Dettighofen – Wenn ein Dorfladen für immer schließt, dann bricht in vielfacher Hinsicht ein wichtiger Pfeiler des Lebens auf dem Dorf oder der Gemeinde weg. Die fehlende Grundversorgung mit Lebensmitteln und Dingen des alltäglichen Bedarfes ist die eine Seite der Medaille, der Verlust der Anlaufstelle für soziale Kontakte und der Kommunikation die andere. Viele Dörfer ohne Laden und Dienstleistungsangeboten verkommen zu Schlafdörfern, der Wegzug der jüngeren Generation in benachbarte Gemeinden oder Städte mit guter Infrastruktur ist vorprogrammiert. Zurück bleiben die älteren Bewohner mit großen Schwierigkeiten, sich selbst zu versorgen, sofern sie nicht mehr mobil sind. In der Gemeinde Dettighofen stemmen sich nun die Bewohner mit einem Projekt „Dorfladen„ gegen den Trend.

Altersdurchschnitt 37 Jahre
Dort hattet der Dorfladen schon vor mehreren Jahren aufgegeben. Die nächst gelegenen Einkaufsorte sind Jestetten und Klettgau, beide liegen etwa zehn Kilometer auf der L 163 von Dettighofen entfernt. Knapp 1200 Einwohner leben im Hauptort und in den Ortsteilen Baltersweil und Berwangen. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt bei 37 Jahren, ist also verglichen mit dem Landesdurchschnitt überraschend jung. Bürgermeisterin Marion Frei sieht dies als ein Zeichen dafür, dass ein Umdenken stattgefunden hat, „Junge Familien mit Kindern genießen die Sicherheit, die Überschaubarkeit im Dorf. Viele junge Dettighofener sind nach ihrer Ausbildung zurückgekommen, nicht zuletzt auch wegen der günstigen Grundstückspreise.“ Ihre Kinder könnten vor Ort den Kindergarten und die Grundschule besuchen.
Genossenschaftlicher Ansatz
In Dettighofen sind 75 Prozent der Berufstätigen Pendler und Grenzgänger. Sie arbeiten andernorts, vor allem in der Schweiz. Doch sie wohnen und leben in einer Gemeinde, deren idyllische Landschaft für die Bewohner ihresgleichen sucht. Was aber viele schmerzlich vermissen, ist ein Laden. Nach vermehrten Klagen über die fehlende Grundversorgung wurde jetzt das Projekt „Dorfladen„ unter der Devise „Wir für Uns“ in Angriff genommen. Auf Basis einer Genossenschaft soll das Geschäft betrieben werden. Ein Modell, bei dem jeder Einwohner einen oder mehrere Anteile zu je 200 Euro erwerben kann.
Am westlichen Ortseingang direkt an der L 163 hat die Gemeinde bereits ein Grundstück erworben, dort soll der Dorfladen gut sichtbar gebaut werden. Der Plan sieht eine Ladenfläche von 200 Quadratmetern mit 2500 Lebensmittelartikeln vor, zusätzlich frisches Obst und Gemüse, Fleisch und Wurstwaren aus der Region sowie frische Backwaren und Kuchen, ein Non-Food Sortiment sowie ein Getränkemarkt. Handelspartner werden Edeka Foodservice sowie lokale, regionale Lieferanten sein. Des Weiteren sind Dienstleistungen wie Postagentur und Geldautomat, eventuell auch Toto-Lotto an dieser Stelle möglich.

Eine ideale Ergänzung soll sich durch das Café und Bistro mit großer Terrasse ergeben, um ein Ort der Begegnung für alle Altersstufen zu ermöglichen. Mit Kaffee und Kuchen, einer heißen Theke mit Mittagsmenü und der Möglichkeit einen Imbiss mitzunehmen. Dabei hat man auch den durchfahrenden Verkehr im Blick, eine Halte- und Parkspur entlang der L163 soll zum Einkaufsstopp einladen.
Erste Förderungszusagen
Eine genaue Analyse der Situation und der Wünsche der Dettighofener liegt seit dem Sommer 2019 bereits vor. So ergab beispielsweise die Umfrage in allen Haushalten eine sehr gute Rücklaufquote Von insgesamt 580 befragten Haushalten haben 294 geantwortet, davon versicherten 270 im Dorfladen einkaufen zu wollen. Davon möchten 164 Haushalte Genossenschaftsmitglieder werden, insgesamt sind sie bereit, Anteile in Höhe von 90 700 Euro zu zeichnen.
An erster Stelle der Wunschliste stehen die Lebensmittel, nebst Hygieneartikeln und Getränken, an zweiter Stelle wird eine Backstube gewünscht, gefolgt von einer DHL-Station und einem Geldautomaten. Auf Grundlage der Umfrageergebnisse wurden die Annahmen für das weitere Konzept und die Wirtschaftlichkeit ermittelt. Beides wurde bereits vom Genossenschaftsverband Baden-Württemberg positiv geprüft. Erst kurz vor Weihnachten kam die Zusage über 4000 Euro aus dem Förderprogramm „Gut Beraten“ , damit wird eine zweite Prüfung durch den Handelsverband des Landes finanziert.
Eröffnung Dezember 2020
Nach der Gründung einer Genossenschaft Anfang des Jahres sollen die Ausschreibungen starten, schließlich gilt es, den Pachtvertrag zwischen der Gemeinde und Genossenschaft unter Dach und Fach zu bringen, um dann mit der vorliegenden Förderzusage – mit 200 000 Euro aus dem ELR-Programm wird gerechnet – im Mai 2020 mit dem Bau zu beginnen. Die Baukosten abzüglich der Fördermittel und der Genossenschaftsbeiträge liegen bei knapp 720 000 Euro brutto. Gelingt der ambitionierte Zeitplan kann der Dorfladen im Dezember dieses Jahres eröffnet werden.