Dass es im Liebesleben von Männern und Frauen weit mehr gibt als die klassische Mann-Frau-Beziehung, ist weithin bekannt. Da gibt es Frau-Frau-Beziehungen, Mann-Mann-Beziehungen oder auch Paare, bei denen die Partner beide Geschlechter lieben. Doch Liebe kann noch viel bunter sein. So wie bei Bilal Heinzelmann und seinem Partner Keno Lughoffer aus Klettgau-Erzingen. Beide sind pansexuell, lieben also nicht ein Geschlecht, sondern eine Person an sich.
Dieser Mensch geht ihm nicht mehr aus dem Kopf
Die Liebesgeschichte von Bilal Heinzelmann und seinem Partner Keno Lughoffer beginnt an einem Donnerstag im Oktober 2019. Bilal Heinzelmann ist Rettungssanitäter. Während eines Einsatzes sieht er seinen Keno das erste Mal. Damals hieß Keno allerdings noch Lea – und war die Patientin.
Eine Woche später, am 16. Oktober um 16.16 Uhr, hat Bilal Heinzelmann seinen heutigen Verlobten bei einem Rücktransport wiedergesehen. „Wir haben viel während des Transports geredet, über Mobbing und Inakzeptanz. Nachdem ich den Transport beendet hatte, merkte ich, dass sie mir nicht mehr aus meinem Kopf ging“, erinnert sich Bilal Heinzelmann.
Sechs Jahre Mobbing
Schwierige Zeiten liegen hinter Keno Lughoffer. Er wurde gemobbt, weil er eine Sehnenverkürzung in den Beinen hat, beschreibt er. „Sechs Jahre ging das Mobbing, was natürlich Spuren hinterlässt“, sagt der 20-Jährige rückblickend. Und ein weiterer Aspekt kommt hinzu: Keno Lughoffer weiß bereits in der Grundschule, dass er im falschen Körper gefangen ist, erinnert er sich. „Ich habe damals schon immer Jungsklamotten angezogen und die Haare schneiden lassen. Jetzt stehe ich mit Ärzten in Kontakt wegen einer Hormonbehandlung“, erzählt Keno. Auch die Brüste will er sich abnehmen lassen.
Für seinen Partner ist das kein Problem: „Ich liebe Keno nicht wegen seines Geschlechts, sondern ihn als Person. Mir ist es egal, ob er Mann oder Frau ist“, erklärt Bilal Heinzelmann.
Die Suche nach seiner Liebe beginnt
Bilal Heinzelmann sprach mit einem Arbeitskollegen über die Frau, die ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Sein Kollege habe ihm aber dringend geraten, Abstand von der Patientin zu gewinnen – auch, weil man keine Patienten lieben darf. „Er gab mir auch zu bedenken, dass ich sie ja nicht einfach so kontaktieren darf aufgrund des Datenschutzes. Und da hatte er recht.“
Bilal Heinzelmann fing also an, seine Patientin zu suchen. Sechs Wochen lang. „Ich fand sie zuerst auf Facebook, aber schreiben konnte ich ihr nicht, da sie private Nachrichten deaktiviert hatte. Also teilte ich ihr Titelbild, um auf mich aufmerksam zu machen. Ohne Erfolg. Später fand ich sie dann via Instagram“, erzählt der Rettungssanitäter.
„Ich schrieb ihr dann einen langen Text und bat sie, nicht aufzugeben, sich zu wehren und in die Zukunft zu schauen, auch wenn es aussichtslos wirkt. Ich selber wurde auch gemobbt, deshalb konnte ich nachvollziehen, wie sie sich fühlt. Aber vor allem schrieb ich ihr auch, dass ich immer an sie denken muss und mir bewusst ist, dass ich eigentlich so etwas nicht machen darf.“ Doch auf eine Antwort musste Bilal Heinzelmann sechs Tage warten.
Mit sechs Worten beginnt die Liebesgeschichte
Die Antwort fiel knapp aus: „Hey, hmm ok danke. Versuche es.“ Bilal Heinzelmann: „Das waren ganze sechs Worte. Aber über diese sechs Worte habe ich mich riesig gefreut.“ Keno Lughoffer dachte damals: „Was ist das für ein komischer Typ mit Vollbart, der mir da schreibt?“, mehr Erinnerungen hatte er damals kaum an das erste Treffen. Beide schrieben sich dann aber regelmäßig.
Ein erstes Treffen gab es rund sechs Monate später. „Ich wollte ihr, beziehungsweise ihm, zeigen und ins Gesicht sagen, was sie für eine tolle Person ist. Denn schreiben kann man viel, aber persönlich ins Gesicht sagen, können nur wenige.“ Beide gingen dann einen Kaffee trinken. „Und wer hätte es gedacht, es war der Tisch Nummer 16 am 16.6.2020. Da sagte selbst Keno zu mir, ‚ach schau, die Zahlen müssen irgendwie was Besonderes sein‘.“

Nach dem Treffen wusste der heute 27-Jährige, dass er sich in Lea, wie Keno sich selbst damals noch nannte, verliebt hat. „Wir trafen uns regelmäßig, sofern das Kinderheim, in dem Lea damals wohnte, es zu lies. Denn sie war damals noch 17, ich sechs Jahre älter. Doch leider versuchte das Kinderheim, unsere Liebe und unsere Treffen eher zu unterdrücken als zu fördern. Daher entschieden wir, natürlich unter Rücksprache mit ihren Eltern, dass Lea erst einmal bei mir wohnt, um die Schule abzuschließen.
Dann erfuhren wir am 16. Februar, dass Lea schwanger war. Unsere Tochter kam am 30. September 2021 auf die Welt. Aufgrund von Corona musste Lea dann viel im Home-Schooling lernen – und hat ihren Realschulabschluss trotzdem gut geschafft“, freut sich Bilal Heinzelmann. Später hat sie dann bei ihrem Freund im Betrieb eine Ausbildung als Sanitäterin abgeschlossen.
Fast vier Jahre später haben die beiden so einiges hinter sich und es geht ihnen gut. Sie sind von Bayern in Bilals Heimat an den Hochrhein gezogen, beide haben eine feste Anstellung, eine eigene Wohnung und natürlich ihr größtes Glück mit Töchterchen Pia, die jetzt 1,5 Jahre alt ist. Zwar wurde sie noch von Lea geboren, wird aber künftig mit zwei Vätern aufwachsen. Keno Lughoffer: „Zu mir sagt sie Papi, und zu Bilal Papa.“
Bald soll geheiratet werden
Auch heiraten wollen die beiden, allerdings steht noch kein Datum fest. „Den Antrag habe ich ihm schon kurz, nachdem wir zusammen gekommen sind, gemacht“, erzählt Bilal Heinzelmann, blickt seinen Verlobten liebevoll an und streichelt zärtlich seine Hand.
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