Bilder von riesigen schwimmenden Plastikinseln in unseren Meeren schockieren Menschen, die sich Sorgen um unsere Umwelt machen. Viel subtiler, weil mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen, sind mikroskopisch kleine Kunststoffteilchen – Mikroplastik. Davon gibt es zwei verschiedene Arten: Zum einen ist da das Grundmaterial zur Plastikproduktion sowie der in der Kosmetikindustrie verwendete Kunststoff. Sekundäres Mikroplastik entsteht bei der Zersetzung größterer Kunststoffteile – auch im Wasser. Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg hat das Wasser im Bodensee und einigen Fließgewässern untersucht und Belastungen mit Mikroplastik nachgewiesen.

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Können aus den Ergebnissen im Bodensee, Rückschlüsse auf Belastungen durch Mikroplastik im Rhein und anderen Fließgewässern gezogen werden? Uwe Bergdolt von der Landesanstalt für Umwelt BW in Karlsruhe sagt dazu: „Es ist nicht erforderlich, Rückschlüsse aus den beiden Bodenseebeprobungen zu ziehen, da zusätzlich an 21 Stellen auch Fließgewässer beprobt wurden.“ In allen untersuchten Fließgewässern Rhein, Neckar, Donau sowie ausgewählten Nebengewässern des Rheins (Kinzig, Kriegbach, Kraichbach) und des Neckars (Körsch, Würm, Enz, Kocher, Jagst) waren Mikroplastikpartikel im Spurenbereich nachzuweisen, im Rhein und Neckar war kein zunehmender Trend feststellbar.

Bild 1: Wie viel Mikroplastik steckt im Rhein? Eine Spurensuche
Bild: redaktionsgrafik

„Dort, wo der Abwasseranteil im Gewässer höher ist, wurden auch etwas höhere Konzentrationen an Partikeln gemessen. Der Abwassereinfluss ist jedoch insgesamt gering“, erklärt Uwe Bergdolt. Hotspots konnten anhand dieser Proben nicht ausgemacht werden. Die räumliche Verteilung, die Anzahl und die Art der gemessenen Mikroplastikpartikel sprächen für eine „diffuse Belastung“ der Gewässer. Aufgrund der repräsentativen Messstellenauswahl sei davon auszugehen, dass die Ergebnisse auch auf andere, nicht untersuchte Gewässer im Land übertragen werden können.

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Welche Auswirkungen hat Mikroplastik auf das Ökosystem Rhein? Nachgewiesen sei, dass zahlreiche Organismen wie Fische und Muscheln Mikroplastik aufnehmen. Zu den Auswirkungen bestehe jedoch noch erheblicher Forschungsbedarf. „Kunststoffe sind ein naturfremder Stoff, werden kaum abgebaut, können jedoch in Organismen angereichert werden“, erläutert Uwe Bergdolt vom Referat Gewässerschutz.

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In einer gemeinsamen Aktion von Angelsportverein, Schwimmclub, Tauchschule und Feuerwehr befreiten die Helfer den Rhein bei Hohentengen von im Wasser versenktem Unrat. Bild:Sabine Gems-Thoma

Was muss getan werden, um unsere Gewässer besser vor Mikroplastik zu schützen? Dazu hat Uwe Bergdolt von der Landesanstalt für Umwelt eine klare Meinung: „Kunststoffe haben per se in Gewässern nichts verloren!“ Industrie, Handel und Verbraucher seien gleichsam gefordert, im Sinne des Vorsorgeprinzips auf Vermeidung von Kunststoffen hinzuwirken, nach Alternativen zu suchen und eine ordnungsgemäße Entsorgung sicherzustellen, wenn Kunststoffe unentbehrlich sind und nach Gebrauch nicht weiterverwendet werden können. Zur Frage, ob man ganz auf Mikroplastik verzichten könne und welche Maßnahmen wirksam wären, meint der Fachmann: „Hierzu ist uns keine Antwort möglich.“

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Welche weiteren Schritte sind jetzt notwendig? Momentan laufen viele größere Untersuchungen auf Landes- und Bundesebene, um die Eintragsquellen von Mikroplastik in die Umwelt zu identifizieren. Das Umweltministerium im Land hat eine Studie zur „Bestimmung, Quantifizierung und Bewertung von Mikrokunststoffen in Komposten, Gärresten und Böden“ in Auftrag gegeben. Es gibt zudem Fördermaßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Plastik in der Umwelt: Quellen, Senken, Lösungsansätze. „Darauf aufbauend können Maßnahmen gezielter ansetzen“, betont Uwe Bergdolt.

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Was bedeutet Mikroplastik für den Fischbestand im Rhein? Dazu gab der Leiter der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg in Langenargen (Bodensee), Oberbiologierat Alexander Brinker, Antwort: Untersucht werde die Belastung von Fischen mit Mikroplastik in Gewässern Baden-Württembergs inklusive des Rheins im Rahmen einer mehrere Jahre dauernden Dissertation (Doktorarbeit). Aktuell erfolgen die finale Analyse und Begutachtung der erhobenen Daten. Aus diesen Gründen könnten derzeit „keine Detailergebnisse herausgegeben werden“.

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Einmal im Jahr befreien Angelsportverein, Schwimmclub, Tauchschule und Feuerwehr aus Hohentengen den Rhein vom Müll. Das ist die Ausbeute der Aktion im Jahr 2019. Bild: privat/Angelsportverein

Im Oktober 2018 hätten Forscher aus Österreich in einer Pilotstudie nach eigenen Angaben erstmals Mikroplastik im Darm von Menschen nachgewiesen, berichtet Brinker. Ein Zusammenhang zwischen dem Ernährungsverhalten und einer Belastung mit Mikroplastik konnte vorerst nicht hergestellt werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) teilte Anfang des Jahres in einer Presseinformation anlässlich der Grünen Woche in Berlin mit, dass nach dem derzeitigen Stand nicht davon auszugehen sei, dass von Plastikpartikeln in Lebensmitteln gesundheitliche Risiken für den Menschen ausgehen, dass jedoch weitere Forschung notwendig sei.

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Kann Fisch aus dem Rhein noch unbedenklich verzehrt werden? „Derzeit gibt es keine Erkenntnisse über mögliche gesundheitliche Risiken durch Aufnahme von Mikroplastik mit dem Verzehr von Fischen“, erklärt dazu der Leiter der Fischereiforschungsstelle.

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