Sandhya Hasswani

Hotzenwald – Die Haltung von Bio-Rindern war in der Vergangenheit nicht immer leicht. Hohe Kosten für Flächen und Futter, und am Ende nur mäßige Bio-Zuschläge fürs Schlachtvieh. Wer nicht direkt vermarkten konnte, musste häufig noch Geld drauflegen. Doch eine Perspektive zeichnet sich mittlerweile beim Bioweiderind ab, dessen Nachfrage die Erzeugergemeinschaft Junges Weiderind (EZG) derzeit kaum decken kann.

Das Potenzial der Bioweiderindvermarktung ist längst noch nicht ausgeschöpft. „Das Angebot bleibt knapp und wir suchen weitere Betriebe, die zu uns passen“, erklärt Michael Schmidt von Schmidt’s Märkte GmbH, einer der größten Abnehmer in der Region für Bioweiderind. Das Handelsunternehmen kooperiert mit der 1993 gegründeten Erzeugergemeinschaft, der aktuell rund 100 Betriebe im Hotzen- und Südschwarzwald angehören. Jährlich sucht das Handelsunternehmen mit eigener Fleischverarbeitung rund 1000 Bio-Ochsen und -Färsen und bietet dafür weit überdurchschnittliche Preise. Für Tiere der Handelsklasse R2 und R3 zahlt es Nettopreise bis zu 5,50 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht und liegt damit rund 35 Prozent über dem konventionellen Rindfleischpreis an den Schlachthöfen.

Hierbei kommt die EZG kaum noch nach. Auf rund 700 Tiere brachten es die Betriebe 2015. Bereits jetzt bestellen Edeka Süd und Schmidt’s Märkte bis zu drei Jahre im Voraus. „Auch mit 200 Tieren im Jahr mehr, wäre die Preisentwicklung noch positiv“, prognostiziert EZG-Geschäftsführer Egon Zimmermann. Die EZG ruft daher weitere Betriebe dazu auf, „als vernünftige Alternative eine Bio-Zertifizierung zu durchlaufen“. Hohes Maß an Potenzial sieht die EZG noch bei den Kleinviehbetrieben auf dem Hotzenwald.

Doch die Umstellung zum Biobetrieb vollzieht sich nicht von heute auf morgen. „Bio muss man wollen. Es ist vor allem eine Kopfsache“, nickt Egon Zimmermann. Die Umstellung dauert 24 Monate. Während dieser Zeit arbeitet der Landwirt zwar nach den Bioweiderind-Richtlinien, doch bis ein Biokalb geboren und herangewachsen ist und als „Bio“ vermarktet werden kann, dauert es. „Diese zweijährige Durststrecke schreckt viele ab“, weiß Egon Zimmermann.

Was bedeutet eine Betriebs-Umstellung zum Bioweiderindhalter? Zunächst stehen vordergründig hohe Kosten an: Beispielsweise müssen für die Zertifizierung als Bioweiderind die Anbinde-Stallungen den Freilaufboxen weichen. Allein für diese Stallumbaumaßnahme fallen mehreren zehntausend Euro an. Auch die Fütterung wird umgestellt: Biorind frisst eben nur bio, doch legt es dabei nicht ganz so schnell zu, wie mit künstlichen Dickmachern. Zudem lebt ein Bioweiderind zwischen 18 und 24 Monate, also deutlich länger, als ein konventionelles Schlachtrind mit maximal acht Monaten in Mutterkuhhaltung. Auch wird auf Heu- und Weideflächen auf chemische Dünger verzichtet. Zudem kosten die jährlich aufzufrischenden Label von Bioweiderind, Total regional und Naturland zusätzlich 1000 Euro.

Martin Bär, Erzeugerberater bei Naturland, empfiehlt seinen Betrieben, am Vermarktungsprogramm teilzunehmen. Dies gelte besonders für kleine Betriebe, die durch die EZG gebündelt werden und dadurch die Chance erhalten, an große Abnehmer zu liefern, was als Direktvermarkter oft nur schwer gelinge. Auch in der langjährigen Lieferverpflichtung im Voraus sieht Martin Bär kein allzu großes Risiko. Im Gegenteil: Mit einem Umsatz von einer Millionen Euro in 2015 befinden sich die Betriebe der EZG deutlich im Aufwärtstrend.

Kontakt: Erzeugergemeinschaft, Egon Zimmermann in Bernau, Telefon: 07755/14 64, oder Naturland-Berater Martin Bär, Telefon 0731/153 27 30. Weitere Infos im Internet:www.junges-weiderind.de

Der Schritt zum Ökobetrieb

Einer, der den Schritt zum Ökobetrieb nicht bereut, ist Peter Gottstein aus Strittmatt. Als 1993 das Bioweiderind in Kooperation mit den Schmidt's Märkten eingeführt wurde, entschloss Gottstein sich dazu, seinen Betrieb umzubauen. In den letzten 25 Jahren fuhr er damit gut. "Man sollte anfangs nicht nur die Kosten sehen. Es fallen ja auch viele Posten weg, beispielsweise für die künstliche Besamung oder für teures künstliches Kraftfutter. Es ist wirklich eine Umstellung der Arbeitsweise", erklärt Peter Gottstein. Seine Rinder fressen jetzt im Winter Silage und Heu. Gerste und Hafer bei der Zufütterung, stammen aus dem hauseigenen Bioanbau. Der Bulle weilt mitten unter seinen Damen.

Teure Tierarztkosten für die Besamung fallen daher weg. Neben einem Außenstall für ihre Bioweiderinder haben die Gottsteins mittlerweile auch den alten Hofstall zu einem Freilaufstall umgebaut. "Es rechnet sich auch im Kleinen. Vor allem ist man mit dem Bioweiderind nicht mehr dem konventionellen Preisdumping an Schlachthöfen ausgesetzt", sagt er. Doch Peter Gottstein sieht das Problem mit der Umstellung noch an anderer Stelle: "Heute sind viele Landwirte, grad jene im Nebenerwerb, so sehr in Beschlag, dass einfach die Zeit fehlt, um sich auch noch über eine Öko-Umstellung Gedanken zu machen, und um sich die Möglichkeit, die Bio einem bietet, einmal durchzurechnen", sagt er. Nach wie vor stelle die Landwirtschaft mit ihrem Arbeitspensum von bis zu 13 Stunden an sieben Tagen die Woche ein aussterbendes Gewerbe dar. Doch das sei ein anderes Thema, erklärt er.