Dachsberg – Die Veränderung ist die einzige Konstante im Arbeitsalltag der Familie Kaiser in dem zu Dachsberg gehörenden Dorf Hierbach. Vor 45 Jahren entschied sich Eduard Kaiser, damals als Metallarbeiter tätig und nebenberuflich Milchviehhalter, auf Mutterkuhhaltung mit Charolais-Rindern umzusteigen und sich schließlich ganz der Landwirtschaft zu widmen. Damit war eine Lawine losgetreten, eins kam zum anderen.
„Aus heutiger Sicht wäre es vielleicht vernünftiger gewesen, aufzuhören“, sagt Kaiser und hat hauptsächlich die immer rigideren Vorschriften im Hinterkopf, weniger die stets neuen Herausforderungen. Damals, vor 45¦Jahren, stand er vor der Entscheidung umzustellen oder aufzuhören, denn mit der Schichtarbeit in seinem Betrieb war das tägliche Melken nicht vereinbar. „Ein Landwirt vom Wiesental hatte in der Zeit Flächen in Bernau gepachtet, auf denen er Charolais-Rinder hielt, die haben mir gleich gefallen“, verrät Kaiser. Das gab schließlich den Ausschlag, sich für die Umstellung zu entscheiden.
„Damals bin ich für verrückt erklärt worden“, sagt Kaiser schmunzelnd. Oben auf dem Dachsberg und in der Umgebung waren Vorderwälder angesagt, keine „Exoten“ wie seine Charolais-Rinder. Und schließlich musste das von den Tieren gewonnene Fleisch ja auch irgendwie vermarktet werden – die 1993 gegründete Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind, zu deren Gründungsmitgliedern Kaiser gehört, gab es zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht. Er sei eigentlich immer zu früh dran gewesen mit seinen Ideen, sagt Kaiser in der Rückschau.
Die Umstellung auf Bio war für ihn keine große Sache. Er wünsche sich hier allenfalls eine etwas lockerere Handhabung bei der Deklaration der Flächen; das ursprünglich von den Landwirten hier gehandhabte System der Fruchtfolge, das er für ausgesprochen sinnvoll hält, werde durch die aktuellen Vorschriften eher verunmöglicht.
Kaiser nahm also die Vermarktung selbst in die Hand. Zu Beginn ließen sich noch gut ganze Rinderhälften verkaufen. Aber mit der Zeit wurde die Vorratshaltung immer unüblicher. Immer kleinere, ausgesuchte Portionen waren gefragt. Für die Kaisers war die logische Konsequenz, einen Gebäudeteil zum Schlachthaus umzubauen und die restlichen, weniger gefragten Teile ihrer Rinder zu Wurst zu verarbeiten. Das brachte den positiven Nebeneffekt, die Rinder ohne Stress zum Schlachten führen zu können. „Eigentlich sind die Betriebe hier oben auf dem Wald für alles zu klein“, urteilt Kaiser nachdenklich, die Kosten seien immer ungefähr ähnlich hoch, ob man nun zehn bis 15 Stück Vieh habe oder wie er jetzt rund 40, die Kälber eingeschlossen. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft könne man im Grunde nur noch als Hobby ansehen, und für ihn seien diese Bauern bewundernswerte Idealisten. Kaiser selbst hat vor rund 35 Jahren einen neuen Stall gebaut, weil sich herausstellte, dass die hohe Luftfeuchtigkeit im alten Stall für die Kälber nicht gut war.
Mit der Erzeugung der eigenen Wurst kam endgültig auch Kaisers Frau Ingrid ins Spiel. Dass sie mit dem Wagen regelmäßig auf Märkte in der Umgebung fährt, sei eigentlich vom Landwirtschaftsamt ausgegangen, verrät sie. Der BUND habe in Murg einen Markt initiiert, und das Amt habe für diesen Markt Bioanbieter gesucht. Das sei zu Beginn vor etwa 30 Jahren noch ein Renner gewesen, Bioartikel waren zu der Zeit in Supermärkten noch kaum zu finden. Der Markt hatte einmal monatlich begonnen und wurde auf 14-tägig und schließlich auf wöchentlich erweitert. Aber mit der Zeit wurden sowohl Angebot als auch Nachfrage immer weniger, der Wagen aber war nun da. Also bediente Ingrid Kaiser auch den Markt in Laufenburg. Und wieder kam der Zufall zu Hilfe, und sie wurde gefragt, ob sie mit ihrem Fahrzeug auch nach Oberlauchringen kommen könnte.
Der kleine Hofladen, den sie mit wenigen Öffnungsstunden nebenher noch auf der Hinterseite des Hauses betrieb, überdauerte immerhin etwa 20 Jahre. In der Zwischenzeit hatte 2012 die Planung für den Umbau begonnen, und vor rund fünf Jahren konnte der Hofladen dann auf der ausgebauten Vorderseite im Erdgeschoss mit erweiterten Öffnungszeiten einziehen.
Darüber entstand das Bauernhofstüble, für das die Kaisers aktuell die Gaststättenerlaubnis bekommen haben. Zunächst wird das Stüble jeweils am Sonntagmittag geöffnet sein sowie zu bestimmten Terminen und eigens gebuchten privaten Veranstaltungen. Je nach Bedarf helfen die Töchter Bianca, Tanja und Katharina inzwischen ebenfalls mit. Das ist wieder eine neue Herausforderung, die indes bereits durch die Mitwirkung beim Naturpark-Brunch auf dem Bauernhof von der Familie Kaiser getestet und für machbar befunden wurde.