Bonndorf – Mit einem Trillerpfeifenkonzert, Bannern und Plakaten haben Gegner der Klärschlammverbrennung samt Phosphorrückgewinnung Stimmung gegen die geplante Komphos-Anlage in Bonndorf gemacht. In der jüngsten Gemeinderatssitzung kam es zum Eklat. Mit Aussagen wie „Vetterleswirtschaft wie in der großen Politik“ und „Schämt Euch“ quittierten einige der rund 30 Gegner die Aufforderung von Bürgermeister Marlon Jost an Anlagen-Projektierer Bernhard Stulz, als Sachverständiger zum Thema Standort etwas zu sagen. Sie verließen unter Protest die Sitzung.

Aus dem Foyer, in dem sich die Gegner versammelten, hallten noch kurz Pfiffe in den Saal. Bernhard Stulz äußerte auf die Redeaufforderung des Bürgermeisters hin, dass er keine Einschränkung zur Standorttauglichkeit des Ehrenbachtals für die Anlage sehe. Er schnitt unaufgefordert das Thema PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) an. Diese chemischen Verbindungen, die im Zuge der Schlammverbrennung entstehen, werden bei den Anlagengegnern kritisch gesehen.

Michael Wagenknecht, Sprecher der Bürgerinitiative zu Erhaltung und Schutz des Ehrenbachtals (BI) Bonndorf, intervenierte sofort, als Bernhard Stulz vom Bürgermeister als Sachverständiger aufgerufen worden war. Der BI-Sprecher forderte ebenfalls Rederecht, das ihm der Bürgermeister allerdings verwehrte. Michael Wagenknecht kündigte später im Gespräch mit dieser Zeitung an, dass er dieses Vorgehen des Bürgermeisters rechtlich prüfen lassen werde. Seiner Meinung nach könnte der Gemeinderat durch die Ausführungen von Bernhard Stulz in der Entscheidung zur Billigung des Bebauungsplanentwurfs beeinflusst worden sein.

Mit Plakaten und Bannern hatten BI-Mitglieder bereits vor der Sitzung vor der Stadthalle und im Foyer auf ihren Unwillen aufmerksam gemacht: Gemeinderäten und Sitzungsbesuchern wurden Infozettel in die Hände gedrückt, auf denen über potenzielle Gefahren der Klärschlammverbrennung samt Phosphorrückgewinnung informiert wurde.

Ralf Haug, Sachbearbeiter des Freiburger Stadtplanungsunternehmens FSP, informierte das Gremium über die umfangreich eingegangenen Stellungnahmen und deren Berücksichtigung im Bebauungsplanentwurf. Der Gemeinderat stimmte dem Planentwurf und einer Beschlussempfehlung an die Verwaltungsgemeinschaft Bonndorf-Wutach zur Änderung des Flächennutzungsplans mehrheitlich bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen zu.

Stadtrat Ingo Bauer (CDU) lobte den eingeschlagenen Weg des zweistufigen Regelverfahrens. In einer zweiten Offenlage der Unterlagen bestehe nun die Möglichkeit, dass die Bevölkerung und die Träger öffentliche Belange sich nochmals beteiligen. Damit könne eine bessere Akzeptanz einer solchen Anlage erreicht werden. Das PFAS-Thema werde das Gremium wohl auch künftig beschäftigen, mutmaßte er.

Marika Kessler (Bürgerliste) betonte, dass der Gemeinderat sich bei dem komplexen Thema Klärschlammverwertung auf Expertisen der Gutachten verlassen müsse. Und Martha Weishaar (CDU) fügte an: „Die Anlage wäre ein Beitrag zum ressourcenschonenden Wirtschaften.“ Weiterhin skeptisch sieht Werner Intlekofer (Grüne) die Standortwahl im Ehrenbachtal, obgleich er sich grundsätzlich für eine Kreislaufwirtschaft aussprach.

Die Stadtverwaltung Stühlingen werde sich in den nächsten Wochen in die 2500 Gutachtenseiten einlesen und eine Stellungnahme zu dem Projekt abgeben, bestätigte Bürgermeister Joachim Burger auf Anfrage dieser Zeitung. Falls es aus Verwaltungssicht neue Erkenntnisse gibt, werden diese laut Burger in das Verfahren eingebracht. Die Verwaltung werde sich mit Wangens Ortsvorsteher Michael Wagenknecht abstimmen. In der nächsten Stühlinger Gemeinderatssitzung am Montag, 27.¦Januar, werde er das Gremium über Inhalte der Bonndorfer Sitzung informieren. Nicht ausschließen wollte Joachim Burger eine thematische Ortschaftsratssitzung in Wangen.