An der Carl-Heinrich-Rösch-Schule in Tiengen wird ab dem Schuljahr 2025/26 der Nachmittagsunterricht am Montag gestrichen – der Unterricht endet dann bereits um 13.10 statt um 15.15 Uhr. Grund hierfür ist nach Auskunft von Schulleiter Roland Zettel Kreide eine „mangelnde Lehrerversorgung“. Allerdings bereite die Schule in einer Notgruppe einen Unterricht in Kleingruppen vor – so der Pädagoge in einem Brief, der die Elternschaft am Donnerstag, 10. Juli, erreichte.
Der Lehrermangel ist kein neues Problem
Für Mary Lou Gaglio, Vorsitzende des Elternbeirates der Carl-Heinrich-Rösch-Schule, kommt diese Entwicklung nicht überraschend: „Es bestehen schon seit längerem Probleme, bei denen wir nicht wirklich weiterkommen – hierbei handelt es sich um einen Lehrer- und Platzmangel. So sind die Mensa und die Küche viel zu klein und es fehlen auch Fachräume für den Unterricht“, erklärt sie gegenüber dem SÜDKURIER.

Die Folge sei eine „Containerlandschaft bei der Schule, die einfach erbärmlich ist. Es ist keine Lösung, dass jedes Jahr neue Container aufgestellt werden“, ergänzt sie.
Elternbeirat fühlt sich zu spät informiert
Die bevorstehende Streichung des Nachmittagsunterrichts am Montag stelle die Elternschaft vor erhebliche Probleme, ergänzt sie: „Die Eltern wurden durch den Brief vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Das Schulamt in Lörrach, so Gaglio, hätte hier früher informieren müssen.
Gegenüber dem Landkreis als Träger der Schule formuliert Gaglio deutliche Erwartungen: „Der Landkreis muss nun Verantwortung übernehmen. Die Kinder haben ein Recht auf Unterricht, auch wenn sie geistig behindert sind.“ Das Landratsamt ziehe sich nach ihrer Einschätzung aus der Verantwortung, „denn es fragt nicht, welche integrativen Möglichkeiten für die Kinder jenseits des Nachmittagsunterrichtes bestehen. Diese sind sehr, sehr begrenzt.“ Darüber hinaus müsse der Fahrdienst für solche Angebote am Montag von den Eltern selbst organisiert werden, da der übliche Sonderfahrdienst an diesem Tag ebenfalls gestrichen werde.
Das sagt das Landratsamt
Für das Landratsamt Waldshut weist Pressesprecherin Julia Fohmann-Gerber den Vorwurf zurück. „Vielmehr ist das Landratsamt aktiv an der Erarbeitung einer konstruktiven Lösung, gemeinsam mit den Eltern, der Schulleitung und dem Staatlichen Schulamt interessiert.“ Letzteres sei „für das Lehrpersonal und die entsprechenden Planungen zuständig.“
Auf die mit dem Brief der Schulleitung an die Eltern verbundene Umfrage nach dem Betreuungsbedarf am Montagnachmittag hätten bis zum 16. Juli rund 50 Prozent der Eltern geantwortet, „danach wäre bei neun Schülern die Betreuung während der ausfallenden Schulzeit nicht gesichert.“
Sobald der Bedarf von Eltern und Kindern genauer bekannt sei, „folgen weitere Schritte im Austausch mit den Eltern.“ Ausdrücklich betont Fohmann-Gerber die Anstrengungen sämtlicher Akteure, „die ausfallenden Zeiten möglichst gut abzufedern und niemanden mit der Situation allein zu lassen.“
Zur Problematik des Platzmangels erklärt die Pressesprecherin darüber hinaus, dass in den vergangenen Jahren die Schülerzahl an sonderpädagogischen Einrichtungen landesweit deutlich gestiegen sei. Daher erfolge an der Carl-Heinrich-Rösch-Schule in den Sommerferien ‚eine Aufstockung der bestehenden Containeranlage um vier Klassenräume, drei Differenzierungsräume, Toiletten und Nebenräume.‘
Der Standard dieser Container befinde sich mit Wärmedämmung und Akustikdecken auf hohem Niveau. Zudem erhalte die Schule zum neuen Schuljahr „ein mobiles Klassenzimmer für die Beschulung von herausfordernden Kindern“.
So schätzt das Schulamt die Lage ein
Rudolf Schick, Amtsleiter des Schulamtes Lörrach, betont, dass „die Versorgung der Carl-Heinrich-Rösch-Schule wie der anderen sonderpädagogischen Einrichtungen immer Priorität für das Schulamt“ habe. Das Problem sei es stets gewesen, „dass zu wenig sonderpädagogische Fachkräfte auf dem Markt sind“.
Gründe seien neben zu geringen Ausbildungskapazitäten, die besseren Verdienstmöglichkeiten an den Schulen in der Schweiz und die große Entfernung zu Freiburg“. Bis eine spürbare Verbesserung der Unterrichtsversorgung erreicht sei, „werde es noch einige Jahre dauern“, so Schick weiter.
Schulleitung sagt Notunterricht für betroffene Kinder zu
Auch Schulleiter Roland Zettel Kreide betont gegenüber dem SÜDKURIER die intensiven Bemühungen um eine Lösung für alle betroffenen Eltern. „Wer jedoch eine Nachmittagsbetreuung benötigt, erhält diese auch. Im Notfall wird hierzu ein Fahrdienst von der Schule organisiert. Wir müssen jedoch erst die Zahl der Rückläufe für unser Angebot abwarten. Das Ziel ist, dass es für keinen ein Problem wird – wir werden im nächsten Jahr gut starten können.“
Auch der Elternbeirat sucht nach Lösungen
Nach Mitteilung Gaglios hat sich der Elternbeirat bereits selbst um Ersatzlösungen bemüht. So sei in Gesprächen mit der Lebenshilfe Südschwarzwald über Entlastungsmöglichkeiten durch den familienunterstützenden Dienst gesprochen worden. Überdies prüfe das Familienzentrum Hochrhein in Lauchringen die Einrichtung einer Betreuungsgruppe für den Montagnachmittag.
Um Lösungen aus der aktuellen Krise zu suchen, finde am Montag, 21. Juli, ab 20 Uhr, in der Carl-Heinrich-Rösch-Schule ein „Notelternabend“ statt, zu dem Vertreter des Landkreises und des Schulamtes eingeladen würden. An diesem Abend soll auch mit einem offenen Brief auf die für viele Eltern drängende Problematik aufmerksam gemacht werden: „Wir sprechen hier von Kindern aus dem gesamten Landkreis Waldshut. Als Eltern haben wir das Gefühl, dass wir für alles kämpfen müssen und nicht gesehen werden“, legt Gaglio dar.