Unternehmen in der Stadt zu halten. Einen Betrieb mit solchem Renommee ziehen zu lassen wäre ein großer Fehler, so Thelen. nach anhalten hoher Auftragslage benötige Mutter jetzt dringend Kapazitätserweiterungen und damit Expansionsfläche – „und wenn dann dort nachher auch eine Tasse Kaffee ausgeschenkt wird, dann ist das halt so.“

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Die Einzelgemeinderäte: zwischen ja...und aber

Für Einzelgemeinderat Hartmut Fricke (Unabhängige Bürgerleiste) ist der Schutz der Innenstadt vor Handel und Gastronomie kein entscheidendes Argument. Aber auch er verweist auf den Kriterienkatalog, der bei der Auswahl helfen soll und für die Vergabe der Grundstücke letztlich maßgeblich sein müsse. Seine Branchenfavoriten für die Gettnau seien Firmen aus dem großen Feld von Gesundheit und Medizin. Hier sieht er wie auch sein grüner Ratskollege Rolf Joist gute Synergien mit dem Sisslerfeld. Von der Stadtverwaltung fordert Fricke hier mehr Einsatz bei der Akquise solche Firmen.

Für Einzelgemeinderat Angelo De Rosa (Linke) ist das Wichtigste: „Arbeitsplätze und Gewerbesteuer“. Natürlich seien auch die Themen Handel und Gastronomie zu bedenken, das wisse er als Altstadtwirt sehr wohl. Dennoch: Er könne mit Mutter auf der Gettnau leben, wenn Verkostung nur in kleinem, begrenzten Rahmen erlaubt werde.

Einzelgemeinderat Franz Isele sieht es ähnlich. Auch er hält den Schutz der Innenstadt für wichtig. Er hätte gegen die Mutter-Ansiedlung jedoch nichts, wenn der Schwerpunkt eindeutig auf der Produktion liege und der Ausschank nur ein Randbereich wäre.