Ein Bild von den Waldschäden im Landkreis Waldshut hat sich Forstminister Peter Hauk gemacht. Viele Waldbesitzer, die an dieser Exkursion teilnahmen, erhoffen sich in der extremen Situation Hilfen vom Land. Der Minister sagte: „Die Last bei den privaten Waldbesitzern ist riesig, und in dieser Situation muss den Waldbesitzern geholfen werden.“ Er dämpfte die Erwartungen: „Über‘s Knie brechen können wir nichts.“ Im Landkreis gibt es 18 000 Privatwaldbesitzer.

Einen Überblick über die insbesondere vom Borkenkäfer befallenen Wälder machte sich Forstminister Peter Hauk. Helge von Gilsa, Leiter des Kreisforstamtes musste feststellen: „ Wir befinden uns in einer Extremsituation.“ Neben den befallenen Fichten sind inzwischen auch Tannen betroffen, Buchen und Eschen fallen aus. „Das macht uns große Sorgen, es ist eine Jahrhundertaufgabe für die Forstleute“, so von Gilsa. Der Privatwald ist stärker betroffen, weil dieser fichtenreicher ist. Das ist besonders dramatisch, denn: „Die Leute leben hier mit und vom Wald.“
„Die Situation nimmt Ausmaße an, die bislang niemand für möglich gehalten hat“, so Minister Hauk. Zu der Käfersituation komme noch die Aufarbeitungssituation. So müsse man mit einer Potenzierung der befallenen Bäume einerseits rechnen, andererseits stehen keine Kapazitäten für die Aufarbeitung mehr zur Verfügung. Über die aktuelle Situation auf dem Holzmarkt informierte Norbert Schwarz, Geschäftsführer der Waldgenossenschaft Südschwarzwald. Zahlreiche Waldbesitzer und Kommunen kommen demnach mit dem Holzeinschlag nicht mehr nach. „Viele Waldbesitzer resignieren und können einfach nicht mehr“, so Schwarz. Die Holzerlöse seien so stark gesunken, dass in vielen Fällen keine Kostendeckung mehr zu erwarten sei. „Wir sind am Ende eines geregelten Holzverkaufs, wir können nicht mehr, es sind keine Kunden mehr da“, so das Resümee von Norbert Schwarz.
Über die Situation des Borkenkäferbefalls informierte die Borkenkäfermanagerin Elena Kummer. Auch Landrat Martin Kistler musste feststellen, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft seien und fügte hinzu: „Wir brauchen Unterstützung des Landes.“
Mehr erwartet hatten sich die zahlreichen Privatwaldbesitzer vom Besuch des Forstministers. Andres Isele aus Berau meinte, dass die Veranstaltung an der Situation vorbeigehe und mahnte: „Es geht um unsere Existenz.“ Für die Kommunen sagte Bürgermeister Tobias Gantert: „Auch die Gemeinden stehen an der Wand.“ Er hätte sich eine konkrete Zusage gewünscht. Adrian Schmidle, Vorsitzender der Waldgenossenschaft und Bürgermeister von Murg, sagte: „Die Waldbauern sind an einem Punkt angekommen, wo schnelle Hilfe wichtig wäre.“ Neben dem Schlüchttal wurden außerdem noch Waldbilder in Eggingen und Degernau in Augenschein genommen.

Aktuelle Lage
Allgemein herrscht ein schlechter Gesundheitszustand der Bäume. Täler und Steilstlagen Fichten, Tannen, Kiefer und Laubhölzer sind massiv betroffen. Bereits 120 000 Festmeter aufgearbeitetes Käferholz gab es im Landkreis Waldshut bis Juni, weitere 40 000 Festmeter kamen im Juli hinzu. Auf mehr als 800 Hektar können/konnten Käferbäume nicht mehr rechtzeitig vor Käferausflug aufgearbeitet werden.
Totalausfall in Aargauer Wäldern
Auch Förster der Schweizer Region Baden und im Zurzibiet mussten wegen des Borkenkäferbefalls viele Bäume fällen. Seit 1986 arbeitet Kurt Vogt als Förster und unterhält die Wälder in Gebenstorf und Turgi. Er hat schon einiges erlebt. Doch was sich vergangene Woche im Turgemer Wald zutrug, habe er noch nie gesehen: Auf einer Fläche von 35 Ar mussten Fichten gefällt werden. Das ist halb so groß wie ein Fußballfeld. Borkenkäfer haben die Bäume angegriffen, der Boden sei voller Bohrspäne gewesen. „Wie eine Schicht Sägemehl um die Bäume“, beschreibt Vogt. Als „Totalausfall“ bezeichnet er die momentane Situation. Die Bäume hätten keine Chance gehabt, alle mussten gefällt werden.
- Hitze und Trockenheit: Wieso der Befall dieses Jahr so schlimm ausfällt, darüber muss Vogt nicht lange nachdenken: Starke Hitze und Trockenheit setzen den Wäldern zu. „Wenn es so trocken ist, ist die Rinde nicht vital“, sagt Vogt. „Normalerweise können sich die Bäume gegen die Käfer wehren, indem sie Harz produzieren und die Schädlinge ertränken.“ Weil es aber kaum geregnet hat, fehle den Fichten die nötige Feuchtigkeit dazu.
- 10 000 Franken Verlust: 250 Kubikmeter Holz ergaben sich aus den Rodungen. Weil es anderen Wäldern ähnlich ergehe, sei es schwierig, einen Abnehmer zu finden. „Es gibt so viel Käferholz, dass der Markt tot ist“, sagt Vogt. Wann er das Holz verkaufen kann, kann er nicht sagen. Den Verlust schätzt der erfahrene Förster auf etwa 10 000 Franken. Ein hoher Betrag, bedenkt man die Größe der dafür verantwortlichen, winzigen Käfer. Machen könne man nichts. „Wir können nur hoffen, dass wir alle kranken Bäume erwischt haben“, sagt Vogt. „Und regelmäßige Kontrollen machen.“ Das schütze zwar nicht vor weiteren Rodungen, aber immerhin könne so die Ausbreitung der Schädlinge schnellstmöglich eingedämmt werden.
- Auch andere Forstgebiete betroffen: „Uns geht es im Zurzibiet nicht anders“, sagt Felix Keller, Förster der Forstverwaltung Klingnau-Döttingen-Koblenz-Rietheim. „Aber in dem Ausmaß habe ich das noch nie gesehen.“ Der Borkenkäfer sei nur der Vollstrecker. Der Schädling greife geschwächte Bäume an. „Ursache sind die Hitze und die Trockenheit“, sagt Keller. Als Förster könne man nur noch Schadensbegrenzung betreiben und befallene Bäume abholzen. „In den nächsten Jahren wird das noch schlimmer“, prognostiziert Keller. Peter Muntwyler vom Forstbetrieb Heitersberg mit den Wäldern der Gemeinden Spreitenbach, Bellikon, Killwangen, Oberrohrdorf und Remetschwil klagt ebenfalls: „Das ist nicht das erste Jahr, dass wir mit der Hitze zu kämpfen haben. Es wird aber auch im nächsten Jahr voraussichtlich kaum ein Ende nehmen.“
- Abholzen und Warten: Wo sinnvoll und möglich, seien Abholzen und Warten, bis sich der Prozess natürlich reguliert die einzige Lösung. Am meisten unter der Hitze leiden Fichten, Buchen, Weißtannen, Föhren und Ahorne. „Die machen über 85 Prozent unserer Schweizer Wälder aus und sind stark gefährdet“, sagt Muntwyler. Schwarzmalen wolle er nicht: „Den Wald wird es auch weiterhin geben. Nur das Bild wird sich verändern.“