Cornelia Liebwein

Höchenschwand mit dem Prädikat Heilklimatischer Kurort ist eine schmucke Gemeinde mit insgesamt elf Dörfern. Die Distanz in die zehn umliegenden Ortsteile ist kurz und der Blick in die benachbarte Schweiz wird oft mit der Sicht auf das Panorama der Schweizer Alpen gekrönt. Trotz der Idylle bemühen sich der seit mehr als 40 Jahren ansässige Facharzt für Allgemeinmedizin, Dr. Edwin Röhrauer, und sein ärztlicher Kollege, der Teilhaber in seiner Praxis, Waldemar Ehret, seit Monaten vergeblich um eine Nachfolge.

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Doch der Verlust für die Einwohner wäre groß, würde die Arztpraxis endgültig schließen. Das war ursprünglich für Ende Juni geplant, nun haben die Fachärzte bis zum 30. September verlängert. Gerade kommt Dr. Röhrauer von einem Hausbesuch in einem der Nachbardörfer zurück. Offiziell wäre der 75-Jährige schon lange im Ruhestand. Seine Patienten ohne ärztliche Versorgung zurücklassen zu müssen, lässt ihm jedoch keine Ruhe.

Erinnerungen an die Anfänge

Es ist mehr als 40 Jahre Jahre her, dass der aus Rastatt stammende Mediziner Edwin Röhrauer nach seiner Assistenzzeit am Krankenhaus in Singen seine Liebe zu Höchenschwand entdeckte. „Nach dem Tod des damaligen Landarztes, Dr. Sauter, im Jahr 1977“, erzählt er, „waren die Menschen trotz Anstrengungen der Gemeinde ein Jahr ohne niedergelassenen Arzt und wurden kommissarisch vom Chefarzt des einstigen Waldsanatoriums, Dr. Ewert, versorgt“. Edwin Röhrauer las zwar die Annonce der Gemeinde, die mit der reizvollen Landschaft, Theatern in erreichbarer Nähe in Freiburg und Zürich und Freizeitmöglichkeiten wie Wandern, Schwimmen, Reiten und Segeln warb, war aber überzeugt, man suche einen „Edelarzt“. Erst der Anruf der Kassenärztlichen Vereinigung stellte die Verbindung mit dem damaligen Bürgermeister Werner Rautenberg her. Allerdings sei es dann schwer gewesen Praxisräume zu finden, erinnert sich der Haus- und Badearzt zurück, und ohne das von der Gemeinde angemietete Erdgeschoss in einem Neubau, wäre eine Niederlassung nicht möglich gewesen. In nur sechs Wochen musste die Praxis eingerichtet sein, bevor die Saison begann.

Naturheilkunde und Ernährung

In der Folgezeit ist Edwin Röhrauer den Menschen nicht nur Arzt, sondern darüber hinaus Berater in der Naturheilkunde oder bei Themen der Ernährung und Lebensführungen. Dazu verordnet er nicht nur Medikamente, sondern propagiert den Dinkel als heilsames Getreide, sorgt durch Saatgut für dessen Anbau und mehr. Seine Frau Theresia Röhrauer unterstützt ihn zusätzlich bis zu ihrem Tod vor zwei Jahren mit ihren Kenntnissen in Pflanzenheilkunde, pflanzt selbst Kräuter an, und noch heute profitieren die Menschen von ihren früheren Ratschlägen.

Reduzierung der Arbeitsbelastung

Nachdem der Hausarzt vor 15 Jahren selbst zum Patienten wird und sich von einem Herzinfarkt erholen muss, führt seine Tochter Annemarie Röhrauer, selbst Fachärztin für Allgemeinmedizin, die Praxis weiter. Auf dieses Warnzeichen seines Körpers reagiert Röhrauer und möchte seine Praxis aufgeben. Trotz zahlreicher Annoncen und persönlicher, schriftlicher Kontakte findet sich niemand, der in das für die meisten „abgelegene Höchenschwand“ möchte. Als sich Waldemar Ehret als ärztlicher Kollege und Teilhaber in der Praxis findet, reduziert sich die Arbeitsbelastung und man ergänzt sich, damit für die Patienten die ortsnahe Versorgung aufrechterhalten bleiben kann.

Ehret pendelt fortan, und das mittlerweile seit 13 Jahren, zwischen Freiburg und Höchenschwand, hat sich jetzt aber entschlossen, hier die Praxistätigkeit aufzugeben, um vom Angestelltenverhältnis in die Selbständigkeit in Freiburg zu wechseln.