Vor genau 150 Jahren wurde der jungen alt-katholischen Gemeinde in Säckingen die staatliche Anerkennung zuteil. Diakon Peter Breitenstein feierte am Sonntag anlässlich dieses Jubiläums zusammen mit gut zwei Dutzend Gläubigen einen Wortgottesdienst in der Kirche St. Peter und Paul. In seiner Predigt erklärte Breitenstein, dass die Menschheit in einer taumelnden, von Ängsten geprägten Welt lebe. „Für Menschen, die Angst haben, gibt es kein besseres Heilmittel als die Hoffnung, und gerade die Kirchen haben mit dem Wort Christi eine Botschaft der Hoffnung zu bieten.“

Diakon Peter Breitenstein feiert den Wortgottesdienst zum 150. Jubiläum der alt-katholischen Gemeinde.
Diakon Peter Breitenstein feiert den Wortgottesdienst zum 150. Jubiläum der alt-katholischen Gemeinde. | Bild: Michael Gottstein

Auch wenn die alt-katholische Kirche von Austritten verschont bleibe und sogar Eintritte verzeichne, bedaure sie, dass sich die Großkirchen allmählich leerten. Doch die Christen könnten das Salz der Erde sein, „indem wir öffentlich den Glauben leben, indem wir ein offenes Ohr für die Menschen haben, indem wir ein Haus bieten, in dem sich jeder angenommen fühlt“. Jeder in der Gemeinde sei aufgerufen, dabei mitzuhelfen.

Heute ist das ökumenische Verhältnis zwischen römisch-katholischer, alt-katholischer und Evangelischer Kirche ausgezeichnet, doch das war nicht immer der Fall. Die alt-katholische Bewegung formierte sich, nachdem das Erste Vatikanische Konzil im Jahre 1870 zwei Lehrmeinungen zu Dogmen erhoben hatte: Dass der Papst bei der Verkündigung bestimmter Glaubensfragen kraft seines Amtes unfehlbar sprechen könne und dass er das juristische Oberhaupt der ganzen Kirche sei.

Diese Postkarte zeigt die Innenausstattung der Kirche St. Peter und Paul um das Jahr 1950.
Diese Postkarte zeigt die Innenausstattung der Kirche St. Peter und Paul um das Jahr 1950. | Bild: Archiv Karl Braun

Die Alt-Katholiken verstanden sich als Erben der alten Kirche und verwiesen darauf, dass die frühen kirchlichen Strukturen eine solche Machtstellung des „Bischofs von Rom“ nicht gekannt hatten. Gerade am Hochrhein fiel die Bewegung auf fruchtbaren Boden.

Im Zuge des Kulturkampfes wollten die Behörden den Einfluss der Römischen Kirche zurückdrängen, außerdem waren in der Region noch die Nachwirkungen der Josephinischen Reformen lebendig, die das freie und selbständige Denken betonten. Am 15. März 1874 wurde die Gründung der alt-katholischen Gemeinde an Bischof Reinkens (einen Reformtheologen) in Bonn gemeldet, denn 104 männliche Einwohner hatten sich zum alt-katholischen Glauben bekannt, darunter einflussreiche Persönlichkeiten wie Kommerzienrat Otto Bally. Die staatliche Anerkennung erfolgte am 24. August 1874.

Die historische Postkarte zeigt die Ansicht der Friedhofskapelle vom Rhein aus.
Die historische Postkarte zeigt die Ansicht der Friedhofskapelle vom Rhein aus. | Bild: Archiv Karl Braun

Die Kapelle auf dem Au-Friedhof wurde den Alt-Katholiken zur ausschließlichen Nutzung zugesprochen, und im November 1875 wurde ihnen per ministeriellem Erlass die Mitbenutzung des St.-Fridolins-Münsters gestattet. Am 29. April 1876 wurde den Alt-Katholiken sogar das Münster übergeben, denn die römisch-katholische Gemeinde durfte nach päpstlicher Anordnung nicht dieselbe Kirche wie die Alt-Katholiken benutzen. 3000 römische Katholiken verließen daraufhin das Münster. Das Ministerium nahm den Erlass im November 1883 wieder zurück, so dass die Friedhofskapelle zum endgültigen Gotteshaus der Alt-Katholiken wurde.

Die alt-katholische Kirche St. Peter und Paul steht auf dem Aufriedhof in Bad Säckingen.
Die alt-katholische Kirche St. Peter und Paul steht auf dem Aufriedhof in Bad Säckingen. | Bild: Felix Held

Bereits im Jahr 1822 hatten die Planung für deren Bau als Ersatz für das Totenhäuschen begonnen, doch infolge des Geldmangels erfolgte die Abschlussrechnung erst 1839. Als die Kapelle den Alt-Katholiken zugewiesen wurde, war sie in einem schlechten Zustand, und nur dank der großen Initiative der Gemeindemitglieder konnte 1885 eine Orgel eingebaut werden.

Die Stadt Bad Säckingen unterzog die Kapelle im Jahre 1968 einer gründlichen Außenrenovierung, Ende der 1970-er Jahre war auch die Innenrenovierung abgeschlossen. 2008 wurden die drei Gemeinden Bad Säckingen-Rheinfelden, Waldshut und Zell als Alt-katholische Kirchengemeinde Hochrhein-Wiesental neu errichtet, und 2010 weihte Bischof Matthias Ring die Friedhofskapelle zur Kirche St. Peter und Paul.

Zwei Mal – im Dezember 2005 und im Juli 2008 – wurde die Kirche durch Brandstiftung schwer in Mitleidenschaft gezogen und einmal auch mit satanistischen Parolen beschmiert. Die römisch-katholische und die evangelische Gemeinde gewährten ihren alt-katholischen Glaubensgeschwistern damals Gastfreundschaft.