Eine gute Nachricht für die Region – so zumindest wird die Millionen-Investition der Novartis in Stein und in Bad Säckingen bewertet. Der Basler Pharmakonzern will im benachbarten Stein eine Produktionsanlage für seine Gen-Therapie "Kymriah" für bestimmte Formen des Blutkrebses aufbauen.

Sowohl Steins Gemeindeammann Beat Käser wie auch Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl begrüßten die Ankündigung der Novartis. Beide sehen darin eine Festigung des grenzüberschreitenden Wirtschaftsstandortes und damit die Sicherung sowie den Ausbau von Arbeitsplätzen. Darüber hinaus bedeute es aber für die betroffenen Gemeinden eine Herausforderung im Bereich des Wohnungsmarktes.

"Diese Investition zieht wiederum Fachpersonal in die deutsch-schweizerische Grenzregion"Alexander Guhl, Bürgermeister Bad Säckingen
"Diese Investition zieht wiederum Fachpersonal in die deutsch-schweizerische Grenzregion"Alexander Guhl, Bürgermeister Bad Säckingen | Bild: Rank, Marion

Investition von 90 Millionen Franken

Die Novartis sieht nach der Ankündigung den Aufbau einer Produktionsanlage in mehreren Schritten vor. Das Unternehmen plant für die Anlage in Stein gestaffelte Investitionen von bis zu 90 Millionen Schweizer Franken im ersten Schritt, hieß es gestern bei der Telefonmedienkonferenz. Anfänglich sollen rund 260 neue Stellen entstehen, mit einem Potenzial von bis zu 450 neuen Positionen im Verlauf der nächsten drei Jahre.

Je nach weiterer Entwicklung könne sich die Investition auch auf 120 Millionen Schweizer Franken erhöhen, sagten Steffen Lang, globaler Chef der Produktion des Unternehmens. Für die Produktion werde kein neues Gebäude errichtet werden müssen, so Lang. Die neue Anlage finde Platz in den bisherigen Gebäuden des Areals in Stein.

Die ersten Therapien aus Stein werden voraussichtlich Anfang 2020 für Patienten in Europa und der Schweiz verfügbar sein. Die Novartis hatte letzte Woche die Zulassung für das Therapieverfahren von der EU-Kommission erhalten. Eine beantragte Zulassung in der Schweiz wird für Ende des laufenden Jahres erwartet.

"Alle Beteiligten halten im Sissler Feld an einem Life-Science-Campus fest"Beat Käser, Gemeindeammann Stein
"Alle Beteiligten halten im Sissler Feld an einem Life-Science-Campus fest"Beat Käser, Gemeindeammann Stein | Bild: Aargauer Zeitung

Eine gute Nachricht für die Region

Bürgermeister Guhl sagte auf Anfrage des SÜDKURIER, dass die Entscheidung für Stein aus wirtschaftlicher Sicht eine gute Nachricht für die Region sei. Dies zumal die Novartis bereits in den USA eine Produktionsanlage für Zell- und Gen-Therapie in Morris Plains, New Jersey, betreibt. Die therapeutische Versorgung europäischer Patienten über den us-amerikanischen Standort sei zwar theoretisch möglich, sagte Matthias Leuenberger, Länderpräsident von Novartis Schweiz, für Europa sei jedoch eine eigene Produktionsanlage in Stein vorgesehen.

Bad Säckingen Bürgermeister Alexander Guhl, geht davon aus, "dass diese Investition wiederum Fachpersonal in die deutsch-schweizerische Grenzregion zieht". Somit sieht er die Stadt mit ihren Wohnbauplanungen auf dem richtigen Weg. „Bei Leimet III sind wir gut unterwegs“, so Guhl, dort entstünde gehobener Wohnraum, in der Hasenrütte wie auch in Obersäckingen sei preisgünstigerer Wohnraum im Bereich der Mittelklasse geplant. Bad Säckingen sei damit für weitere Zuzüge gerüstet.

Denn Guhl geht davon aus, dass neue Jobs in Stein auch Grenzgänger bringt, die auch in Bad Säckingen wohnen möchten. Denn „Bad Säckingen ist eine attraktive Stadt“, sagte Guhl. Gleichsam werde auch der Handel und die Gastronomie von der Entwicklung weiter profitieren, ist sich der Bürgermeister sicher.

Fachpersonal für High-Tech-Arbeitsplätze

Novartis-Produktionschef Steffen Lang hatte gestern angekündigt, dass für die neue Anlage in Stein hochqualifizierte Fachkräfte gebraucht würden. Es handle sich um „High-Tech-Arbeitsplätze“, so Lang. Wieviel Mitarbeiter tatsächlich neu eingestellt werden, konnte Lang gestern nicht genau beziffern. Ein Teil der neuen Mitarbeiter werde aus dem bisherigen Stamm rekrutiert und umgeschult, der andere Teil werde neu eingestellt. Die Novartis beschäftigt derzeit in Stein 2000 Mitarbeiter.

Auch Beat Käser, Gemeindeammann in Stein, freut sich: „Das ist für unsere Gemeinde eine gute Sache“, es werde den Standort Stein festigen genauso wie die Wirtschaftsregion Fricktal – und auch den süddeutschen Raum, fügte Beat Käser hinzu. Nachdem Novartis im vergangenen Jahr angekündigt hatte, in Basel 500 Stellen abzubauen, sei dies nun eine positive Nachricht des Konzerns, so Käser. Umso erfreulicher sei es, dass die Gemeinde Stein davon profitiere. Käser ist erst seit einem halben Jahr Gemeindeammann in Stein. Dies sei eine gute Nachricht im ersten Amtsjahr, so Käser.

Die Weiterentwicklung des Sissler Feldes geht laut Beat Käser weiter. Die vier Gemeinden Stein, Sisseln, Eiken und Münchwilen sowie der Kanton Aargau seien weiter in Gesprächen um Konkretisierung des Areals. "Fest stehe für alle Beteiligten, dass man an einem Life-Science-Campus festhält", das heißt eine Clusterbildung pharmazeutischer und auch chemischer Industrie.

Einzelheiten zum Projekt

  • Blutkrebstherapie: Die Novartis hat für seine Gentherapie "Kymriah" letzte Woche die Zulassung der Europäischen Kommission erhalten. Künftig darf die Therapie in der EU zur Behandlung von zwei Blutkrebsformen angewendet werden. Es handelt sich dabei um die akute lymphoblastische Leukämie (ALL) bei Kindern, Jugendlichen und jungen Patienten bis 25 Jahren sowie das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL) bei Erwachsenen, wie der Pharmakonzern am Montag mitteilte.
  • Die Funktionsweise der Therapie wurde gestern so beschrieben: Den Leukämiepatienten werden Zellen entnommen. Diese werden nach Stein transportiert und dort gentechnisch so verändert, dass sie den Blutkrebs selbständig bekämpfen. Anschließend werden die veränderten Zellen vermehrt und dem Patienten in Form von Infusionen wieder zugeführt.
  • Zu den Kosten der Therapie wurde gestern nichts gesagt. Nach Medienberichten soll in den USA, wo sie bereits angewandt wird, eine Behandlung 475.000 US-Dollar kosten. Dies werde dadurch begründet, dass es sich um eine Einmal-Therapie handle, während herkömmliche, langwierige Therapien vergleichsweise teurer seien.