Nach zwei Jahren Pandemie stehen die Zeichen für Vereinsfeste in diesem Jahr eigentlich auf grün. Dennoch raufen sich Vereinsvertreter bei der Organisation zuweilen die Haare: Denn aktuell ist es schwer bis unmöglich, Getränkelieferanten mit Bierbrunnen, Kühlwagen und Festausstattung für ein Vereinsfest zu bekommen.
Die Situation sieht aktuell so aus: „Bei uns klingelt andauernd das Telefon“, sagt Timo Strasser von Getränke Strasser in Murg auf Anfrage des SÜDKURIER. Viele Vereine und Veranstalter rufen bei ihm an. „Aber ich bin so gut wie dicht“, sagt Strasser, nur einzelne Wochenende seien noch frei.
Genau dasselbe Bild bei Getränkehandel Dröse in Herrischried. Auch Stefan Dröse sagt auf Anfrage: „Ich bin für diese Saison eigentlich fast ausgebucht“ – und das, obwohl er erst in den letzten Monaten erheblich aufgerüstet hat. Das eine und andere Vereinsfest wird wohl buchstäblich auf dem Trockenen sitzen bleiben.
Woher kommt dieser Engpass?
Der erste Gedanke: Nach der Corona-Durststrecke sind alle in einer Feierlaune als gäbe es kein morgen. Doch nach unserer Umfrage bei Getränkelieferanten scheint das nicht der Grund: „Die Anzahl der Feste ist eigentlich nicht gestiegen“, meint Timo Strasser.
Es liege eher daran, dass die Firma Getränkeland Wagner in Waldshut-Tiengen den Veranstaltungsbereich komplett aufgegeben hat und sich dessen ehemalige Kunden nun auf die verbleibenden Getränkehändler mit Ausstattungskapazitäten stürzten.
Getränkeland Wagner hat Veranstaltungsservice aufgegeben
Und in der Tat: Wagner hat den Veranstaltungsservice aufgegeben, bestätigt Junior-Chef Maximilian Wagner. „Schweren Herzens“, wie er hinzufügt.
Die Corona-Phase habe hier auch zu dem Entschluss geführt, sich künftig mehr auf andere Betriebsbereiche zu konzentrieren, wie etwa Belieferung von Gastronomie und Hotelerie, Onlineshop sowie den Großhandel mit der Schweiz. Die Pandemie mit ihrem Stillstand sei für das Unternehmen ein „herber Schlag“ gewesen, denkt Wagner zurück.

Denn im Jahr 2019 hat Getränkeland Wagner noch 800 Veranstaltungen versorgt. Das sind, rein rechnerisch, mehr als 15 Feste pro Woche. Diesen Wegfall habe man mit dem Fokus auf andere Geschäftsbereiche kompensieren müssen.

Es habe zwischenzeitlich auch Gespräche über die Neugründung eines Veranstaltungsservice zusammen mit vier bis fünf anderen Getränkepartnern gegeben. Aber die Pläne hätten sich zerschlagen, so Maximilian Wagner.
Vor circa acht Wochen habe man begonnen, die eigene Ausstattung wie Bierbrunnen, Kühlwagen, Festgarnituren und andere Ausstattungen zu verkaufen, so Maximilian Wagner. Viele Vereine hätten da zugegriffen, aber auch Getränkehandel Dröse aus Herrischried habe etliches aus dem Wagner-Equipment übernommen.
Getränke Dröse übernimmt Equipment von Getränkeland Wagner
Stefan Dröse aus Herrischried ist gerade dabei, seinen Betrieb auszubauen. Seit letzten Monat betreibt er das Geschäft hauptberuflich, zuvor im Nebenerwerb.
Er hat aus dem Wagner-Inventar nach eigenen Worten etliche Bier- und Kühlwagen gekauft, wegen zwei weiteren Kühlwagen sei er noch im Gespräch.
Dröse macht allerdings klar, dass Ausstattung alleine nicht das Problem sei, sondern auch das Personal – vor allem mit Lkw-Führerschein. „Da bin ich momentan alleine“, sagt er, drei bis vier Veranstaltungen am Wochenende seien deshalb die Obergrenze. Wenn er seinen Betrieb weiter vergrößern wolle, müsste er einen Lkw-Fahrer anstellen, sagt Dröse.
Getränke Strasser: Anfragen sind im Vergleich zu 2019 um 200 Prozent gestiegen
„Wenn es grad zufällig reinpasst“, sagt Dröse dazu. Falls nicht, dann rät er den Veranstaltern, umzudisponieren auf ein anderes Wochenende. Dieselbe Strategie fährt auch Timo Strasser. Unterm Strich muss er derzeit 80 Prozent der Festveranstalter einen Korb geben.
Die Zahl der Anfragen sei bei ihm im Vergleich zum Vorcorona-Jahr 2019 um schätzungsweise 200 Prozent gestiegen. Die 800 Veranstalter, die 2019 noch von Getränkeland Wagner versorgt wurden, klopfen jetzt bei den wenig verbleibenden Getränkelieferanten an, gibt Strasser zu bedenken – und das sei definitiv nicht zu leisten.
Priorität haben für ihn jene Kunden, mit denen er schon lange zusammenarbeitet. Mehr sei kaum drin bei derzeit schon vier bis fünf Veranstaltungen am Wochenende.
Waldhaus: Enge Zusammenarbeit mit Getränke Dröse
Auch die Brauerei Waldhaus spürt den Wegfall von Wagner. Waldhaus halte kaum eigene Festausstattung wie Bierbrunnen vor, sagt Marketingchefin Tanja Blum: „Deshalb haben wir unsere Veranstaltungen wie die Chilbi oder das Rosenfest in Nöggenschwil bisher in Zusammenarbeit mit Getränkeland Wagner abgewickelt.“
Wagners Geschäftsaufgabe im Veranstaltungsservice treffe damit auch die Brauerei. Man sei deshalb froh, dass Stefan Dröse seinen Veranstaltungsservice derzeit ausbaut, „wir arbeiten jetzt eng mit ihm zusammen“, sagt Tanja Blum, unter anderem jetzt auch bei der Waldshuter Chilbi.
Das sagt die Brauerei Lasser dazu
Aber offenbar sind diese Engpässe vor allem ein Phänomen des östlichen Hochrheins. Denn beispielsweise die Brauerei Lasser in Lörrach sagt, sie habe noch Kapazitäten für diese Saison.
Die Zahl der Veranstaltungen und Vereinsfeste habe zwar merklich zugenommen, berichtet Marketingleiterin Jolanda Henker. Allein am 1.Mai-Wochenende habe die Brauerei 30 Veranstaltungen ausgestattet. Das Unternehmen führt das aber zurück auf den großen Nachholbedarf nach Corona.
Jedoch einen solchen Boom, wie ihn Lieferanten im Landkreis Waldshut beschreiben, sei bei ihnen noch nicht registriert. Im Bedarfsfall könne die Brauerei auch Feste im östlichen Geschäftsbereich ausstatten, der bis hinein in den Landkreis Waldshut führt.
Das sagt die Brauerei Rothaus dazu
Die Brauerei Rothaus äußerte sich zu dem Thema lapidar in einem Kurzzeiler: „Für uns ist es weiterhin wichtig, unsere Partner*innen bei Festen und Veranstaltungen zu unterstützen. Daher haben wir bei Rothaus weder Equipment noch Personal in diesem Bereich abgebaut.“