Juliane Kühnemund

Bei einem Pressegespräch mit den Bürgermeisterstellvertretern und Verwaltungsmitarbeitern gab Rathauschef Miachael Scharf bekannt, dass er zum 30. Juni 2021 aus dem Amt ausscheiden wird. Das heißt: Im Frühjahr des nächsten Jahres werden die Bonndorferinnen und Bonndorfer einen neuen Bürgermeister wählen.

„Sie wissen, dass mir dieses Amt immer noch viel Freude bereitet“, sagte Michael Scharf, der seit 28 Jahren Bürgermeister von Bonndorf ist. Jetzt sei aber endgültig die Zeit gekommen, sich mehr der Familie zu widmen. Eigentlich hatte der Bonndorfer Bürgermeister vorgehabt, schon zum 30. Juni dieses Jahres den Chefsessel im Rathaus zu räumen.

Ein Wahltermin stand fest, die Bewerbungsfrist für Kandidaten war angelaufen und dann kam Corona und der Lockdown. Niemand wusste, ob überhaupt eine Wahl stattfinden kann, niemand hatte Erfahrungswerte im Umgang mit der Pandemie, erläuterte Michael Scharf. Insofern habe er sich dazu entschlossen, seine Pläne nochmals auf Eis zu legen und den Antrag auf Zurruhesetzung zurückzuziehen. Scharf wollte die Stadt in der Krise nicht im Stich lassen.

Das könnte Sie auch interessieren

Obwohl aktuell die Corona-Pandemie wieder voll einschlägt, will Michael Scharf seine Ruhestandsabsichten jetzt aber umsetzen. Von der ersten Ankündigung bis zum Aufhören sollten nicht mehr als 1,5 Jahre vergehen, meinte er. Schließlich sollen alle städtischen Mitarbeiter und auch die Bonndorf Bürgerinnen und Bürger Sicherheit haben.

„Wir wissen jetzt mit dieser Pandemie umzugehen“, meinte der Bürgermeister und fügte an, dass auch die Aussicht auf eine Impfung im nächsten Jahr den nun gewählten Zeitpunkt bekräftige. Außerdem ist Scharf davon überzeugt, dass im nächsten Jahr geeignete Bewerber zu Wahl stehen werden. „Ich liebe das Amt, das ich innehabe, aber am 30. Juni 2021 ist Schluss.“

Bürgermeisterstellvertreter Ingo Bauer (CDU) räumte ein, dass er die Entscheidung von Michael Scharf mit gemischten Gefühlen aufgenommen habe. Zum einen stimme es ihn traurig, dass Scharf seine vierte Amtsperiode frühzeitig abbreche, zum anderen könne er es aber auch problemlos akzeptieren, dass Scharf nun seiner Familie oberste Priorität einräumen möchte.

„Da kann man nur den Hut ziehen“, sagte Ingo Bauer. Respekt zollte er dem Bürgermeister auch dafür, dass er bereit war, die Stadt mit all seinem Wissen und seiner Erfahrung durch die Pandemiekrise zu führen. „Er blieb als Kapitän an Bord und hat seine persönlichen Wünsche hinten an gestellt“, sagte der Stadtrat.

Zuversichtlich stimme ihn, dass die Verwaltung sehr gut aufgestellt ist und man Zeit habe, geeignete Kandidaten für das Bürgermeisteramt zu finden. „Persönlich schmeckt‘s mit zwar immer noch nicht, wir sollten aber positiv in die Zukunft gehen“, meinte der CDU-Stadtrat abschließend.

Ingo Bauer
Ingo Bauer | Bild: Juliane Kühnemund

Bürgermeisterstellvertreter Gernot Geng (Bürgerliste) blickte zunächst ein Jahr zurück, als Michael Scharf kurz vor Weihnachten seinen Rücktrittswunsch bekanntgegeben hatte. „Wir waren alle geschockt und konnten es zunächst nicht glauben“, so Geng.

Als die Nachricht gesackt war, habe man Pläne für die anstehende Bürgermeisterwahl und die Verabschiedung von Michael Scharf aufgestellt. Dass sich außer eines nicht ernst zu nehmenden Dauerbewerbers kein Kandidat für das Bürgermeisteramt in Bonndorf gemeldet hatte, habe die ganze Sache nicht einfacher gemacht. Als die Corona-Pandemie dann das gesamte gesellschaftliche Leben aus den Angeln hob, habe man Michael Scharf gebeten: „Mach doch noch weiter.“ Schließlich habe niemand gewusst, wohin die Krisenreise geht.

„Und Scharf hat weitergemacht“, lobte Geng den Rücktritt vom Rücktritt. Mittlerweile habe die Verwaltung etwas Routine im Krisenmanagement, „es ist Land in Sicht“, von daher sei Scharfs erneuter Ruhestandsvorstoß zu akzeptieren, fuhr Gernot Geng fort, räumte aber ein, dass auch er gerne noch mit Michael Scharf weitergemacht hätte. Gleichzeitig wagte Geng aber auch einen pragmatischen Blick in die Zukunft. „Jeder ist ersetzbar, wir hoffen auf einen guten Nachfolger, eine gute Nachfolgerin, der/die die Stadt in eine positive Richtung weiterentwickelt.“

Gernot Geng
Gernot Geng | Bild: Juliane Kühnemund

Bürgermeisterstellvertreter Tilman Frank (SPD) bestätigte, dass Scharfs Ruhestandsankündigung vor einem Jahr zu einer Art Schockstarre geführt habe. Erst mit der Zeit habe man sich mit dieser neuen Situation zurechtgefunden, ernüchternd sei dann wiederum die erfolglose Kandidatensuche gewesen. Als dann noch Corona kam, hätten sich die Bürgermeisterstellvertreter zusammengeschlossen und Michael Scharf gebeten, die Stadt durch die Krise zu führen.

„Toll, dass er einfach Ja gesagt und die Stadt nicht im Stich gelassen hat“, sagte der SPD-Stadtrat. Nichtsdestotrotz sei aber klar gewesen, dass Scharfs Rücktritt zwar verschoben aber nicht aufgehoben ist. Man sei jetzt in der Lage, den Rest der Pandemie durchzustehen, das Feld sei gut bestellt, meinte Tilman Frank und fügte an: „Wir können Michael Scharf nach nun fast 30 Jahren als Bürgermeister gehen lassen.“ Mit Blick auf potenzielle Kandidaten stellte Tilman Frank noch klar: „Bonndorf ist eine tolle Stadt mit viel positivem Potenzial.“

Tilman Frank
Tilman Frank | Bild: Stadtverwaltung

Alle drei Bürgermeisterstellvertreter bescheinigten Michael Scharf Weitsicht, Tatkraft und Kampfgeist. Diese Stärken, hätten aber auch zur Folge gehabt, dass die Jahre der Zusammenarbeit nicht immer einfach und harmonisch gewesen seien. Bei allen Auseinandersetzungen habe man aber immer zu einem guten Ende gefunden, meinten die drei langjährigen Stadtvertreter und wünschten sich, dass auch der neue Bürgermeister entsprechende Qualitäten mitbringe.

„Der Chef wird uns fehlen“, sagte Hauptamtsleiter Harald Heini stellvertretend für die Verwaltungsmitarbeiter. Er sei schon so lange mit Michael Scharf zusammen, wie mit seiner Frau, fuhr Heini fort und erinnerte daran, dass Scharf 1992 – kurz nach seiner ersten Wahl zum Bürgermeister – seine Trauung übernommen hatte.

Scharf selber brachte einige emotionale und auch humorvolle Momente seiner Amtszeit in Erinnerung. Selbstkritisch meinte er, dass das Verhältnis zwischen Nähe und Distanz nicht gerade seine Stärke gewesen sei. Aus vielen Weggefährten seien Freunde geworden. Die Frage, ob er keine Angst habe, seine Rücktrittsentscheidung zu bereuen, beantwortete Scharf mit einem klaren Nein. Jetzt widme er sich mit Leib und Seele seiner Familie und der „Krone“. „Ich will meiner Familie jetzt das zurückgeben, was sie mir all die Jahre gegeben hat.“