Martha Weishaar

Peter Mim bezaubert – obschon er kein Zauberer ist. Man möchte mitweinen, muss mitlachen, harrt voller Spannung, was als Nächstes kommt und vergisst ob dieser geballt zur Schau gestellten Gefühle den Alltag. Der Pantomime zieht den Betrachter allein durch Ausdrucksstärke völlig in seinen Bann. So gerät die jüngste Vorstellung des Folktreffs zu einem ungewöhnlich stillen, anrührenden Bühnenspektakel.

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Die mehr als 130 Zuschauer lassen sich mucksmäuschenstill und vollkommen auf Peter Mim ein, derweil der die Lebenswirklichkeit in vielerlei Facetten umsetzt. Unbeschwert fröhliche Leichtigkeit wandelt sich allmählich in beschwerliche Wehmut. Kaum wurde das Herz verschenkt, erfährt es Zurückweisung, wird verletzt und mit der Zeit immer schwerer. „Lebensphilosophie des Zerbrechlichen“ nennt Peter Mim diese Szene.

Ganzer Körpereinsatz

Der Künstler mimt unter Einsatz seines ganzen Körpers ebenso grandios wie einzigartig menschliche Regungen, die großen Fragen des Lebens, aber auch banale Alltagssituationen. Wenn der Käfig sich immer enger um ihn schließt, könnte man allein vom Zuschauen Platzangst bekommen, seine Darstellung der „Friedenstaube“ lässt den Betrachter beinahe zum radikalen Pazifisten mutieren.

Peter Mim kann auch witzig

Herrscht in einem Moment noch absolute Stille, so bringt er als erfolgsverwöhnter Starpianist das Publikum binnen kürzester Zeit beim imaginären „Pianokonzert“ zu tosendem Applaus, teilt seinen Erfolg sogar mit einer Dame aus den vorderen Zuschauerreihen, nimmt sein Publikum eben in jeder Hinsicht mit. Doch Peter Mim kann auch witzig, etwa in seiner skurrilen Darstellung des eher minder vertrauenerweckenden Chirurgen.

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Während im Hintergrund „Don’t be afraid“ erklingt, nimmt er seinen Patienten auseinander, spielt mit Organen, wickelt den Darm wie ein Elektrokabel auf und erschrickt, als er plötzlich das pulsierende Herz in seinen Händen hält. Rasch wieder rein damit! Kurze Herzdruckmassage – schon scheint alles in Ordnung. Doch, oh weh – kaum ist die Operationsnaht geschlossen, findet sich das vergessene Darmkabel. Man kann sich denken, wie es ausgeht, irgendwann verstummen die Überwachungsgeräte.

Urkomisch inszeniert der Künstler auch das Parlament. Zu nichtssagendem Dauergequassel werden da Fingernägel gepflegt, Lippenstift aufgetragen, Selfies geschossen oder Pullover gestrickt. Wer schon einmal auf der Besuchertribüne des Bundestages war, fühlt sich ob solcher Szenerie nur bestätigt.

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Peter Mim zelebriert Pantomime in Bestform, egal ob Zugreisender, der seine Zunge nicht im Zaum halten kann, furioser Dirigent oder sinnlicher Poet, der zur Melodie von „Spiel mir das Lied vom Tod“ in wenigen Gesten Jahrzehnte des Lebens passieren lässt. Das Publikum ist mehr als begeistert, lässt diesen Grandseigneur der Kleinkunst nur ungern ziehen und nimmt die imaginären Blumen, welche er zuwirft, gerne mit auf den Heimweg.