Sie wollte schon immer was mit Kultur machen. Auch in ihrer nordhessischen Heimat war Christine Stanzel der „Trompeter von Säckingen“ ein Begriff. Bevor sie sich für die Kulturarbeit in der Trompeterstadt interessierte, hat sie schon zwei Jahre in Bad Säckingen gewohnt und das hiesige Kulturprogramm verfolgt – damals noch als Zuhörerin. Besonders überrascht war Stanzel vom Niveau der Kammermusik-Abende.

Ihre allererste Begegnung mit der Scheffelstadt war im Schlosspark bei einer Open-Air-Veranstaltung mit Jazz und Boogie-Woogie. Stanzel erinnert sich noch an den stimmungsvollen Abend mit den bunten Glühbirnen: eine nostalgische Atmosphäre im malerischen Ambiente unter den alten Bäumen.

Von Nordhessen über Menzenschwand in die Trompeterstadt

Der Schwarzwald war für sie damals „noch relatives Neuland“. Aber die regionale Museumslandschaft fand Stanzel, die Kunstgeschichte und Musikwissenschaft studiert und im Tourismus in Menzenschwand gearbeitet hat, faszinierend. Und so hat sie ausgiebig alle Museen erkundet. Als sie dann die Ausschreibung für die Halbtagsstelle als Kulturreferentin in Bad Säckingen las, dachte sie, das passt doch wunderbar von ihrem Studienhintergrund her.

Christine Stanzel und Thomas Ays, Leiter des Tourismus- und Kulturamts, bei einer Vorstellung von „Kultur im Kursaal“.
Christine Stanzel und Thomas Ays, Leiter des Tourismus- und Kulturamts, bei einer Vorstellung von „Kultur im Kursaal“. | Bild: Jürgen Scharf

Beim Vorstellungsgespräch konnte sie den Gemeinderat und Bürgermeister Günther Nufer mit ihrem „Drei-Punkte-Plan“ überzeugen. Ihr schwebte vor, Bestehendes weiterzuführen und Neues einzubringen. So realisierte sie gleich im Mai 2001 im Rahmen des Stuttgarter Troja-Ausstellungsprojekts ein Konzert im Kursaal.

Gab es damals mehr Kulturveranstaltungen?

Wie hat sie vor 25 Jahren die Kulturszene angetroffen? 2001 wurde, wie sich die Nachfolgerin des langjährigen Kulturreferenten Klaus Schuldis erinnert, ein Kulturbeirat von Kulturschaffenden ins Leben gerufen. Daraus entstand der Kulturkalender, den der Beirat herausgegeben hat, nach Sparten sortiert, der später in den ausführlichen Monatskalender des Tourismus-Büros einfloss.

Als Stanzel anfing, gab es schon den gut eingeführten Theaterring im Gloria-Theater, dessen Abozahlen bei ihrem Antritt schwächelten. Die Musikwissenschaftlerin hat den Zyklus mit Engagement übernommen und dafür gesorgt, dass jedes Jahr eine neue Oper auf die Bühne kam, kombiniert mit Operette, Ballett, Musical, Schauspiel und Künstlerbiografien. Und sie hatte damit Erfolg. Die Reihe war ausverkauft.

„Wir hatten 100 Prozent Auslastung“, blickt Stanzel auf diese glorreiche Theaterring-Zeit zurück, in der sie viel Erfahrung sammeln konnte. Vielleicht war es auch ihr Erfolgsgeheimnis, dass sie berühmte Darsteller wie Doris Kunstmann nach Bad Säckingen verpflichten konnte. 2014/15 war die letzte Theaterring-Saison unter ihrer Regie.

Kammermusikabende als Merkenzeichen

Die von Hansjörg Friedrich auf einem hohen Niveau gehaltenen renommierten Säckinger Kammermusik-Abende (SKA) betreut Stanzel seit 2008, als sie aus der Elternzeit zurückkommt. In dieser etablierten Klassikreihe setzt sie bei den Klavierrecitalen die Zusammenarbeit mit dem Concours Géza Anda in Zürich fort. Auf diese Art können frischgebackene hochkarätige Preisträger wie eine Claire Huangci oder ein Andrew Tyson im Kursaal auftreten.

Ein Jahr später hat sie das Kulturangebot noch erweitert und die Aboreihe „Kultur im Kursaal“ gegründet. Auch hier setzt Stanzel auf bekannte Schauspielerinnen wie Suzanne von Borsody in einer Frida Kahlo-Lesung, Katja Riemann, die mit dem Casal Quartett kam, Eva Mattes mit den „Reisen des Marco Polo“ oder Claudia Michelsen mit einem Marlene Dietrich-Abend.

In ihrem Element als Kunsthistorikerin ist Christine Stanzel (links) im Kontakt mit Kunstschaffenden (wie hier Susan Hubacker) in der ...
In ihrem Element als Kunsthistorikerin ist Christine Stanzel (links) im Kontakt mit Kunstschaffenden (wie hier Susan Hubacker) in der Villa Berberich. | Bild: Jürgen Scharf

Die Idee hinter der „K“-Reihe ist, ein Publikum zu erreichen, das sich nicht nur für Oper oder Klassik interessiert, sondern für Comedy, Kabarett, Kleinkunst und Kriminalkomödien. So ist das Berliner Kriminal Theater Stammgast in dieser Reihe, ebenso wie der Klavierkabarettist Christoph Reuter, mit dem schon mehrere interessante Projekte realisiert werden konnten – etwa mit dem Orchesterverein oder mit Schülern des Scheffelgymnasiums.

Jury Tetzlaff Stammgast im Kursaal

Was Reuter für die „K“-Reihe, ist Juri Tetzlaff als Stammkünstler für die SKA. Der bekannte Kika-Moderator macht nicht nur jedes Jahr eine Produktion für Kinder, sondern wirkte auch bei einer Sternstunde 2022 im 75. Zyklus mit: der wiederentdeckten ersten Trompeter-Oper. Als Hauptsponsorin agierte schon damals Annemarie von Ehr von der gleichnamigen Stiftung, die jedes Jahr, neben der Volksbank Rhein-Wehra-Stiftung, die SKA unterstützt.

Kulturreferentin Christine Stanzel vor dem Kursaal, einem ihrer wichtigsten Tätigkeitsfelder.
Kulturreferentin Christine Stanzel vor dem Kursaal, einem ihrer wichtigsten Tätigkeitsfelder. | Bild: Jürgen Scharf

Für diese Förderung ist Christine Stanzel besonders dankbar, weil sie dadurch nicht mehr nur gemafreie Programme machen muss wie am Anfang, sondern auch zeitgenössische Musik und besondere Projekte angehen kann. Manchmal staunt die weltoffene und rührige Programmmacherin selber über sich, „wie mutig ich da war“.

Von Anfang an mischt die „Kulturarbeiterin“ auch bei „Akkorde“, dem Gitarrenfestival am Hochrhein, mit, das dieses Jahr ebenfalls sein 25-Jähriges feiert – also ein kleines Doppeljubiläum.

Doppeljubiläum feiern das „Akkorde“-Festival am Hochrhein und Kulturreferentin Christine Stanzel (links, mit Gitarrist und Initiator ...
Doppeljubiläum feiern das „Akkorde“-Festival am Hochrhein und Kulturreferentin Christine Stanzel (links, mit Gitarrist und Initiator Harald Stampa und der Waldshuter Kulturamtsleiterin Kerstin Simon). | Bild: Jürgen Scharf

Wichtig war Christine Stanzel, 2002 den Museumspass einzuführen und außerdem stark ermäßigte Veranstaltungstickets für junge Leute anzubieten: ein Service, den sie als Schülerin in ihrer Heimat Eschwege und beim Studium in Wien kennengelernt hat. „Das habe ich mitgebracht“, sagt sie und kann darauf stolz sein, denn es funktioniert bis heute. Zufrieden ist sie auch, dass sich so viele Events für Schüler herausgebildet haben: Workshops mit den Profis und Möglichkeiten zum Auftreten.

Drei Kulturreihen mit 800 Abonnenten

Christine Stanzel macht also eine erfolgreiche Kulturarbeit. Und die schlägt sich auch in Zahlen nieder. So hatte sie bis 2014, als sie noch alle drei Kulturreihen in Personalunion managte, insgesamt 800 Abonnenten. „Es überschneidet sich nicht, jede Reihe ist doch etwas anderes“, sagt die Kulturmacherin. Inzwischen sind die Reihen etabliert, Stanzel kennt ihr Publikum und sie schaut auch immer, dass sich die Veranstaltungen „rechnen“.

Früher, erzählt sie, habe sie Kulturabende im kleineren Schlosssaal mehrfach wiederholt, doch im Kursaal sei es einfach wirtschaftlicher. Zu ihren Anfangszeiten gab es nicht nur Ausstellungen in der Villa Berberich, sondern gleichzeitig im Schlossparkpavillon. „Das hat klasse gepasst“, sagt die Kunstexpertin, die als Kunsthistorikerin anfänglich selbstständig und später über die VHS Museumsexkursionen macht – bis heute. Damit fing sie schon ein Jahr vor ihrem Antritt als Kulturreferentin an.

Die Mischung macht‘s

Wie bringt sie ihr Programm zustande? Stanzel schaut nach neuen Angeboten, spricht mit Agenturen und gern auch mit Künstlern, informiert sich im Internet und bei Kleinkunstbörsen, hört viele CDs an. Ihr Konzept: Neues, Bekanntes und Bewährtes mischen und gerne rote Fäden durch die Aboreihen ziehen und ihnen damit einen speziellen Charakter geben. Zu den höhepunkten in den 25 Jahren und zählt sie die Oper „Der Trompeter von Säkkingen“. Andere Meilensteine in ihren vielfältigen Programmangeboten sind besondere Komponisten, Musiker und Instrumente.

Vierhändig am Klavier: Christine Stanzel und Pianist Christoph Reuter, im Hintergrund Christine Friedlmeier und Klaus Kunzmann vom ...
Vierhändig am Klavier: Christine Stanzel und Pianist Christoph Reuter, im Hintergrund Christine Friedlmeier und Klaus Kunzmann vom Orchesterverein Bad Säckingen. | Bild: Jürgen Scharf

Es ist eine schöne Tradition, dass Christine Stanzel nach den Vorstellungen mit den Künstlern essen geht. Da gibt es dann Feedback und es entstehen neue Ideen und Variationen von Programmkonzeptionen. Solche Arbeitsessen bieten gestalterisches Entwicklungspotenzial.

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Für die Zukunft gibt es für Christine Stanzel noch Kapazitäten, weil sie die Arbeit mit Kindern vertiefen will. Privat ist die Kulturfachfrau sehr offen in ihren Musikvorlieben, von Oper bis Weltmusik mag sie sämtliche Musik. Reisen, Fotografie und Garten sind weitere Hobbys von ihr. Nur für sich zu Hause spielt die 61-Jährige, die mehrere Instrumente gelernt hat, ab und zu mal Klavier – „just for fun“.