Wer in den vergangenen Monaten einen Waldspaziergang machte, der bekam oft einen Schreck. Viele Flächen im Wald sind kahl, andere weisen deutliche Lücken auf. „Das Gleichgewicht im Wald ist aus den Fugen geraten, die Biologie ist außer Rand und Band. Die Wälder werden sich verändern“, sagt Helge von Gilsa, Leiter des Kreisforstamtes im Waldshuter Landratsamt. Die Ursachen: Stürme, extreme Trockenheit – und der Borkenkäfer. Der Käferangriff auf die Fichte erfolgt dabei millionenfach. „Das sind Auswirkungen des Klimawandels, die Geschwindigkeit der Ereignisse bereitet mir dabei große Sorge“, sagt der Forstfachmann.

Gefräßige Schädlinge: Schon Mitte März sind die ersten Buchdrucker unter der Rinde von Fichten aktiv. Auf dem Bild sind Larven und ein ...
Gefräßige Schädlinge: Schon Mitte März sind die ersten Buchdrucker unter der Rinde von Fichten aktiv. Auf dem Bild sind Larven und ein ausgewachsener Buchdrucker (Mitte, unten). Bild: Gerald Edinger

Elena Kummer sagt nun im Auftrag des Landkreises dem Buchdrucker (Unterart des Borkenkäfers) den Kampf an. Mit einem Masterplan will die junge Forstwirtin den Buchdrucker unter Druck setzen. Sie wurde eigens eingestellt, um die Schäden in enger Abstimmung mit Waldbesitzern und Revierförstern zu minimieren.

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Einen Grundbestand von Borkenkäfern werde es immer geben, die derzeitige Situation erfordere aber schnelles Handeln: „Wir müssen versuchen, die befallenen Bäume rechtzeitig einzuschlagen, um damit die Population zu verringern“, sagt Elena Kummer. Ziel sei es, 25 Prozent der ersten Käfer-Generation mit einer konzertierten Aktion in den Griff zu bekommen.

Große Bedrohung: Der Borkenkäfer startet millionenfach seine Angriffe auf die Fichte. Bild: Gerald Edinger
Große Bedrohung: Der Borkenkäfer startet millionenfach seine Angriffe auf die Fichte. Bild: Gerald Edinger

Der Wald zwischen Unteralpfen und Tiefenstein gehört zu den am meisten vom gefräßigen Borkenkäfer betroffenen Gebiete im Landkreis Waldshut. „So sieht Klimawandel aus“, sagt Revierförster Wolfgang Walz und deutet auf die vielen baumlosen Flächen. Seit 26 Jahren ist er Förster, was er nun erlebt, sei eine andere Größenordnung, als die vergangenen Ereignisse.

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„Den Kirchwald gibt es nicht mehr“, sagt er mit nachdenklichem Blick auf eine baumlose Fläche. Walz macht deutlich, in welchen Dimensionen Stürme und der Borkenkäfer seit August 2018 Schäden in seinem Revier angerichtet haben: „Im vergangenen Jahr sind 13 000, in diesem schon 3000 Festmeter Holz eingeschlagen worden, das ist die dreifache Menge des Hiebsatzes. 91 Prozent davon waren Sturm- und Käferholz!“

Elena Kummer, Borkenkäfer-Managerin. Bild: Gerald Edinger
Elena Kummer, Borkenkäfer-Managerin. Bild: Gerald Edinger

Vor gut drei Wochen fing Elena Kummer mit ihrer Arbeit an. Sie hat seither die Fäden im Fall „Borkenkäfer“ in der Hand. Helge von Gilsa setzt auf ihre neuen Methoden, andere Fragestellungen, Herangehensweisen und Lösungsansätze. „Es ist meine erste Stelle, ich habe mich schon ganz gut eingelebt und fühle mich hier wohl“, sagt die Forstwirschafterin. „Wir wollten jemand haben, der sich nur auf diese eine Aufgabe konzentriert“, erläutert der Leiter des Kreisforstamtes.

Große Herausforderungen

Als erste Maßnahme wurde unter ihrer Regie ein „Entscheidungsbaum Borkenkäfer“ entwickelt. „Gerade untere Lagen sind stark betroffen, von 30 000 Hektar Fichtenbestand sind 17 000 besonders gefährdet“, macht sie deutlich, vor welcher großen Herausforderung sie im Zusammenspiel mit Waldbesitzern und Förstern steht. Ein besonders hohes Risiko für Käferbefall seien Südhanglagen, da müsse man besonders aufpassen.

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Aufpassen ist das Stichwort bei der Eindämmung der Käferpopulation. „Eigentlich müssten wir alle Leute dazu auffordern, an Ostern statt nach Eiern, nach befallen Bäumen zu suchen“, meint Helge von Gilsa. Das Monitoring (Beobachtung) sei eine der wichtigsten Aufgaben, die sofort beginnen müsse. „Den Käfer managen, heißt Menschen managen“, macht der Chef des Waldshuter Kreisforstamtes die Aufgabe der Borkenkäfer-Managerin klar. Elena Kummer muss Kommunen und 700 Waldbesitzer im Landkreis davon überzeugen, dass frisch vom Käfer befallene Bäume schnell geschlagen werden müssen.

Kreisforstamtsleiter Helge von Gilsa (von links), Revierleiter Wolfgang Walz und Borkenkäfer-Managerin Elena Kummer blicken sorgenvoll ...
Kreisforstamtsleiter Helge von Gilsa (von links), Revierleiter Wolfgang Walz und Borkenkäfer-Managerin Elena Kummer blicken sorgenvoll auf die vom Buchdrucker heimgesuchten Gebiete. Bild: Gerald Edinger

Damit solle die Käfervermehrung eingedämmt und das Holz dosiert am Markt angeboten werden können, um den Wertverfall zu minimieren. „Wir müssen das frisch befallene Holz priorisieren, um den Käferausflug einzudämmen“, sagt die Forstwirtin. Besonders die vielen Privatwaldbesitzer müssten dafür sensibilisiert werden. Aus diesem Grund ist sie mit ihrem Amtsleiter derzeit bei den Forstbetriebsgesellschaften (FBG) unterwegs, um Aufklärungsarbeit zu leisten.

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„Egoismen sind hier fehl am Platz“, macht Helge von Gilsa die Dringlichkeit dieser Aufgabe deutlich. Zeit bleibe nicht viel, bei 16,5 Grad beginnen Borkenkäfer auszuschwärmen. Der milde Winter hat dafür gesorgt, dass viele Käfer überlebt haben. „Auch wenn wir den Borkenkäfer nicht vollständig in den Griff bekommen. Wir müssen jetzt kurzfristig mit dem Monitoring beginnen“, mahnt Elena Kummer zur Eile, denn bei Trockenheit können pro Jahr bis zu vier Generationen Borkenkäfer millionenfach ausschwärmen.

 

Käfer-Management im Landkreis Waldshut

  • Koordination: Elena Kummer (26) ist in Oberried im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald aufgewachsen. Die Nähe zum Wald beeinflusste ihr Studium der Forstwirtschaft in Freiburg. Vor drei Wochen begann sie ihre erste Stelle im Kreisforstamt im Landratsamt und wohnt in St. Blasien. Sie wurde als „Borkenkäfer-Managerin“ eingestellt. Ihre Aufgabe ist die Koordination des Informationsaustauschs zwischen Waldbesitzern und Revierförstern sowie aller notwendiger Maßnahmen.
  • Käferholz: 2018 im Landkreis 80 000 Festmeter Käferholz an. Von den im Plan festgehaltenen 120 000 Festmetern Holz wurden 2018 mehr als doppelt so viel (250 000) geschlagen.
  • Management: Die Dynamik der Vermehrung des Buchdruckers birgt hohes Gefahrenpotenzial für den Wald. Das Management setzt nun genau da an: Eine intensive Beobachtung ist die Basis, um die Bäume zu identifizieren, in denen die Larven auf das Schlüpfen warten. Symptome sind Bohrmehlauswurf oder Harzfluss an den Stämmen. Wöchentlich müssen von etwa 30 Personen rund 17 000 Hektar gefährdeter Waldbestand beobachtet werden.
  • Koordination: Schnelles Handeln ist für die Forstverwaltung enorm wichtig. Neben dem Monitoring gehören die Abstimmung von Holzaufbereitung, Sortierung, Lagerung und Transport dazu. Im äußersten Fall müsse das Holz mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden, erklärt das Kreisforstamt.