„Im Tierschutz zeigt sich, wie menschlich eine Gesellschaft ist“. So formuliert Barbara Boettcher von den Hundefreunden Rumänien aus Murg ihre Motivation zum Engagement für den Tierschutz. Anlässlich des Welttierschutztages am 4. Oktober hat sich der SÜDKURIER bei den Hundefreunden Rumänien und dem Tierschutzverein Wehr-Öflingen über die Situation des Tierschutzes am Hochrhein und die Arbeit der beiden Organisationen informiert. Der Tenor ist eindeutig: Das Thema Tierschutz bekommt in unserer Gesellschaft noch lange nicht die Aufmerksamkeit, die es verdient.

Seit der Corona-Pandemie sind die Tierheime am Limit

„Die aktuelle Situation ist schwierig. Wo man hinhört, sind die Tierheime und Tierschutzorganisationen total am Limit“, berichtet Jetta Lorenz, Kassiererin des Tierschutzvereins Wehr-Öflingen. Auch das Katzenhaus in Öflingen, das vom Tierschutzverein Bad Säckingen betreut wird, platze aus allen Nähten und könne aktuell keine weiteren Tiere aufnehmen.

Die Katze Lola sucht ein neues Zuhause. Das zwei Jahre alte Tier wird als sehr verschmust und anhänglich beschrieben. Sie ist geimpft, ...
Die Katze Lola sucht ein neues Zuhause. Das zwei Jahre alte Tier wird als sehr verschmust und anhänglich beschrieben. Sie ist geimpft, gechipt und kastriert. Wer Interesse an Lola hat, kann sich beim Tierschutzverein Wehr-Öflingen melden. | Bild: Tierschutzverein Wehr-Öflingen

„Während der Corona-Pandemie haben sich viele Menschen Tiere zugelegt, die jetzt nicht mehr ausreichend versorgt werden können. Viele dieser Tiere landen jetzt im Tierheim“, erklärt Lorenz. Darüber hinaus würden die Kosten für Tierfutter, Tierartzt und Unterbringung explodieren.

Die ehrenamtlichen Helfer der Tierschutzvereins Wehr-Öflingen kümmern sich um herrenlose Tiere

Der Tierschutzverein Wehr-Öflingen verfügt selbst nicht über ein eigenes Tierheim. „Unsere Aufgabe besteht in der Vermittlung von Hunden und Katzen“, so Lorenz. Wenn die Besitzer allergisch, krank oder verstorben sind, sich die Wohnsituation geändert hat oder die Tiere einfach ausgesetzt werden, springen die ehrenamtlichen Helfer des Tierschutzvereins ein.

„Das Einfangen von Fundkatzen, das Kastrieren und die medizinische Behandlung gehören zu unseren Hauptaufgaben“, erklärt Lorenz. Außerdem gehe man Meldungen über schlechte Tierhaltung und Tierwohlgefährdung nach, wofür in manchen Fällen eine Kooperation mit dem städtischen Ordnungsamt notwendig sei.

Die Hundefreunde Rumänien trainieren ehemalige Straßenhunde im Umgang mit Menschen

Auch die Hundefreunde Rumänien kämpfen für das Wohl von Tieren. Barbara Boettcher kümmert sich gemeinsam mit vier ehrenamtlichen Helfern um ehemalige Straßenhunde aus Rumänien. Aufgrund ihrer Vergangenheit auf der Straße müssen die Hunde vor allem im Umgang mit Menschen trainiert werden, um dann vermittelt werden zu können. „Wir sind darauf angewiesen, dass wir die Hunde an die Menschen vermittelt bekommen“, erklärt Boettcher.

Auch für Hund Prinz wird ein neues Herrchen gesucht. Er ist ein Jahr und vier Monate alt. Auf der Website der Hundefreunde Rumänien sind ...
Auch für Hund Prinz wird ein neues Herrchen gesucht. Er ist ein Jahr und vier Monate alt. Auf der Website der Hundefreunde Rumänien sind viele Hunde zu finden, die vermittelt werden sollen. Auch der Tierschutzverein Bad Säckingen vermittelt Tiere. Informationen dazu gibt es ebenfalls auf der Website. | Bild: Barbara Boettcher

Sowohl sie als auch Jeta Lorenz machen sich Sorgen um die aktuelle Situation, auch wenn Boettcher berichtet, dass die Anfragen nach den Sommerferien wieder langsam zunehmen. Beide hegen den Wunsch, mehr Menschen zu finden, die bereit sind, ein Tier bei sich aufzunehmen. „Wer ein Tier will sollte es auf jeden Fall aus dem Tierheim und nicht beim Züchter holen“, so Lorenz.

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„Das größere Problem liegt in der Politik“

Um eine weitere Überlastung der Tierheime zu verhindern, richtet Lorenz klare Worte an alle Menschen, die sich ein Tier zulegen wollen: „Bevor man sich ein Tier zulegt, muss man sich gründlich Gedanken machen“, so Lorenz. Die Menschen sollen sich zunächst fragen, ob sie bereit seien, auch ein altes Tier liebevoll und artgerecht zu halten. „Gerade jetzt, wo es nur noch wenige Monate bis Weihnachten sind, ist unser großer Wunsch, dass keine Tiere verschenkt werden“, ergänzt sie.

„Wir können nur im Kleinen handeln. Das größere Problem liegt in der Politik“, erklärt Lorenz. Es werde tatenlos zugesehen, wie Großbetriebe als Folge des steigenden Fleischkonsums ihre Gewinne auf Kosten des Tierwohls maximieren. Darin sieht Lorenz ein großes und unterschätztes Problem. „Menschen dürfen Tieren kein unnötiges Leid zufügen, das ist per Gesetz geregelt“, stellt sie klar. Auf kommunaler Ebene plädiert Lorenz für die Einführung einer Kastrationspflicht. „Das wäre unser Wunsch“, so Lorenz.

Barbara Boettcher kümmert sich mit vier ehrenamtlichen Helfern um die Hunde aus Rumänien.
Barbara Boettcher kümmert sich mit vier ehrenamtlichen Helfern um die Hunde aus Rumänien. | Bild: Hundefreunde Rumänien

Jede Hilfe ist gerne gesehen

Gerade anlässlich des Welttierschutztages möchten Lorenz und Boettcher die Menschen animieren, selbst aktiv zu werden. „Wir freuen uns über jede Unterstützung, und wenn es nur eine kurze Gassi-Runde mit den Hunden ist“, erklärt Boettcher. Wer unterstützen möchte oder sich vorstellen kann, einem Hund ein neues Zuhause zu geben, kann sich unter 0176 223 78 8 84 melden. Wer den Tierschutzverein Wehr-Öflingen unterstützen oder eine Katze abnehmen möchte, erreicht diesen unter 07622 672 71 22.