Goldgelb, perlend und mit Schaumkrone – so sieht der Traum von Biertrinkern nach Feierabend aus. Immer öfter greifen sie aber zur Variante ohne Alkohol.

Die Nachfrage steigt

„Alkoholfreies Bier entspricht dem Trend zu einem bewussten Lebensstil. Und es ist eine natürliche Alternative zu Mineralwasser oder Softdrinks“, stellt Gaby Gerber fest. Sie ist Biersommelière und Leiterin Unternehmenskommunikation bei der Schweizer Feldschlösschen Brauerei in Rheinfelden (Kanton Aargau).

Gaby Gerber, Leiterin Unternehmenskommunikation der Feldschlösschen Getränke AG.
Gaby Gerber, Leiterin Unternehmenskommunikation der Feldschlösschen Getränke AG. | Bild: Stefan Bienz

Rund 2,2 Millionen Hektoliter Bier werden bei Feldschlösschen und den dazugehörenden Brauereien pro Jahr gebraut, etwa 3,5 Prozent davon mit einem Restanteil von 0,5 Prozent Alkohol. Das Wasser hierfür kommt aus vier eigenen Quellen mit Mineralwasserqualität, so die Firmen-Info. Längst wurden die Verfahren verfeinert, der Geschmack stetig verbessert.

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„Nach wie vor ist es ein kleiner Markt, aber wir sehen eine steigende Nachfrage“, sagt Gaby Gerber. Das Wachstum in den vergangenen fünf Jahren lag bei 39 Prozent, der Anteil am Biermarkt stieg um 22 Prozent, erklärt die Pressesprecherin.

Der Geschmack muss stimmen

Ein paar Kilometer rheinaufwärts, auf der Fahrt in den Schwarzwald steht Richtung Höchenschwand (Kreis Waldshut) an der Bundesstraße 500 die Privatbrauerei Waldhaus. Seit mehr als 185 Jahren wird dort Bier gebraut, das Wasser dafür kommt aus fünf eigenen Quellen. In vierter Generation wird hier diese Familientradition gepflegt. Geschäftsführer ist heute Dieter Schmid, auch er sieht im Bier ohne Alkohol eine Alternative zu Softdrinks und Mineralwasser.

Dieter Schmid, Geschäftsfüher der Privatbrauerei Waldhaus, prüft die Qualität seiner Produkte natürlich selbst immer wieder mal.
Dieter Schmid, Geschäftsfüher der Privatbrauerei Waldhaus, prüft die Qualität seiner Produkte natürlich selbst immer wieder mal. | Bild: Gerald Edinger

„Aber es ist geschmacklich nicht vergleichbar mit einem Bier, das Alkohol enthält“, räumt er ein. Dennoch hätten sich die Verfahren weiterentwickelt und der Geschmack entspräche den Qualitätsansprüchen seiner Brauerei. Nachdem durch Vakuum dem Bier der Alkohol entzogen wurde, wird bei Waldhaus sogenanntes „Mutterbier“ bis zu einem Alkoholgehalt von 0,5 Prozent zugeführt – aus Geschmacksgründen, wie Schmid erzählt.

Eine dritte „bleifreie“ Biersorte soll kommen

Bei Waldhaus liegt der Anteil von alkoholfreiem Gerstensaft im Bereich von vier Prozent bei einem Gesamtvolumen von 100 000 Hektolitern pro Jahr. Der Zuwachs bei Bier ohne Alkohol lag im vergangenen Jahr bei 15 Prozent. Waldhaus „Frei Bier“ (Frühjahr 2009) und Waldhaus „Schwarzwald Weisse“ (Herbst 2008) alkoholfrei, kamen kurz hintereinander auf den Markt.

Alkoholfreies Bier macht bei Waldhaus einen Anteil von vier Prozent der momentan jährlich 100 000 Hektoliter produzierten Biere aus.
Alkoholfreies Bier macht bei Waldhaus einen Anteil von vier Prozent der momentan jährlich 100 000 Hektoliter produzierten Biere aus. | Bild: Gerald Edinger

Wie Dieter Schmid verrät, wird derzeit mit der Technischen Universität Weihenstephan ein neues Verfahren zur Produktion von alkoholfreiem Bier entwickelt. Und spätestes 2020 soll die dritte Biersorte ohne Alkohol aus der Privatbrauerei auf den Markt kommen. In Zeiten, in denen viele Genussmittel auf dem Index von Ernährungsexperten und Politikern stünden, werde das alkoholfreie Bier eine immer größere Rolle spielen, mutmaßt Schmid.

Warum wird immer mehr alkoholfrei getrunken

Die Gründe für die steigende Beliebtheit sieht man bei beiden Brauereien vielfältig. Zum einen sei es ein guter Durstlöscher und isotonische alkoholfreie Biere wirken für den Körper aufbauend – gerade nach dem Sport. Das bestätigt Dieter Schmid: „Ich trinke nach dem Sport immer erst ein alkoholfreies Bier.“

Zudem sei es magenschonend, erzählt Gaby Gerber. Der dem Bier entzogene Alkohol wird übrigens bei Feldschlösschen zum Heizen des Sudhauses verwendet. Das bedeute eine Ersparnis von 690 000 Litern Heizöl pro Jahr.

Imposant: Das Sudhaus der Feldschlösschen Brauerei.
Imposant: Das Sudhaus der Feldschlösschen Brauerei. | Bild: Gerald Edinger

Lange Zeit wurde von einem „kastrierten Bier“ gesprochen, dieses Image verschwindet immer mehr. Selbst die Brauer bei Feldschlösschen haben ihren Blickwinkel geändert und sehen die Kunst, ein Bier ohne Alkohol mit Geschmack herzustellen als technische Herausforderung, berichtet Gaby Gerber. Auch Dieter Schmid, selbst Braumeister, hat keine Probleme damit: „Wenn der Geschmack dann in den eigenen Rahmen passt, ist es perfekt.“

2018 wurde ein alkoholfreies Weizenbier bei Feldschlösschen auf den Markt gebracht. Hier wird der „gestoppte Gärprozess“ bei der Herstellung angewandt. Es brauche Zeit, bis eine neue Variante die nötige Akzeptanz beim Kunden habe, sagt Gaby Gerber.