Bonndorf/St. Blasien – Felix Schüle, einer der 60 Wahlhelfer der Stadt Bonndorf, kontrolliert am Sonntag Punkt 18¦Uhr ein letztes Mal den Briefkasten des Bonndorfer Rathauses. Er ist leer. Doch da taucht buchstäblich in letzter Sekunde noch eine Briefwählerin vor der Rathaustür auf. „Ich wollte meinen Stimmzettel abgeben“, sagt die Frau, „geht das noch?“ Schüle wirft einen strengen Blick auf die Uhr. „Geht noch“, entscheidet er, „genau 18 Uhr.“
Dieser Last-Minute-Stimmzettel war einer von 4840 insgesamt möglichen in Bonndorf. Gewählt haben tatsächlich 3937 Bürger. Die Wahlbeteiligung liegt damit bei 81,3 Prozent. Das Ergebnis: Die CDU erreicht in Bonndorf 34,9 Prozent gegenüber 24,5 im Jahr 2021. Die SPD stürzt ab von einst 24 Prozent auf 13,4. Die Grünen erreichen 10,2 Prozent nach 14,4 im Jahr 2021. Die AfD kann ihr Ergebnis auf 22,3 Prozent mehr als verdoppeln. Die Linke verbessert sich auf 4,6 Prozent, das BSW wählten in Bonndorf 4,9 Prozent.
Lokalpolitiker kommentierten die Wahl auf Anfrage dieser Zeitung. „Der Politikwechsel ist gewollt“, liest Ingo Bauer, Fraktionschef der CDU im Bonndorfer Gemeinderat, aus dem Bundesergebnis heraus. Dennoch sei das Ergebnis für die Christdemokraten insgesamt enttäuschend. Wählerpotenziale habe die Partei insbesondere an die AfD verloren. Die CDU müsse weiter nach rechts rücken, um sich Wähler zurückzuholen, glaubt Bauer. „Das Wichtigste ist, dass die AfD nicht stärkste Partei wurde“, lautet der Kommentar von Tilman Frank, Co-Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Bonndorf. Er setzt jetzt darauf, dass ein Zweckbündnis zwischen CDU und SPD möglich ist. Für die SPD sei das Ergebnis ein Schuss vor den Bug, obwohl die Partei es gar nicht schlecht gemacht habe, einschließlich Bundeskanzler Olaf Scholz. Als verheerend bezeichnet Frank aber das Bonndorfer Ergebnis. Sorge bereitet ihm das Erstarken der in Teilen rechtsextremen AfD, die in Bonndorf noch besser abschnitt als bundesweit.
Glimpflich seien die Grünen davongekommen, sagt Werner Intlekofer, der für die Partei im Bonndorfer Gemeinderat sitzt. „Es war absehbar, dass die Regierungsparteien unter Druck geraten würden.“ Robert Habeck trage daran keine Schuld, findet Intlekofer. Er hadert mit dem Zuwachs der AfD in Bonndorf und führt das auf Ängste vor dem wirtschaftlichen Abstieg zurück. In St. Blasien holt die CDU mit 33,9 Prozent die meisten Stimmen und verbessert ihr Ergebnis im Vergleich zu 2021 um 3,7 Prozent. Leichte Verluste (minus 1,4) muss die AfD (20,9) als zweitstärkste Kraft hinnehmen, während die SPD (14,1) mehr als acht Punkte gegenüber 2021 einbüßt. Bündnis 90/Die Grünen (12,0) liegen an vierter Stelle und verlieren etwa 2,5 Prozentpunkte, die FDP (6,3) schließt in St. Blasien im Vergleich zum Bund überdurchschnittlich ab, verliert jedoch etwa die Hälfte ihrer Stimmen aus 2021. Die Linke (4,9) liegt knapp, das BSW (4,0) deutlich unter fünf Prozent.
Florian Girgis, Vorstand der CDU in St. Blasien, spricht von einem guten Abschneiden der Christdemokraten in der Domstadt. „Der Bundestrend ist auch in St. Blasien zu erkennen“, so Girgis. Allerdings habe man sich mehr erhofft: „Mit einer Drei vorn hätte ich schon gerechnet.“ Dass die AfD zudem den zweiten Platz in der Wählergunst belegt, sei erschreckend. Nun sei es Zeit zu liefern: „Wir müssen dringend die Wirtschaft in den Griff bekommen und das Migrationsproblem lösen.“ Wenn das nicht geschehe, sei in vier Jahren mit einem noch besseren Abschneiden der AfD zu rechnen. Stimmen aus Reihen der SPD waren bis Redaktionsschluss nicht zu erhalten. Gemeinderat Christoph von Ascheraden (FW) kommentierte das Abschneiden der AfD als „erhebliche Gefahr“.