Bonndorf – Bei der Bonndorfer Bürgermeisterwahl gibt es einen Wechsel an der Rathausspitze nach 29 Jahren mit Michael Scharf. Pandemiebedingt fand der Wahlkampf der fünf Kandidaten unter erschwerten Bedingungen statt, die öffentliche Kandidatenvorstellung gab es im Livestream mit mehr als 1000 Zuschauern.

Hans Grabow (53)

  • Stadtentwicklung/Wirtschaft: Innenstadtbelebung durch Arbeitsplätze in Start-Up- und Pop-Up-Unternehmen, Ansiedlung der IT-Branche sowie Dienstleistungsgewerbe. Die Nutzungsplanung des Studer-Areals getrennt von der Entwicklungsfrage des Einzelhandels bewertet wissen, beides sei jedoch eng verknüpft in der Gesamtfrage der kommunalen Entwicklung.
Hans Grabow
Hans Grabow | Bild: privat
  • Tourismus/Freizeit/Vereine: Bonndorf leide unter rückläufigen Tourismuszahlen, was dem Einzelhandel in 20 Jahren ein Umsatzdefizit von rund 32 Prozent beschert habe. Er plädiert für den Beitritt Bonndorfs in die Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG). Die Schaffung von Sport- und Freizeitangeboten soll Gäste locken, das Angebot für Familien soll attraktiver werden. Das Freibad möchte er regelkonform 2021 öffnen. Vereine fördern durch eine gemeinsame Internetplattform.
Das könnte Sie auch interessieren
  • Senioren: Für St. Laurentius sieht er einen zweistelligen Millionen-Investitionsbedarf im nächsten Jahrzehnt, um die gesetzlichen Standards erfüllen zu können. Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland durch Au-pair-Stellen.
Das könnte Sie auch interessieren
  • Bildung/Jugend/Familie: Nachholbedarf bei der Kleinkindbetreuung durch flexible, an Familien ausgerichtete Lösungen. Für die Jugend Bereiche schaffen und Vertretung im Gemeinderat. Das Bildungszentrum (BZB) sei gut aufgestellt, er spricht sich für den Erhalt der beiden Ortsteilstandorte der Grundschule aus. Durch eine Großküche könnten BZB und St. Laurentius versorgt werden. Unternehmen geben den Rahmen vor, um Fachkräfte anzuwerben, die Stadt müsse ihres beitragen.
Das könnte Sie auch interessieren
  • Verkehr: Verkehrsberuhigungskonzept notwendig. Die zentrale Bushaltestelle als Baustein, Individualverkehr zu minimieren. Die B 315 (Martinstraße)-Entwicklung liege nicht in der Entscheidungshoheit der Stadt.
  • Vision der nächsten acht Jahre: Kommunalen Investitionsstau aufheben, die Schwarze Haushalts-Null sei kein Dogma. Er könne sich hohe Investitionen vorstellen.

Alexandra Ruf (30)

  • Stadtentwicklung/Wirtschaft: Unterstützung des Handels- und Gewerbevereins (HGV) durch die Stadt auf digitaler Ebene. Leerstände sollen kurz gehalten werden, sie werde sich als Vermittlerin für neue Nutzungsmöglichkeiten stark machen. Attraktive innerstädtische Rahmenbedingung zur Weiterentwicklung des Einzelhandels. Für das Studer-Areal gebe es einen Gemeinderatsbeschluss. Für Bürgerbeteiligung will sie sich stark machen, die Bedenkenträger und Befürworter der Planung ernst nimmt – komplette Transparenz. Sie ist für die Ansiedlung von Lebensmittelmärkten.
Alexandra Ruf
Alexandra Ruf | Bild: privat
  • Tourismus/Freizeit/Vereine: Sie sieht in einem HTG-Beitritt keine Zukunftsperspektiven – Bonndorf hätte dort kaum Gewicht. Sie setze auf modernes, kommunales Marketing. Die Wutachschlucht sei als Tourismusziel an der Grenze angelangt, auf der Gemarkung selbst gebe es attraktive Angebote wie die Tour de Bonndorf. Die Drei-Welten-Karte sei auch von Einheimischen nutzbar. Das Freibad werde 2021 öffnen, coronakonform. Zur Attraktivitätssteigerung kann sie sich für die Jugend eine Grill- und Chillecke vorstellen, einen Bereich zum Fußball- und Volleyballspiel. Die bislang sehr gute Vereinsförderung möchte sie beibehalten.
Das könnte Sie auch interessieren
  • Senioren: Die Personalgewinnung sei auch im Pflegeheim St. Laurentius ein wichtiges Thema. Sie stellt sich vor, durch soziale Projekte Mitmenschen auf die Senioren aufmerksam zu machen und zum Mithelfen zu animieren.
Das könnte Sie auch interessieren
  • Bildung/Jugend/Familie: Die Kleinkindbetreuung soll in der Gesamtstadt gesichert bleiben. Auch die Jugend soll ein attraktiveres Umfeld vorfinden. Das BZB-Niveau sei hoch, wünschenswert sei allerdings die Einrichtung einer Sekundarstufe II.
  • Verkehr: Um den Verkehrslärm zu reduzieren, setzt sie auf moderne Technik wie E-Motoren. Sie stellt sich Fahrradstationen am Rathaus und am Seniorenwohnheim vor. Weitere Tempo-30-Bereiche hält sie für nicht zielführend. Die zentrale Bushaltestelle leiste ihren Beitrag, Verkehr zu minimieren, Sicherheit für Schüler zu schaffen, Touristen und Bonndorfern ein attraktives Angebot zu bieten. Fahrradwege zwischen der Kernstadt und den Ortsteilen gebe es ausreichend, diese müssten nur genutzt werden.
  • Vision der nächsten acht Jahre: Alexandra Ruf setzt auf ein lebenswertes Bonndorf ohne kommunale Haushaltsschulden. Gemeinderat und Verwaltung werden die Finanzierung des Haushalts und Zuschussabfragen sicherstellen. Ihre Lebensplanung sei der Position als Bürgermeisterin unterworfen. Sie werde Entscheidung selbst treffen, auf keinen Fall Rat bei Michael Scharf suchen.

Jochen Schäuble (53)

  • Stadtentwicklung/Wirtschaft: Er setzt auf ein Einzelhandelskonzept mit Bestandsaufnahme und Zielsetzung, an dem alle Betroffenen in einem „Aktionsbündnis Attraktives Bonndorf“ mitarbeiten sollen. Auf dem Studer-Areal sehe er die Chance, ein konzipiertes städtisches Quartier zusammen mit der Bevölkerung zu entwickeln, das mit einer passenden Verkehrsanbindung am Germania-Eck an die Innenstadt angebunden werden sollte. Das Quartier sollte gastronomischen und gesundheitlichen Ansprüchen ebenso gerecht werden wie Handel, Direktvermarktern und Wohnansprüchen. Gedanklich einzubeziehen sei eine Verlegung der Feuerwehrzentrale samt DRK, für die er mehrere Millionen Euro an Investitionen rechnet. Auf Wirtschaft und Fachkräfte habe die Stadt nur geringen direkten Einfluss, könne jedoch attraktive Rahmenbedingungen schaffen – Wohnraum, günstige Grundstückspreise, Bildungsstandort, günstige Steuerhebesätze. Das Bürgermeistervotum sei aber nur eine Stimme im Gemeinderat.
Jochen Schäuble
Jochen Schäuble | Bild: privat
  • Tourismus/Freizeit/Vereine: Ein HTG-Beitritt sei zu überlegen. Allerdings seien eine Grundinvestition von rund 200.000 Euro sowie laufende Kosten zu berücksichtigen. Alternativ sei eine kommunale Selbstvermarktung durch Marketingprofis. Dies sei einer Kosten-Nutzen-Analyse für Gastronomie und Übernachtungsbranche zu unterziehen. Die Öffnung des Schwimmbads hält er – coronakonform – für machbar. Eine Steigerung der Attraktivität des Bades sei nur durch erhebliche Investitionen möglich.
Das könnte Sie auch interessieren
  • Bildung/Jugend/Familie: Erweiterte Kleinkindbetreuung mit flexibleren Zeiten je nach Familienwunsch hält er für möglich. Dies sei zwar personal- und raumintensiv, erhöhe jedoch die städtische Attraktivität. BZB und Schulsozialarbeit seien gut aufgestellt, Bonndorf sollte sich als Wohnort für Lehrer attraktiver machen. Für die Jugend möchte er einen Jugendbeauftragten, aber auch direkte Ansprechpartner unter den Jugendlichen etablieren. Für die Altersgruppe zwölf bis 20 Jahre müsse mehr getan werden, beispielsweise ein eigener Raum geschaffen werden.

Thomas Reich (44)

  • Stadtentwicklung/Wirtschaft: Ein Digitales Schaufenster des Einzelhandels schwebt ihm zur Einkaufsbelebung vor. Kunden könnten sich gezielt am PC Waren aussuchen und in Bonndorf kaufen. Alternativen für die Nutzung des Studer-Areals sieht er in einer Verknüpfung der Discounteransiedlung mit aufgestocktem sozialen Wohnungsbau. Die Innenstadtentwicklung und das Studer-Areal könnten städtebauplanerisch zusammengeführt werden.
Thomas Reich
Thomas Reich | Bild: privat
  • Tourismus/Freizeit/Vereine: Fachleute sollten ein Konzept eines Bonndorfer Wander- und Radwegenetzes entwickeln. Die Tourismusentwicklung hänge an den Einkaufsmöglichkeiten und der Mehrwertfrage, den Urlaub in Bonndorf zu verbringen. Er ziehe einen HTG-Beitritt erst in Erwägung, wenn Bonndorf den Nachholbedarf aufgeholt habe. Einen Mountainbike-Trail hält er für eine gute Sache. In der Vereinsförderung setzt er auf Gespräche mit den Vereinen. Das Schwimmbad sollte öffnen.
Das könnte Sie auch interessieren
  • Senioren: Grundsätzlich sei die Gewinnung von Fachkräften durch unternehmerische Leitfäden bestimmt. Im Bereich der Pflege seien Jobs eher unterbezahlt. Um dies auszugleichen, stellt er sich finanzielle Unterstützung durch eine bürgergestützte Stiftung vor, 600.000 Euro jährlich seien dabei als Einnahmen denkbar.
  • Betreuung und Bildung sind für ihn elementar. Finanzielle Unterstützung könnte durch eine Stiftung erfolgen. Jugendarbeit durch qualifiziertes Personal sei eine Finanzierungsfrage.
  • Verkehr: Tempo-30-Bereiche für die Innenstadt seien wünschenswert. Zwar gehöre eine zentrale Bushaltestelle nicht in ein Wohngebiet, mache für den Personen-Nahverkehr und die Schülerbeförderung jedoch durchaus Sinn.
  • Vision der nächsten acht Jahre: Thomas Reich hofft, als Bürgermeister das Miteinander in der Stadt zu stärken.

Marlon Jost (56)

  • Stadtentwicklung/Wirtschaft: In der Nutzungsfrage des Studer-Areals möchte er das Bebauungsplanverfahren stoppen und erst aktivieren, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen und die Bevölkerung an der Entscheidungsfindung beteiligt war. Er sei grundsätzlich für eine flächendeckende Versorgung und kurze Wege in der Stadt. Beleben möchte er die Innenstadt durch Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie und kulturelle Angebote. Basis für Gewerbe seien Gewerbegebiete. Dies ziehe wiederum Fachkräfte in die Stadt.
Marlon Jost
Marlon Jost | Bild: privat
  • Tourismus/Freizeit/Vereine: Bonndorf müsse ganzheitlich gedacht werden. Vereine, Kultur, Einzelhandel, Gewerbe legten den Grundstein für ein lebenswertes Umfeld. Dorthin ziehe es auch Touristen. Für eine verordnungskonforme Öffnung des Freibads wolle er alles tun. Er könne sich im Bad einen Spaß-Bereich für die Jugend vorstellen.
Das könnte Sie auch interessieren
  • Bildung/Jugend/Familie: Gut aufgestellt sei Bonndorf in der Kinder- und Grundschulbetreuung. Abzufragen sei ein erweiterter Bedarf der Familien. Es gelte, Modelle der zentralen oder dezentralen Krippenbetreuung abzuwägen. Das BZB sei gut ausgestattet, die digitale Struktur wolle er vorantreiben. Familien, Jugendliche und Schulsozialarbeiter sollten über die Möglichkeit einer Hütte sprechen, in der man sich im Freien Jugendangebot treffen kann.
  • Verkehr: Er stellt sich ein Radwegekonzept und die Unterstützung von E-Bikern vor, um Rad- und Fußgänger zu präferieren.

Anmerkung: Zum letzten Themenblock konnten Jochen Schäuble und Marlon Jost nicht Stellung beziehen, da das Zeitkontingent von 15 Minuten ausgeschöpft war.