Geht es um die stationäre Gesundheitsversorgung im Landkreis Waldshut, dann schlagen seit Jahren die Emotionen hoch. Mitunter sehr hoch. Insbesondere die Diskussionen um das geplante Zentralkrankenhaus wurden über Monate eher aus der jeweiligen Gefühlslage, denn mit Argumenten geführt.

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Jedes Mal wenn die Kritik kurz davor war abzuebben, gab es offenkundige oder gefühlte neue Gründe, die Diskussion wieder zu befeuern. Die Menschen zwischen Wehr und Jestetten treibt dabei insbesondere die Frage um, ob das verbliebene Spital in Waldshut tatsächlich in der Lage ist, die Menschen im Landkreis optimal zu versorgen. Und dieser Tage wird exakt diese Frage erneut massiv gestellt. Auslöser ist ein tragischer Sterbefall.

Neue Dimension der Diskussion

In einem Dreibett-Zimmer verstirbt Ende August nachts ein Patient im Beisein etlicher Angehöriger. Die beiden Mitpatienten können nicht schlafen und erleben alles mit. Von der letzten Ölung durch den Pfarrer bis zum Ableben des Mannes und der damit verbundenen Trauer der Hinterbliebenen.

Während die Klinikleitung von einem bedauerlichen Einzelfall spricht, sie dafür auch Zuspruch erhält, spricht eine Vielzahl jener, die sich öffentlich zu Wort melden, schlicht von einem Skandal. Für einige nicht der erste Skandal, der sich im Waldshuter Krankenhaus abgespielt haben soll. Ist es einer? Eine Bestandsaufnahme.

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Ist das Spital in Waldshut groß genug, gibt es genügend Betten, verfügt es über ausreichend Mitarbeiter, ist die technische Ausstattung gut genug, funktioniert die Notfallversorgung? Dies sind nur einige Punkte, die zwischen Rheintal und Südschwarzwald von Bürgern und Kommunalpolitikern gleichermaßen immerzu hinterfragt wurden und immer noch hinterfragt werden.

Doch die Frage, wie würdevoll Patienten im Krankenhaus sterben dürfen und wie viel Mitpatienten davon mitbekommen müssen/dürfen, eröffnet eine ganz neue Dimension.

Handlungsbedarf war ersichtlich

Ohne Wenn und Aber, das vor einigen Wochen Geschehene hätte so nicht passieren dürfen. Einzelfall hin oder her. Auch wenn in jener Nacht noch zwei weitere Patienten aus dem Leben geschieden sind und das Waldshuter Krankenhaus voll besetzt gewesen sein sollte. Sterben gehört in einem Spital dazu. Darauf muss ein Krankenhaus vorbereitet und jederzeit handlungsfähig sein.

Ein Blick in die Statistik unterstreicht dies. Durchschnittlich sterben im Waldshuter Spital monatlich 18 Menschen. Das sollte organisatorisch handhabbar sein. Auch wenn – wie in jener Nacht – gleich drei Patienten sterben. Zumal wenn sich der Tod des Mannes so abzeichnete wie in diesem Fall.

Spätestens wenn ein Geistlicher zur letzten Ölung erscheint, muss klar sein, dass akuter Handlungsbedarf besteht. Und zwar aus mindestens zwei Gründen. Zum einen, um dem Sterbenden und seinen Angehörigen jenes Maß an Privatsphäre zu ermöglich, die alle verdient haben. Zum anderen, um den Mitpatienten ein solches Erlebnis zu ersparen. Niemand schaut anderen gerne beim Sterben zu.

Lösbar ohne Sterbezimmer

Hätte ein Sterbezimmer geholfen? Nein. Eine solche Einrichtung braucht es nicht. Aber es braucht jenes Maß an Fingerspitzengefühl, eine Lage richtig einzuschätzen und zu handeln. Denn es hätte ein x-beliebiges Zimmer sein können, in das entweder der Sterbende oder die Mitpatienten kurzfristig hätten verlegt werden können. Zur Not hätten die Mitpatienten für einen gewissen Zeitraum auch in einer ruhigen Ecke auf dem Flur die Nacht verbringen können.
Ein Sterbezimmer, das stimmt, bietet zweifelsfrei den Vorteil, dass in der Regel ein Zimmer freisteht. Vorausgesetzt, es läuft alles wie am Schreibtisch geplant und es die Statistik vorgibt. Dann macht auch ein Sterbezimmer Sinn. In jener besagten Nacht hätten aber noch nicht einmal zwei Sterbezimmer ausgereicht. Denn es trat der offensichtlich eher seltene Fall ein, dass in einer Nacht drei Patienten sterben. Dann nützt der beste Plan nichts. Dann muss gehandelt werden.

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Ein Punkt, der sicher zur Entlastung der Mitarbeiter des Waldshuter Krankenhauses herangezogen werden muss. Drei Sterbende in einer Nacht sind für ein Haus dieser Größe viel. Zumindest in den drei vergangenen Jahren soll es eine solche Häufung an Sterbefällen nicht gegeben haben. Und in den beiden anderen Fällen dieser Nacht soll auch alles funktioniert haben. Die Mitpatienten aus den beiden anderen Zimmern wurden verlegt, so dass auf der einen Seite die Privatsphäre von Sterbenden und Angehörigen gewahrt und Mitpatienten nicht beeinträchtigt wurden. Man sieht also, es geht.

Aufarbeitung zwingend notwendig

Was bleibt, ist die Frage, weshalb das Pflegepersonal im besagten Fall nicht so gehandelt hat. War das Haus so ausgelastet, dass es keine Ausweichmöglichkeit gab? Oder waren die Mitarbeiter ausgelastet oder gar schon überlastet? Fragen, die von außen nur schwer zu beurteilen sind, aber intern zwingend aufbereitet werden müssen. Denn auf das geplante Zentralkrankenhaus zu warten – nach dem Motto, dann wird alles besser – wäre der falsche Weg. Er führt in die Irre und schürt das vorhandene Misstrauen gegen Klinikleitung und Politik.

Die Menschen im Landkreis Waldshut haben auch in den kommenden acht bis zehn Jahren (so lange wird es wohl dauern, bis das auf den Weg gebrachte Zentralkrankenhaus seinen Betrieb aufnehmen wird) ein Anrecht auf eine optimale stationäre Gesundheitsversorgung.

Nur wenn diese auch tatsächlich und vor allem nachweislich gewährleistet ist, werden die Diskussionen verstummen, werden die Patienten verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen und sie werden das Angebot des verbliebenen einzigen Krankenhauses im Kreis gerne annehmen und nicht weiter mit den Füßen abstimmen.