Wo soll man beginnen nach einem solchen fulminanten Konzertabend? War das Konzert von The Magic of Santana ein Geburtstagsgruß zum 30-jährigen Bestehen des Folktreff Bonndorf, der den Abend veranstaltet hat? Ein Abend mit Carlos Santana-Stücken aus früheren Jahrzehnten? Einfach nur Tanzen zu guter alter Musik?
Eine gewisse Eigenständigkeit
Vielleicht war es von allem etwas, vor allem aber wurde in der Stadthalle der Beweis angetreten, dass die Band The Magic of Santana aus bravourösen Musikstücken eines Musikgenies etwas Besonderes zu formen vermag, das unglaublich nah am Original weilt und trotzdem eine Eigenständigkeit und Dynamik entwickelt, die mitreißt.
Mehr als zwei Stunden, aufgeteilt in zwei Sets mit 40 und mehr als 80 Minuten, hielten The Magic of Santana ihr Publik in Atem. Und dies geschah tatsächlich ohne großartige Lasershow und eigene Choreografien auf der Bühne. Einfach nur schlicht gekleidet, mit professionell gezeigter und leidenschaftlich gespielter Musik. Kein Augenblick der Langeweile kam auf ob bereits 1000-mal gehörter Stücke eines Carlos Santana – ein Bandauftritt, der tatsächlich Magie verbreitete.
Die Zeit verrinnt wie im Flug
Untrügliches Zeichen, dass der musikalische Spannungsbogen bis zum Schlussakkord hielt, war der Blick auf die Armbanduhr und die Feststellung, dass es bereits kurz vor Mitternacht war – verbunden mit der Erkenntnis, wie schnell die Zeit verrinnt, wenn Außerordentliches geboten wird. Bis zum „ersten Sauerstoffzelt für die musikalischen Matadore“, wie Bandmitbegründer Gerd Schlüter die erste und einzige Pause der Gruppe umschrieb, war allerdings gerade einmal eine knappe Dreiviertelstunde seit Konzertbeginn vergangen. Sorgenvolles hochrechnen ließ zunächst das Ende des Konzertabends in Bälde befürchten. Doch im zweiten Set steigerte The Magic of Santana das gegenseitige Abtasten zwischen Publikum und Band – zeitlich und emotional – die Musiker spielten sich in einen Rausch und das Publikum heiß.
Nahe am Original
Gerd Schlüter (Lead-Gitarre) glänzte durchweg mit einem sich unglaublich nah am Carlos Santana-Sound wiederfindenden Gitarrenspiel – weit weg allerdings von einer bloßen Kopie des Großmeisters. Bei The Magic of Santana darf getrost die vor vielen Jahren gemachte Feststellung von Paul McCartney in Zweifel gezogen werden, die er einst in einem Interview über die sehr frühen Beatles zum Besten gegeben hatte: Wenn man immerzu nur die Lieder anderer Gruppen spiele, sei das für die musikalische Entwicklung einer Band unglaublich hinderlich, weil sie furchtbar schlecht zu werden drohe. The Magic of Santana bewies in der Bonndorfer Stadthalle das Gegenteil.
Original bleibt unverkennbar
Den Carlos Santana-Stücken wurden durch hauchzarte musikalische Interpretationen immer wieder eine Lebendigkeit und Leichtigkeit verpasst, die Nähe zum Original blieb unverkennbar. Gerd Schlüter war durch seine Fertigkeiten an der Gitarre dafür ein Garant, der den anderen Musikern allerdings Freiheit der Entfaltung ließ. Auch wenn er im Gespräch am Merchandise-Stand zu später Stunde gestand, dass er am Konzertende einen Krampf in der linken Hand gehabt habe – doch wozu habe man einen Ring- und einen kleinen Finger, mit denen er die Situation gerettet habe.
Gefühl für Musik
Alex Ligertwood, der ab 1979 mit kurzen Unterbrechungen bis 1994 der Santana-Band angehörte, konnte bei den Gesangsauftritten seine Seelenverwandtschaft zu Motown-Stücken kaum verleugnen und zeigte sein Gefühl für die Musik, wenn Akzente des Rhythm and Blues und des Soul gefordert waren. Durch den gebürtigen Schotten erhielten die Musikstücke zudem eine rockige Note. Die Bemerkung von Alex Ligertwood, er könne bei Weitem nicht so gut Gitarre spielen wie die Bühnenkollegen Olli Schröder und Gerd Schlüter, mag zwar stimmen, darf jedoch getrost zur Seite geschoben werden.

Der begnadete Sänger entzündete zusammen mit Tony Lindsay den Kontakt zum Publikum und lockerte die Atmosphäre durchweg auf. Das stimmliche Herz der Band blieb einmal mehr eben dieser Tony Lindsay aus San Francisco, seit 1991 Sänger bei Santana. Seine warme, bluesgefärbte Stimme unterstrich die inhaltliche Tiefe der Carlos Santana-Songs. Besonders strahlte dies das Stück „Somewhere In Heaven“ aus, das als Hommage an das 2015 verstorbene Santana-Bandmitglied Raul Rekow präsentiert wurde. Der damals 60-Jährige war 2014 als Gastmusiker bei einem Auftritt von „The Magic of Santana“ in Ungarn auf der Bühne gestanden.
Bereicherung
Andreas Rohde (Timbales, Cowbells, Bongos, Vocals), neben Gerd Schlüter und Jürgen Pfitzinger (Congas, Bongos, Percussion) 1980 Mitbegründer von The Magic of Santana, glänzte in den Soli ebenso wie der am klassischen Schlagzeug brillant aufspielende Oliver Steinwede und Martin Hohmeier (Bassgitarre). Olli Schröder (Gitarre, Small Percussion, Hintergrund-Gesang) bereicherte über sein inniges Gitarrenspiel hinausgehend vor allem mit Hintergrundgesang.
Jens Skwirblies (Keyboarder) schien an der Hammond-Orgel und mit der modernen Orgelausstattung optisch der Band ZZ Top entsprungen zu sein. Sein virtuoses Spiel mündete in schierer Akrobatik, als er auf die Sitzbank stieg, um von dort stehend und vorneüberhängend die Hammond-Orgel aufs Vortrefflichste „traktierte“.
Begeistertes Publikum
Das Publikum tobte. Jedem Ort sei ein Folktreff Bonndorf zu wünschen, riet Alex Ligertwood mit leicht rauchiger Stimme und sprach den mehr als 600 Gästen aus der Region und auch aus der benachbarten Schweiz damit auch aus den Herzen. Eine glücklich dreinblickende Gudrun Deinzer, Vorsitzende des Folktreffs, schien nach dem Konzert durch die Stadthalle zu schweben.
Die Band
Als „eine Hommage an Santana“ versteht sich The Magic of Santana. Sie gilt als Europas beste Tribute-Band. Original Santana-Musiker behaupten das: Alex Ligertwood und Tony Lindsay spielen selbst für die Band und sind für den Auftritt in Bonndorf aus den USA eingeflogen. Bereits vorher habe man mit dem Santana-Keyboarder Richard Baker gespielt und mit Raul Rekow – Congaero bei Santana von 1976 bis 2013, der 2015 verstorben ist, meint Bandgründer Gerd Schlüter.