Bonndorf – Er ist ein fröhlicher Mensch, das wird im Gespräch mit dem neuen Narrenvater der Pflumeschlucker im Zunfthäusle schnell klar. Ungefähr jedem zweiten seiner Sätze lässt Marco Johner am großen Tisch im Saal ein lautes Lachen folgen.
Verwurzelt, bodenständig, ein Familienmensch, so beschreibt er sich. Außenstehende könnten sagen: Der hat sich selbst verwirklicht. Seit 2018 ist er mit seiner Frau Verena verheiratet, gerade wurde er zum zweiten Mal Vater einer kleinen Tochter. Seine Heimat Bonndorf hat er im Grunde nie verlassen. Selbst als er in Freiburg studierte, habe er gependelt – schon weil er in der katholischen Kirchengemeinde Jugendgruppen leitete. „Diese ehrenamtliche Arbeit war im Nachhinein wichtiger als manche Studieninhalte“, findet er.
Sieben Kinder waren sie zu Hause, Marco der Älteste. Sein Vater starb, als er neun Jahre alt war. Sich um die jüngeren Geschwister zu kümmern bedeutete, Pflichtgefühl zu entwickeln, Verantwortung zu übernehmen. „Das hat ganz sicher meinen Weg bestimmt“, ist sich der neue Narrenvater sicher. Seit Mitte 2023 leitet der Grund- und Hauptschullehrer für Sport und Religion die Grundschule in Ewattingen und fühlt sich pudelwohl. Die Bedingungen seien optimal, die Eltern engagiert, die Schüler wissbegierig. „So stellt man sich den Lehrerberuf vor“, sagt Johner, natürlich lacht er da wieder laut.
Und die Hobbys? Fußball und Volleyball erwartet man ja bei einem Sportlehrer. Dass er aber gern auf seiner alten Kawasaki GRZ 500 oder der neueren Yamaha FZ 1000, einer Rennmaschine, durch Schwarzwaldschluchten düst, das würde man vom Herrn Rektor nicht unbedingt erwarten. Und dann ist da die Musik. Er besuche ja gern Festivals, sagt er vorsichtig. Johner ist derzeit noch Vorsitzender des Pfarrgemeinderats, da denkt man an Kirchenorgeln. Bei näherer Nachfrage lässt Johner dann aber einen ganz anderen Begriff knallen: „Wacken!“ Bei diesem jährlichen Heavy-Metal-Festival in Norddeutschland ist er stets dabei, wenn seine Zeit es zulässt. Er liebt die US-Band Metallica und gerät bei AC/DC ins Schwärmen, nicht direkt dem Heavy Metal zuzuordnen, aber ebenfalls laut. Aber wie passt das in den Pfarrgemeinderat? Da winkt Johner nur ab, das sei kein Widerspruch, problematische Leute gebe es in jedem Musikgenre und beim Festival in Wacken am Sonntag sogar einen Gottesdienst.
Und wie wird man mit 40 Jahren Narrenvater der Pflumeschlucker? „Das war wie bei dem Job als Rektor in Wutach“, sagt Johner. „Ich musste meinen Namen nicht ins Spiel bringen. Ich wurde gefragt.“ Seine frühesten Kindheitserinnerungen handeln von der Narretei. Schon mit drei Jahren sei er beim Gumpen dabei gewesen. Mitglied der Pflumeschlucker wurde er mit 18. Und 2009, noch während des Studiums, holten sie ihn in den Narrenrat, als den damals mit Abstand Jüngsten im Gremium. Seither zeichnete er meist verantwortlich für die Theaterstücke zum 11.11. und für das Bühnenspiel am Fastnachtsmontag. Dass es jedes Jahr in Bonndorf einen Narrengottesdienst gibt, hat Marco Johner initiiert, ganz im Einklang mit seiner närrischen Weltanschauung. Nichts habe die Fasnet mit heidnischen Bräuchen zu tun, sagt er ernst. Ganz sicher gehe sie auf christliche Wurzeln zurück: „Vor der Fastenzeit noch schnell die Vorräte aufbrauchen, das war schon immer eine sinnvolle Sache.“ Der Gedanke, dass das auch etwas mit nachhaltigem Leben zu tun haben könnte, ist dem Pflumeschlucker-Chef ebenfalls nicht fremd.
Viele Veränderungen seien mit ihm nicht zu befürchten, sagt Johner: „Dieses Amt ist doch kein Selbstverwirklichungsding.“ Aber man müsse sich entwickeln, junge Leute hätten eine andere Art zu feiern. Nachgehakt: Wann wird erstmals eine Frau in den Narrenrat aufgenommen? „Das ist etwas, worüber wir in Zukunft nachdenken müssen“, sagt der neue Zunftmeister, er selbst sei da offen. Aber auch viele Frauen seien gegen Veränderungen. Was kommt also eher, Herr Johner, eine Päpstin in Rom oder eine Frau im Narrenrat der Pflumeschlucker? Da muss der Narrenvater wieder laut lachen: „Ich vermute, da werden wir etwas schneller sein.“ Doch sieht Johner die Geschlechterdebatte nicht als drängendes Problem. Wichtiger ist dem neuen Zunftmeister das Werben um den Nachwuchs, eine Sache, der er sich schon lange widmet. Früher sei das einfach gewesen, jede Familie habe Kontakt zur Narretei gehabt. Heute müssen man mehr tun, da nicht mehr jeder Bonndorfer dort geboren sei. Die Traditionen zu erhalten, das sei ihm eine Herzensangelegenheit.
Von seinen künftigen Pflichten spricht Johner respektvoll: „Da kommt ganz schön was zusammen.“ Ihm sei klar, worauf er sich eingelassen habe. Er zählt auf die Unterstützung aus dem Narrenrat und freut sich auf die Aufgaben. Dem Bürgermeister etwa den Rathausschlüssel abzunehmen, das werde ihm eine besondere Ehre sein.