Der Zustand der Wälder ist katastrophal. Nicht besser sieht es derzeit auf dem Holzmarkt aus. Die Zeit drängt, Sturm- und Käferholz müssen möglichst schnell aus den Wäldern geholt werden. Allein die Möglichkeiten sind begrenzt. Aus dieser Not heraus wird neuerdings Stammholz direkt im Wald gehackt. Damit will man der exorbitanten Ausbreitung des Borkenkäfers entgegenwirken. Forstexperten erläutern wie sie versuchen, dem Problem Herr zu werden.
Wälder im kritischen Zustand
Der kritische Zustand der Wälder spitzt sich seit Jahren zu. Anhaltende Trockenheit hat großflächigen Borkenkäferbefall zur Folge. Käferbäume müssen schnellstmöglich aus dem Wald entfernt werden, um die weitere rasante Verbreitung der Schädlinge zu verhindern. Zusätzlich richtete Sturmtief „Sabine“ im Februar verheerende Schäden in der Region an. Beides zusammen bewirkt ein Überangebot an Holz. Die Preise sackten in den Keller. Mit der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Schließung von Grenzen sowie Exportmöglichkeiten brach der Holzmarkt vollends zusammen. Doch wohin soll man mit dem vielen Holz?
Thomas Emmerich, Leiter des Forstbezirks Südschwarzwald der Forst BW, schildert auf Nachfrage Maßnahmen, die im Staatswald ergriffen werden. „Wir entrinden einen Teil der Bäume maschinell. Dadurch vertrocknen die Käferlarven. Für entrindetes Holz gibt es allerdings kaum einen Absatz, weil Rinde für die Sägewerke ein wichtiges Produkt ist. Einen weiteren Teil des Holzes exportieren wir nach China, allerdings zu schlechten Preisen. Außerdem werden Holzlager im Wald mit Schädlingsbekämpfungsmitteln behandelt, damit sie bis zum Abtransport nicht vom Borkenkäfer befallen werden.

Die letzte aller Möglichkeiten ist, käferbefallenes Holz vor Ort zu häckseln. Die Käfer werden entweder beim Häckselvorgang oder durch den Gärprozess in den großen Haufen abgetötet. Allenfalls einige wenige überleben in den äußeren Schichten der Haufen“, fasst der Förster zusammen. Die Forstexperten sehen derzeit keine Alternative dazu, die Häckselhaufen im Wald zu belassen. Im Verlauf der nächsten 20 Jahren verrotten sie. Nicht jeder Standort ist dafür geeignet. „Es dürfen keine Biotope oder natürliche Lebensgemeinschaften, etwa Ameisenhaufen, zugeschüttet werden. Zudem muss die umliegende Waldvegetation berücksichtigt werden.“
Wald ist momentan wertlos
Hackschnitzel lassen sich im Augenblick ebenfalls schlecht vermarkten. Joachim Tröndle, Geschäftsführer des Maschinenrings Waldshut, sieht die „Waldbesitzer am Anschlag“ und die „Preise total im Keller“. Gleichwohl hat er kein Verständnis dafür, dass Hackschnitzel im Wald bleiben. „Wir haben zwar Mühe, bringen aber unsere Hackschnitzel noch vermarktet.“ Ihm bereitet jetzt schon ein künftiger Mangel des Rohstoffs Holz Sorge, wenn irgendwann alles Käferholz weg ist. Auch er ist Waldbesitzer und klagt: „Der Wald ist momentan wertlos.“
Die Förster sind freilich nicht glücklich darüber, dass sie Stammholz im Wald häckseln und dort liegen lassen. Es gehört zu einer großen Bandbreite an Maßnahmen, erklärt Thomas Emmerich. „Das Wichtigste ist jetzt, große zusammenhängende Wälder zu erhalten. Leider ist im Moment nicht sicher, ob das gelingt“, verdeutlicht er die extrem kritische Situation des Waldes und der Forstwirtschaft. Der Schutz der Wälder habe Vorrang vor wirtschaftlichen Überlegungen.
Wie düster die aussehen, macht der Forstexperte an Zahlen deutlich. 20 bis 25 Euro Kosten fallen an, bis Stammholz abfuhrbereit an Waldwegen aufgeschichtet ist. Bei den aktuellen Preisen – sofern das Holz überhaupt vermarktet werden kann – ist das kaum kostendeckend. Für Häckseln, Schädlingsbekämpfungsmittel und Lagerplätze entstehen zusätzliche Kosten, die man in der Hoffnung auf eine Erholung des Holzmarktes in Kauf nimmt. Kreisforstamtsleiter Helge von Gilsa spricht gar von einem Paradigmenwechsel in der Forstwirtschaft.
„Die Borkenkäfermassenvermehrung ist im dritten Jahr in Folge kaum zu stoppen und frisst sich zunehmend in die stabil geglaubten höheren Lagen vor. Aber es ist ungeheuerlich und war bisher unvorstellbar, dass wir Holz, das vor kurzem noch ein wertvoller Rohstoff war, entsorgen. Wir blasen Geld in den Wald. Das zeigt, was für ein Dilemma wir gerade erleben.“ Der Südschwarzwald sei von der Landesregierung zum Modellgebiet erklärt und der Landkreis Waldshut aufgefordert worden, neue Wege zu gehen. Aktuell verschärfe akute Waldbrandgefahr die Situation. All das bringe die Förster sowohl technisch, personell als auch mental an die Grenzen.
Stadtförster spricht von Katastrophe
Kritik am Tempo der Aufarbeitung des Sturmholzes weist derweil Förster Rainer Epple zurück. 15.000 Festmeter fielen in seinem Zuständigkeitsbereich Sturm „Sabine“ zum Opfer. Die seien binnen drei Monaten aufgearbeitet worden. Beim Sturm „Lothar“ vor 20 Jahren waren es dagegen „nur“ 13.000 Festmeter. Für deren Aufarbeitung habe man ein ganzes Jahr gebraucht. „Das Häckseln ist die letzte Möglichkeit, die wir ausschöpfen und es ist immer noch besser, als Gift zu spritzen oder das Holz liegen zu lassen“, sagt Epple.
Im Stadtwald konnte man bisher noch auf das Häckseln verzichten. Nicht zuletzt deswegen, weil auch im Gewerbegebiet Breitenfeld ein großes Holzlager eingerichtet wurde. Dort liegt das Holz weit genug vom Wald entfernt, so dass Käferbefall ausgeschlossen werden kann. Stadtförster Steffen Wolf klagt ebenfalls: „Wir erleben gerade eine einzige Katastrophe.“ Und ärgert sich darüber, dass nicht alle mit ihren Holzlagern einen ausreichenden Abstand zum Wald einhalten. Borkenkäfer fliegen bis zu 800 Meter weit und Teile des Stadtwaldes seien durch zu nahe liegende Lager gefährdet.