Wenn eine Rechbergerin ihren Gatten mal eben schnell zum Eier holen schickt, dann muss sie sich nicht wundern, wenn er erst Stunden später heimkommt. Vorausgesetzt, es herrscht schönes Wetter, ohnehin in Coronazeiten, wenn die Pflege von sozialen Kontakten zum Leidwesen vieler auf ein Minimum zurückgefahren werden muss.

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Zu viele Anlaufstellen locken beim Gang durchs Dorf, bei denen ein Halt mit einer Unterhaltung mit Nachbarn und Bekannten winkt. Ganz besonders in den Feierabendstunden trifft man immer jemand, mit dem man schwätzen kann. Bei der kleinen Kirche, vor der Dorfwirtschaft, am alten Dorfbrunnen, beim Blumenhof.

Alte, restaurierte Häuser verleihen dem Blumenhof in Rechberg sein besonderes Ambiente.
Alte, restaurierte Häuser verleihen dem Blumenhof in Rechberg sein besonderes Ambiente. | Bild: Eva Baumgartner

Rechberg hat den großen Vorteil noch einen schönen alten Dorfkern zu haben, umgeben von ehemaligen alten Bauerhäusern, vor fast jedem steht ein „Bänkli“, von wo aus die Bewohner das Geschehen beobachten.

Mit seinen rund 500 Seelen ist Rechberg recht überschaubar. Das Dorf ist eingebettet in eine schöne Landschaft, die Südhanaglag an einem Bergrücken, der den Klettgau vom Wutachtal trennt, mit Wald, Wiesen, Obstbäumen und friedvollen Kühen.

Idylle Rechberg: Glückliche Kühe in schöner Landschaft. Bild: Silvia Rutschmann
Idylle Rechberg: Glückliche Kühe in schöner Landschaft. Bild: Silvia Rutschmann | Bild: Silvia Rutschmann

Eine ländliche Idylle wie aus dem Bilderbuch möchte man meinen. Die Spuren der früheren kleinbäuerlichen Welt sind noch immer sichtbar, wenngleich es im Dorfkern keinen einzigen Bauernhof mehr gibt.

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Hans-Peter Weissenberger lebt seit Jahr und Tag in seinem Elternhaus an einem strategisch günstigen Ort, genau gebenüber dem Rechberger Gasthaus Löwen, dem Dreh- und Angelpunkt des gesellschaftlichen Rechberger Lebens. Er kennt alle und jeden im Dorf.

Mit der Landwirtschaft aufgewachsen, sagt er heute: „Gott sei Dank, habe ich den Absprung geschafft und eine Ausbildungn zum Triebwerksmechaniker bei der Swiss Air absolviert.“ Jetzt mit seinen 72 Jahren ist er glücklicher Rentner und genießt ein entspanntes Leben mit Frau Ruth im ruhigen Rechberg. Der einstigen kleinbäuerlichen Welt kann er nichts mehr abgewinnen, „das war ein hartes Leben.“

Ruth und Hans-Peter Weissenberger genießen das Leben in Rechberg.
Ruth und Hans-Peter Weissenberger genießen das Leben in Rechberg. | Bild: Eva Baumgartner

Rechberg ist jetzt eine Wohngemeinde, zur Arbeit pendelt man in die Betriebe der Umgebung oder auch in die Schweiz. Im Dorf selbst herrscht in normalen Zeiten ein reges Vereinsleben, der älteste, tonangebende Verein ist der Männerchor Rechberg, das seit über 140 Jahren. Hinzu kommt die Dorfmusik, die Frauengemeinschaft, der Narrenverein und in Rechberg ist der Sitz des Fördervereines Special Olympics.

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Sie alle bereichern das kulturelle, soziale Leben, machen im Dorf ganz schön was los: Sommerfeste, Konzerte, Theateraufführungen, die Fasnacht – es geht immer was. Für sie alle ist der Löwen die zentrale Anlaufstelle: eine klassische deutsche Dorfwirtschaft und fast schon eine Rarität, mit floriendem Stammtisch, an dem Skat geklopft und gejasst wird.

„Wir treffen uns bei Rosie“ und alle wissen Bescheid. Rosie Weißenberger wirtet hier schon seit 50 Jahren, früher gemeinsam mit ihrem Mann Franz. Sie kennt die Sorgen und Nöte der meisten Rechberger, neben dem Wirtin-Sein ist sie des Öfteren auch Seelentrösterin. Die Befürchtung, dass sie nach Corona den Löwen nicht mehr aufschließt, treibt die Rechberger um. Dazu meint sie: „Das steht derzeit nicht zur Debatte, vielleicht reduziere ich nach Corona nur die Öffnungszeiten, wir werden sehen.“

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Relativ neu und etwas ganz besonderes ist die kleine Bioland-Dorfmetzgerei von Axel Weißenberger. Vor rund drei Jahren hat er sein Geschäft mitten im Dorf eröffnet, die Kundschaft kommt zu den drei Öffnungstagen aus der ganzen Umgebung und sogar aus der benachbarten Schweiz.

Die Bioland-Metzgerei von Axel Weißenberger ist ein Erfolg auf ganzer Linie.
Die Bioland-Metzgerei von Axel Weißenberger ist ein Erfolg auf ganzer Linie. | Bild: Eva Baumgartner

Biofleisch von Rind, Schwein und Geflügel, alles Bioland zertifiziet, aus der nächsten Umgebung, sind der Renner. „Viele wünschen sich, dass ich noch Brot und Brötchen anbiete“, erzählt der Metzgermeister, „meinem Hofplatz würde ich für einen interessierten BäckerIn zur Verfügung stellen.“ Für die Recherger wäre das sicherlich eine schöne Sache, denn ein Dorfladen, der ein kleines Grundsortiment anbietet, würde sich seiner Meinung nicht rentieren.

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Nur fünf Minuten Fußmarsch, etwas außerhalb des Dorf, gibt es weitere gesunde Lebensmittel, beim Demeterhof Gasswies: Obst, Säfte, Milch und zu den Schlachtterminen Biofleisch von Rindern. In Maßen genossen vertretbar, dafür ein Genuss: die selbstgebrannten Gasswies-Schnäpse. Alfred und Silvia Rutschmann bauten den Biohof vor Jahren gemeinsam auf.

Die „Rutschmänner“ halten mit ihrer Belegschaft und vielen Helfern aus dem Dorf den umtriebigen großen Biohof um. Über 50 Fleckvieh-Rinder stehen in dem großen Laufstall vom Frühjahr bis in den Herbst sieht man die Kühe auf den Weiden rundum Rechberg weiden. In den letzten Wochen purzelten nur so die Kälbchen ins Stroh des neu gebauten Kälberstalls und werden dort von ihren Mütter versorgt. Die Tiere haben hier ein schönes Leben.

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Ein „Hans Dampf in allen Gassen“ ist die Bäuerin Silvia Rutschmann, eigentlich von Beruf Gartenarchitektin, sie stammt aus Wutöschingen. „Ich bin einem feschen Jüngling vor 20 Jahren über den Rechberger Buckel gefolgt und bereue dies keine einzige Minute“, sagt sie lachend, und ergänzt: Die wunderschöne Landschaft mit ihren warmherzigen, hilfsbereiten Menschen, das mache Rechberg aus. Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.