Der Bericht über den Vorfall am Waldshuter Spital, bei dem zwei Patienten hautnah miterleben mussten, wie sich das Sterben ihres Zimmergenossen im Nachbarbett über Stunden hinzog, hat hohe Wellen geschlagen. Eine Flut an Reaktionen per Leserbrief und in sozialen Netzwerken haben die Redaktion nach der Veröffentlichung erreicht. "Unfassbar! Andere Patienten im Zimmer dürfen von so etwas nichts mitbekommen, weil sie zum Gesundwerden im Krankenhaus sind", schreibt beispielsweise ein Nutzer auf der SÜDKURIER-Facebookseite.
Die Reaktionen auf den Vorfall, der sich Ende August in einem Dreibettzimmer ereignete und von Hans-Peter Schlaudt, Geschäftsführer der Spitäler Hochrhein GmbH, auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt wurde, bewegen sich zwischen Entsetzen und Anteilnahme. "Warum versucht man sich hier mit Ausreden aus der Affäre zu retten? Selbstverständlich gibt es für so etwas keine Ausrede!", heißt es weiter in einem Kommentar.
Keine stationäre palliative Versorgung
Ein Leser schreibt, dass er entsetzt über die Zustände im Waldshuter Krankenhaus sei. "Dass das Spital immer noch keine – wenigstens kleine – Palliativabteilung hat, wo eine würdevolle End-of-Life-Care (Pflege am Lebensende) separat vom normalen Klinikbetrieb erfolgen kann, ist eine absolute Katastrophe", macht der Schreiber seiner Verärgerung Luft.
Geschäftsführer Schlaudt räumt in einer Stellungnahme gegenüber dieser Zeitung ein, dass das Thema Sterben polarisiere und die aktuelle Diskussion zeige, dass es sowohl Gesprächs- als Handlungsbedarf gebe. "Wir verfügen im Landkreis Waldshut über keine stationäre palliative Versorgung und obschon es dankenswerterweise Hospizdienste gibt, wäre ein Hospiz im eigentlichen Sinne mehr als wünschenswert", fügt Schlaudt hinzu. Über die Einrichtung einer Palliativabteilung oder ein Hospiz entscheide jedoch das Land und nicht der Landkreis beziehungsweise das Spital.
Kritik auch in Leserbriefen
Die Aussage des Geschäftsführers, der von einem "bedauerlichen Einzelfall" spricht, weckt bei einer Leserbriefschreiberin Erinnerungen an den Krankenhausaufenthalt ihres eigenen Vaters. Auch sie habe nach einer schriftlichen Beschwerde, mit der sie August dieses Jahres "dramatische, unhaltbare Zustände im Spitalfond Waldshut anmahnte", als Antwort bekommen, dass es sich um einen "bedauerlichen Einzelfall" handele. "Mein Eindruck, hier krankt am allermeisten das Krankenhaus selbst", schreibt die Leserin und fügt hinzu: "Jeder einzelne Fall ist mehr als bedauerlich. Und bei, sich wiederholenden, negativen Vorkommnissen jeweils von Einzelfällen zu sprechen halte ich – insbesondere in einem Krankenhaus – für grob fahrlässig."
Auch andere Kommentarschreiber finden deutliche Worte: "Wenn es kein Notfall ist, mache ich einen Riesenbogen um das Spital." Außerdem schreibt er: "So etwas darf nicht passieren." In einem anderen Kommentar heißt es: "Im Gesundheitswesen darf es nicht um Geld gehen, sondern ausschließlich um die Würde und um das Leben des Menschen."
"Lieber fahre ich nach Freiburg, wenn es mir schlecht geht", lautet ein weiterer der Kommentare. Ein anderer Nutzer schreibt: "Kein Wunder, wo sollen denn die Leute noch hin, nachdem das Krankenhaus Bad Säckingen geschlossen wurde." Als "Skandal" bezeichnet ein Leserbriefschreiber aus Wehr den Vorfall. "Ein Szenario aus einem Notstandsgebiet? Nein, es handelt sich nur um das Spital Waldshut", fügt er hinzu.
Auch das Spital hat viele Reaktionen erhalten
Nicht nur die Redaktion, auch das Spital selbst hat nach Veröffentlichung des Artikels zahlreiche Reaktionen erhalten. Hans-Peter Schlaudt stellt sich hinter sein Personal: "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben täglich ihr Bestes. Im Falle des verstorbenen Menschen handelte es sich jedoch nicht um einen Todesfall, der im Vorfeld ersichtlich war, sondern um einen, der akut auftrat. Auch wenn es wie eine Ausrede klingen mag, hat uns der Vorfall ebenfalls erschüttert", teilt er auf Nachfrage mit.
Drei Todesfälle in einer Nacht seien mehr als unüblich und so in den vergangenen Jahren auch nicht vorgefallen. "Dennoch hat es uns gezeigt, dass wir künftig auch auf diesen Fall vorbereitet sein müssen. Gemeinsam mit unserem Seelsorgeteam werden wir uns daher verstärkt diesem Thema widmen", sagt Schlaudt.
Auch positive Reaktionen und Zuspruch
Bei aller Kritik haben aber auch positive Reaktionen die Redaktion erreicht. Eine Nutzerin berichtet von ihrer persönlichen Erfahrung mit dem Spital: "Unsere Oma lag von Sonntag bis Dienstag im Krankenhaus in Waldshut im Sterben. Sie war allein, ohne andere Patienten. Meine Mama oder Tanten durften im Bett nebenan sitzen/liegen, einfach da sein für sie. Rund um die Uhr waren wir als Familie bei ihr. Das Pflegepersonal hat uns Kaffee gebracht und uns die Privatsphäre gegeben, um uns von unserer Mama und Oma zu verabschieden und sie auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Dafür sind wir sehr dankbar", beendet die Userin ihren Kommentar.
Ein anderer Kommentar lautet: "Sicher ist das für die Mitpatienten nicht einfach. Ich möchte aber auch eine Lanze fürs Personal brechen. Die wenigsten hier wissen wirklich, wie es in einem Krankenhaus bei der sparsamen Personallage zugeht. Es tut mir für die gestörten Mitpatienten leid, und ich wünsche ihnen, dass sie das Erlebte nicht zu sehr belastet", endet der Verfasser seinen Kommentar.