Bonndorf – Kurz vor Beginn der Sitzung nahm Bürgermeister Marlon Jost sein Handy raus und knipste. Einen solchen Andrang bei einer Ratssitzung hatte er noch nie erlebt, wohl keiner der Anwesenden. Als im Zuschauerbereich gegen 19.30 Uhr bereits jeder verfügbare Quadratzentimeter mit Stühlen voll gestellt war, drängelten noch Gäste in den Saal. Dutzende mussten stehen, einige harrten am Rand des Raums direkt im Rücken der Räte aus. Jost fragte schließlich besorgt nach, ob sich aufgrund der Enge keiner der Ratsdamen und -herren in seiner freien Meinungsfindung beeinträchtigt fühle.

Die Räte stellten sich gegenseitig sowie die Zuschauer auf eine harte Probe. Ununterbrochen diskutierten sie bis 23 Uhr über die anstehenden Investitionen im Bonndorfer Haushalt. Erst nach rund dreieinhalb Stunden war auch der letzte Punkt auf der langen Liste der insgesamt 73 Projekte abgehakt, die entweder die Verwaltung oder eine der Fraktionen eingebracht hatte. Mit dem Ergebnis war Kämmerer Nikolaus Riesterer nur halb zufrieden. Die Voten der Räte bedeuteten am Ende, dass Bonndorf auf Investitionen von 3,6 Millionen Euro zusteuert. Die Stadt muss wohl zum ersten Mal seit 2015 einen Kredit aufnehmen. „Hab‘ ich selbst noch nie gemacht“, berichtete der Kämmerer.

Doch das Budget der Stadt gibt in diesem Jahr nur rund 2,2 Millionen Euro für Investitionen her. Schon dazu muss der Kämmerer zwei Millionen Euro aus dem Sparschwein fischen und auf Rücklagen zugreifen. Gebeutelt hat den Haushalt, dass Bonndorf um rund 927.000 Euro geringere Schlüsselzuweisungen erhält, dass die Finanzausgleichsumlage deutlich sinkt und rund 1,2 Millionen Euro mehr als Umlage an den Kreis zu zahlen sind. Am gravierendsten aber schlägt die Konjunktur zu. Auf nur noch 6,3 Millionen Euro schätzt der Kämmerer in diesem Jahr die Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Im vergangenen Jahr waren es noch fast zehn Millionen Euro.

Das alles gab der Kämmerer den Gemeinderäten mit auf den Weg, bevor diese in die Diskussion über die 73 Anmeldungen einstiegen. Einige der größten Vorhaben waren unstrittig. Größter Batzen im 2025-er Haushalt wird die Erschließung des Gewerbegebietes Breitenfeld IV sein, wofür einhellig 1,2 Millionen Euro frei gemacht wurden. Alle Fraktionen waren sich einig, dass für die Sanierung des Bonndorfer Schlosses weitere 250.000 Euro locker gemacht werden müssen. Die erste Tranche für zwei zu bestellende Feuerwehrautos in Höhe von 270.000 Euro ging ebenso glatt durch wie ein Zuschuss über 100.000 Euro an den SV Gündelwangen zum Kunstrasenplatz mit Flutlichtanlage sowie der Neubau einer Fällmittelanlage in der Kläranlage für 240.000 Euro.

Ohne Streit stimmten die Räte der Sanierung der Friedhofsmauer in Boll zu. Und ohne weitere Debatte wird in zahlreiche Kindergärten investiert. So bekommt zum Beispiel der Kindergarten Wunderfitz Garderobe, Fassade und Hochwasserschutz, in der Martinstraße und im Meisenweg wird in den Brandschutz Geld gesteckt, zwei Kindergärten winken neue Sonnensegel und der Waldkindergarten erhält einen Geräteschuppen.

Der Kindergarten in Gündelwangen stellte eines der Projekte mit größerem Diskussionsbedarf dar. Er wird jetzt für 250.000 Euro erweitert, wie Gündelwanger Eltern das bereits in einer früheren Gemeinderatssitzung gefordert hatten. Ganz unwidersprochen blieb das nicht. Sophia Malich (SPD) wies darauf hin, dass die Erweiterung in Gündelwangen die grundsätzlichen Probleme nicht löse und nur wenig effizient sei. Bürgermeister Marlon Jost signalisierte Zustimmung, Martha Weishaar (CDU) hielt dagegen: „Eltern müssen die Möglichkeit haben, alle Kinder in denselben Kindergarten zu bringen“, forderte sie.

Doch nicht nur große Beträge diskutierten die Gemeinderäte leidenschaftlich. Ebenso engagiert behandelten sie etwa Für und Wider der Frage, ob die Bonndorfer Guggemusik einen Zuschuss über 4000 Euro für einen Anhänger zum Transportieren der Instrumente bekommen soll. Die Guggemusik habe die Stadt stets unterstützt, argumentierte Ingo Bauer (CDU). Möglicherweise würden jetzt alle Vereine einen ähnlichen Zuschuss fordern, warnte – vergeblich – Sophia Malich.

Während die SPD mit einigen Vorschlägen bei den anderen Fraktionen auflief, wie etwa damit, 2,5 Millionen Euro in Regenüberlaufbecken in Wellendingen und Wittlekofen zu stecken, konnten sich die Sozialdemokraten mit einer anderen Idee durchsetzen: Die Stadt Bonndorf zahlt jetzt einen Betrag von 15.000 Euro, um samstags und sonntags nach 20 Uhr Busverbindungen von und nach Neustadt zu realisieren. Bisher enden Fahrten spätestens in Lenzkirch. Der Betrag reicht, um eine einjährige Testphase in beide Richtungen zu finanzieren. Für Kämmerer Nikolaus Riesterer blieb gegen 23¦Uhr festzustellen, dass die notwendige Kreditaufnahme nach all den Entscheidungen voraussichtlich 1,469 Millionen Euro betragen wird.