In Grenzach, einst ein Bauern- und Winzerdorf, bestimmten wie in vielen Dörfern Brunnen das ländliche Ortsbild. Man hat sie gern künstlerisch gestaltet, aber vor allem waren sie notwendige Wasserspender für Mensch und Tier, für Feld und Garten. Es gibt den Ochsenbrunnen von 1894, er steht heute vor der Römervilla, den Schlossgassbrunnen von 1840 und den Uhlandbrunnen von 1948. Wie weit die Brunnentradition zurückreicht, ist unklar.
Für einen Grenzacher Brunnen findet sich jedoch in der Dissertation von Erhard Richter ein historischer Hinweis. Seit 1408 bis ins 19. Jahrhundert wird immer wieder im Zusammenhang mit Rebgrundstücken im Bereich Hornfelsen ein „Hornbrinlin“ oder auch „Hornbrünnlein“ erwähnt. Dieser Brunnen war also kein typischer Dorfbrunnen, er lag außerhalb des Dorfkerns, scheint aber eine große Bedeutung gehabt zu haben. Gibt es diesen Brunnen noch? Tatsächlich plätschert spärlich und wenig beachtet am Hornrain ein handwerklich außerordentlich aufwendig gestalteter Brunnen vor sich hin. Schon das Material hebt ihn von den anderen Dorfbrunnen ab. Der hochwertige Buntsandstein der Rückwand könnte vom ehemaligen Steinbruch in Degerfelden stammen, der auch für das Basler Münster Steine geliefert hat. Fachmännisch hat man die sorgsam behauenen Quader zu einem klassischen Gewölbe zusammengefügt.
Sein Wasser dürfte er wohl von einer der typischen Karstquellen am Fuße des Hornfelsens bekommen. In der Steingasse gibt es noch eine derartige Quelle mit einer sehr kräftigen Schüttung. Das „Hornbrünnlein“ scheint ehemals auch sehr ergiebig gewesen zu sein, wie eine Beschwerde von 1816 vermuten lässt, wenn von einem „in der ganzen Landstraße herumseifernden“ Brünnlein die Rede ist.
Warum eine so stattliche Brunnenanlage an dieser Stelle? Dafür spricht die Lage an der bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wichtigen Landstraße nach Basel. Zudem hatte dieses Gebiet für Grenzach eine wirtschaftliche Bedeutung. Da waren in erster Linie die Reben, aber auch die Steinbrüche und Gipsvorkommen. Außerdem ließ sich dort in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Basler Glockengießerei Schnegg nieder. Und dass auf der Hornrainstraße, einst Basler Straße, reger Verkehr herrschte, kann man sich vorstellen, wenn man in Petitionen liest, dass die Grenzacher Wirte vor allem von der Basler Kundschaft profitierten. Auch beim Wunsch nach einem Marktrecht wurde mit der wirtschaftlichen Verbindung zu Basel argumentiert. Und der Wein, die Steine und der Gips wurden auf dieser Straße nach Basel und in den Sundgau transportiert. Ein Brunnen am Wegesrand ergab also Sinn.
Ob es sich bei diesem Brunnen tatsächlich um den bei Erhard Richter erwähnten handelt, kann man nicht mit Sicherheit sagen. Auch nicht, wann er seine heutige Gestalt bekam.