Darf sich die Gemeinde Herrischried mit ihren Grundstücksflächen an einem Flächenpooling im Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach für die Errichtung von Windenergieanlagen beteiligen – über diese Frage werden die Bürger Herrischrieds am 23. Februar, dem Tag der Bundestagswahl, im Rahmen eines Bürgerentscheids abstimmen.

Zahlreich Bürger Herrischrieds unterrichteten sich im Januar auf einer zweiten Informationsveranstaltung der Gemeinde Herrischried in ...
Zahlreich Bürger Herrischrieds unterrichteten sich im Januar auf einer zweiten Informationsveranstaltung der Gemeinde Herrischried in der Rotmooshalle über die Planungen für die Windenergieanlagen. | Bild: Alexander Jaser

Warum kommt es zum Bürgerentscheid?

Bereits am 11. März 2024 hatte die Gemeinde Herrischried die Bürgerschaft in einer Informationsveranstaltung über die Planungen für bis zu zwölf Windkraftanlagen im Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach unterrichtet. Im Mai 2024 stimmte der Gemeinderat des Ortes dann dem Vorranggebiet zu und sprach sich für die Einberufung einer Eigentümerversammlung aus. Die Beteiligung der Gemeinde am Flächenpooling wurde schließlich am 22. Juli beschlossen. Gegen diesen Beschluss hatte die Bürgerinitiative Ödland in einem Bürgerbegehren 330 Stimmen gesammelt. Der Gemeinderat gab daraufhin am 16. Dezember 2024 einstimmig das Plazet für einen Bürgerentscheid am 23. Februar.

Was ist ein Vorranggebiet?

Ein Vorranggebiet ist ein im Rahmen der Regionalplanung festgelegtes Gebiet zur bevorzugten Errichtung von Windenergieanlagen oder Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Der rechtlich zuständige Regionalverband Hochrhein-Bodensee hat für die Gemeinde Herrischried das Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach vom Hornbergbecken über das Ödland bis nahe Wehrhalden ausgewiesen. Eigentümer der dortigen Flächen sind zu 17 Prozent das Land Baden-Württemberg durch seinen Forstbetrieb, zu 19 Prozent die Gemeinde Herrischried und zu 64 Prozent verschiedene Privatpersonen.

Bis zu zwölf Windenergieanlagen können nach den Planungen des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein im Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach ...
Bis zu zwölf Windenergieanlagen können nach den Planungen des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein im Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach errichtet werden. | Bild: Endura Kommunal GmbH

Was ist ein Flächenpooling?

Es handelt sich hierbei um eine Vereinbarung von Flächeneigentümern in einem Vorranggebiet. Sie dient unter anderem der gerechten Verteilung zukünftiger Pachteinnahmen, welche die Eigner von Grundstücken vom Investor Energiequelle aus Zossen für den Bau und Betrieb von Windenergieanlagen auf ihren Grundstücken erhalten. Darüber hinaus soll die Einbindung der Gemeinde in das Flächenpooling den sozialen Frieden in der Kommune fördern. Durch das Flächenpooling käme es zu einer Verteilung der Pachterlöse der Grundstückseigentümer zu 80 Prozent als Flächen-Pacht und zu 20 Prozent als Standort-Pacht.

Wer kann in das Flächenpooling beim Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach Flächen einbringen?

In das Vorranggebiet können Privatpersonen und die Gemeinde Herrischried ihr Grundeigentum einbringen. Aufgrund der Rechtslage darf sich der Forst Baden-Württemberg mit seinen Flächen in diesem Vorranggebiet nicht in das Flächenpooling einbringen. Mit dem Investor Energiequelle hat er bereits Verträge zur Errichtung von Windenergieanlagen auf seinen Grundstücken unterzeichnet.

Wie der Gemeinderat spricht sich auch Herrischrieds Bürgermeister Christian Dröse für die Teilnahme der Gemeinde an einem Flächenpooling ...
Wie der Gemeinderat spricht sich auch Herrischrieds Bürgermeister Christian Dröse für die Teilnahme der Gemeinde an einem Flächenpooling im Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach aus. | Bild: Alexander Jaser

Weshalb möchte die Gemeinde am Flächenpooling teilnehmen?

Die Teilnahme am Flächenpooling ermögliche es der Gemeinde, bei der Errichtung von Windenergieanlagen auf der Gemarkung Herrischried gestaltend mitzuwirken, so Bürgermeister Christian Dröse. Gemeinde und Bürgerschaft Herrischrieds erhielten bei Verhandlungen mit dem Windparkinvestor Energiequelle eine stärkere Position, um zum Beispiel in Verhandlungen mit dem Investor größere Abstände von Windrädern zu einer Wohnbebauung zu erreichen und gemeinsam von den Pachteinnahmen zu profitieren. Darüber hinaus könne durch die Teilnahme am Flächenpooling einem „Wildwuchs“ bei der Errichtung von Windrädern entgegengewirkt werden.

Was sagen die Gegner der Teilnahme der Gemeinde am Flächenpooling?

Nach Ansicht der Bürgerinitiative Ödland drohe durch die Errichtung von Windrädern im Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach eine Beeinträchtigung der Tier- und Pflanzenwelt, des Landschaftsbildes und des Tourismus. Darüber hinaus seien von den Anlagen Lärmbelästigung, Schattenwurf sowie Lichteffekte und die Gefahr von Eiswurf im Winter zu befürchten. Zentral sei auch ein Wertverlust für nahe bei den Windrädern liegende Immobilien. Unterstützt wird die Bürgerinitiative vor allem vom Loipenverein Hotzenwald, nach dessen Auskunft rund 70 Prozent der Loipen und Winterwanderwege durch das Vorranggebiet führen. Die Sicherheit der Nutzer sei beim Betrieb von Windkraftanlagen nicht mehr gesichert.

Bernhard Kühnel vom Loipenverein Hotzenwald unterstützt die Bürgerinitiative Ödland gegen die Teilnahme der Gemeinde Herrischried an ...
Bernhard Kühnel vom Loipenverein Hotzenwald unterstützt die Bürgerinitiative Ödland gegen die Teilnahme der Gemeinde Herrischried an einem Flächenpooling im Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach. | Bild: Alexander Jaser

Wie ist die Haltung der privaten Grundstückseigentümer im Vorranggebiet?

Auf der Eigentümerversammlung am 8. Juli 2024 sprachen sich 80 Prozent der privaten Grundstückseigentümer für die Teilnahme am Flächenpooling aus. 17 Prozent lehnten eine Beteiligung ab. Mit zahlreichen privaten Grundstückeigentümern im Vorranggebiet hat der Investor Energiequelle bereits Verträge zur Errichtung von Windenergieanlagen im Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach unterzeichnet.

Auf welcher Rechtsgrundlage sollen die Windenergieanlagen errichtet werden?

Die Errichtung der Windenergieanlagen dient dem Ausbau der erneuerbaren Energien zur Erreichung der gesetzlich festgelegten Klimaziele des Bundes und der Länder. Aufgrund von Bundes- und Landesgesetzen sind zwei Prozent der Fläche des Bundesgebiets für die Errichtung von Windenergieanlagen auszuweisen, die Flächenvorgabe für Baden-Württemberg lautet 1,8 Prozent für Windenergieanlagen und 0,2 Prozent für Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Die Festlegung der Vorranggebiete bis Ende September 2025 hat das Land Baden-Württemberg den Regionalverbänden übertragen.

Worüber wird bei der Bürgerbefragung nicht abgestimmt?

Über ein Ja oder Nein zur Aufstellung von Windenergieanlagen im Vorranggebiet Höhberg-Wiedenbach kann grundsätzlich nicht abgestimmt werden. Auch nicht über die Teilnahme privater Grundstückeigentümer am Flächenpooling in diesem Vorranggebiet. Ebenso nicht zur Abstimmung stehen die bereits durch den Investor Energiequelle mit privaten Grundstückseigentümern und dem Forst Baden-Württemberg geschlossenen Verträge über die Errichtung von Windenergieanlagen im Vorranggebiet.

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