Wolfgang Scheu

Die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sind sie ja gewohnt, die Fichtels vom Schwarzwaldhof Nicklas in Holzschlag. Und Spargelprofis sind sie auch, man stelle sich nur einmal die Mengen an Spargelstangen vor, die Alfred in seinen 48 Jahren als Koch schon geschält und zubereitet hat. Neu ist, dass sie sich zur Ernte auf ein Spargelfeld ihres Lieferanten wagten.

Die Ernteleistung fällt unterschiedlich aus bei den freiwilligen Helfern.
Die Ernteleistung fällt unterschiedlich aus bei den freiwilligen Helfern. | Bild: Wolfgang Scheu

Brigitte Fichtel ist es gewohnt, die weißen Stangen zu servieren und vorzulegen. Aber dass ihr Gasthaus einmal geschlossen ist und sie alle ins 70 Kilometer entfernte Bad Krozingen fahren, um die weißen Stangen zu ernten, daran hätten sie nicht im Traum gedacht. Fichtels Lieferant für Spargel ist seit 20 Jahren der Scherer-Hof in Bad Krozingen. Als bekannt wurde, dass die Spargelbauern aus Mangel an Erntehelfern Probleme haben, ihre Ernte einzubringen, zögerten Brigitte und Tochter Ann-Kathrin – sie arbeitet im Hotel „Reppert“ in Hinterzarten – keinen Moment und meldeten sich für einen Probetag beim Lieferanten an. Auch Alfred Fichtel ließ sich nicht bitten.

Abstand halten wichtig

Abstand halten ist wichtig in Zeiten von Corona – sonst fahren Landwirt und Helfer gemeinsam in Kleinbussen vom Hof aufs Feld, diesmal treffen sich Landwirt und Erntehelfer direkt beim Spargelfeld. Die Arbeitsgeräte werden verteilt, Felix Scherer und seine Lebensgefährtin zeigen den Neuen die nötigen Handgriffe. Das lange Spargelmesser mutet wie ein Stecheisen an, es ist gleichzeitig Maß für die gewünschte Länge des Spargels. Die Planen auf den Dämmen werden abgezogen. Die Köpfe der Spargel, die schon aus dem Boden schauen oder kurz davor sind, werden mit der einen Hand vorsichtig freigelegt, die andere führt das Stechmesser fast parallel in die Erde und trennt das Gemüse ab. Eine Bewegung, die geübt werden muss. Stück für Stück, Stange für Stange.

Sortierung beim Spargel

„Oh je, schon wieder ist einer abgebrochen“, stöhnt Brigitte Fichtel. „Kein Problem, das passiert mir auch immer wieder“ beschwichtigt Felix Scherer, der das Malheur eine Reihe weiter mitbekommen. „Diese Stücke werden als Bruch aussortiert und verkauft ...sie schmecken genauso lecker.“ Und er räumt auch mit dem „Fast-Wissen“ so einiger selbsternannter Spargelfachleute auf, die darauf schwören, dass der fingerdicke Spargel am besten schmeckt. Die Sortierung beim Spargel hat nichts mit Qualität oder Geschmack zu tun, es wird lediglich nach Größe und Form unterschieden.

Alfred Fichtel bei der Spargelernte.
Alfred Fichtel bei der Spargelernte. | Bild: Wolfgang Scheu

Der Spargel wird herausgezogen und auf den hohen Damm gelegt. Wenn die Reihe durchgestochen ist, sammeln sie die Spargel ein. Klingt ganz einfach – bis es richtig funktioniert, geht einige Zeit ins Land. Nach ungefähr zwei Stunden ist es an der Zeit, den metallenen Korb zum ersten Mal zur Waage zu bringen. Der Rücken wird wieder etwas entlastet, der Gang entlang der langen Reihe tut gut, auch wenn der gefüllte Metallkorb recht schwer geworden ist.

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Das Ergebnis ist teilweise ernüchternd. Es wurde viel geschwitzt – die Sonne steht schon hoch am Himmel – und dann „nur“ 14 Kilo im Korb. Felix Scherer hat jedoch ernst gemeinte lobende Worte für den Gastronomen. „Respekt – den Alfred könnten wir bald einstellen.“ Der Abstand zwischen Helfern wird eingehalten, jeder hat immer seine Reihe auf dem zwei Hektar großen Feld, das unterschiedliche Arbeitstempo tut sein übriges dazu, damit es am der Waage nicht zum Stau kommt.

Kathrin Fichtel und...
Kathrin Fichtel und... | Bild: Wolfgang Scheu

Und noch eine andere Anfängerin hat die Anfahrt aus dem Hochschwarzwald auf sich genommen. Die rote Haarpracht von Veronika Rudigier leuchtet aus der Ferne. Die Physiotherapeutin kennt man gut von ihrem Einsatz bei den Fußballvereinen zwischen Hinterzarten und Löffingen. Am Ende des Arbeitstages – nach zirka vier Stunden – ist das Feld durchgestochen. Alfred Fichtel mit 36 Kilogramm brachte die zweitgrößte Menge zur Waage. Allen wird die nächste Portion Spargel besser schmecken als je zuvor.

Nicht nur Brigitte Fichtels Messerhand wurde gar von einer aufgeplatzten Blase verziert. Am letzten Tag waren die Bonndorfer wieder auf dem Feld. Und Alfred Fichtel hatte nach vier Stunden nun schon 44 Kilo Spargel zur Waage gebracht.