Wenn es nach den Plänen des Landkreises Waldshut und der Bahnbetriebe Blumberg geht, sollen zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember 2023 wieder Personenzüge im Zweistunden-Takt zwischen Waldshut und Stühlingen verkehren.

In der Untersuchung der PTV Transport Consult GmbH zur Wutachtalbahn wurde dieser Strecke ein wachsendes Nutzer-Potenzial bescheinigt. Die Studie rechnet werktags mit einem Fahrgastgewinn von mehr als 730 Personen. In Auftrag gegeben wurde sie von der Landesregierung in Stuttgart.

Projekt geht in die entscheidende Phase

Auf der rund 42-minütigen Fahrt mit der Regionalbahn von Waldshut nach Stühlingen und zurück sprach SÜDKURIER-Reporter Gerald Edinger mit Lothar Probst, der im Landratsamt für den ÖPNV zuständig ist, und Christian Brinkmann von den Bahnbetrieben Blumberg, dem Betreiber der Wutachtalbahn.

Lothar Probst, Verkehrsexperte im Landratsamt Waldshut (links), und Christian Brinkmann, Geschäftsführer der Bahnbetriebe Blumberg
Lothar Probst, Verkehrsexperte im Landratsamt Waldshut (links), und Christian Brinkmann, Geschäftsführer der Bahnbetriebe Blumberg | Bild: Edinger, Gerald

Die beiden haben detaillierte Pläne im Gepäck, die zeitlich klar umrissen sind. „Dieses Jahr geht das Projekt in seine entscheidende Phase“, betont Probst.

Das Verkehrsministerium muss nämlich den Vorstellungen von Landkreis und Bahnbetrieben noch zustimmen. Brinkmann wird nun Anträge und Verträge formulieren und nach Rücksprache mit allen Beteiligten an das zuständige Ministerium schicken.

Das Ergebnis der Studie überrascht nicht

Beide zeigten sich vom positiven Ergebnis der Studie nicht sehr überrascht. „Wir waren intensiv mit eingebunden“, erklärt Brinkmann. Ein neues Berechnungsverfahren für die Wirtschaftlichkeit kam den Befürwortern der Reaktivierung dieser Strecke entgegen.

Die Einsparung von Co2-Emissionen rückte dabei stärker in den Fokus, diese Zahl wurde in Euro umgerechnet und floss so in die Bewertung ein. „Ich habe mich über das Ergebnis der Studie natürlich riesig gefreut. Das macht die Diskussion um die Reaktivierung einfacher“, zeigt sich Brinkmann sehr erleichtert.

Um die Mittagszeit wird wochentags die Wutachtalbahn aktuell noch wenig genutzt. Das soll sich ändern.
Um die Mittagszeit wird wochentags die Wutachtalbahn aktuell noch wenig genutzt. Das soll sich ändern. | Bild: Gerald Edinger

Er sieht durchaus Fahrgastpotenzial vor allem bei Berufspendlern im Wutachtal. Ein großer

Einstieg in die Wutachtalbahn Video: Edinger, Gerald

Vorteil sei die schnelle Verbindung auf der Schiene gegenüber dem Linienbus. Diese Bahnlinie liege perfekt, verläuft entlang der Wutach und der Bundesstraße 314.

Werden neben Schülern auch Pendler profitieren?

Ja. Zusätzlich zum bereits laufenden Schülerzug erwartet der Verkehrsexperte im Waldshuter Landratsamt durch dieses Angebot mehr Fahrgäste aus dem Wutachtal. „Zudem können die Stausituationen in Lauchringen, Waldshut und Dogern auf der Schiene umgangen werden“, sieht Probst einen weiteren Vorteil.

Brinkmann spricht von einem „Glücksfall für die Region“, weil Politiker, Landkreis und Landesregierung hinter diesem Vorzeigeprojekt stehen. „Dass der Kreistag grünes Licht für die Wutachtalbahn gab, hat uns zusätzlich Rückenwind gebracht“, freut sich Lothar Probst und sagt weiter: „Wenn wir das nicht machen, ist es eine Sünde!“

Der Verkehrsexperte im Landratsamt hat detaillierte Pläne ausgearbeitet, die in drei Schritten den Weg bis ins Jahr 2027 zeichnen. Alles gilt vorbehaltlich der Genehmigung durch das Verkehrsministerium und die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg. Derzeit sei man in der Abstimmungsphase mit dem Land und der Nahverkehrsgesellschaft, so Probst.

So sieht das Konzept für den Ausbau der Wutachtalbahn aus:

  • Stufe 1: Ab Dezember 2023 Zwei-Stunden-Takt
    Der Startschuss für einen Ausbau des Angebots auf der Wutachtalbahn soll mit der Umstellung des Fahrplans Mitte Dezember 2023 erfolgen. Von Montag bis Freitag sollen Züge im Zwei-Stunden-Takt zwischen Waldshut und Stühlingen fahren. Der Umstieg vom Auto auf die Bahn werde schon mit diesem ersten Schritt für Berufspendler und andere Fahrgäste durch die Anbindung an den Bahnknoten Waldshut attraktiv.
  • Stufe 2: Ab Dezember 2025 Stundentakt unter der Woche
    Der zweite Schritt soll Mitte Dezember 2025 folgen, wenn der Kreuzungsbahnhof in Eggingen in Betrieb gehen wird. Dann ist an Wochentagen ein Stundentakt von 5 Uhr morgens bis 24 Uhr vorgesehen. Samstags sowie an Sonn- und Feiertagen wollen die kreativen Köpfe dieses Konzepts, zwischen 7 und 22 Uhr Züge im Stundentakt von Weizen nach Waldshut fahren lassen. Spätestens dann soll die Fahrzeit von Stühlingen nach Waldshut 33 Minuten betragen.
  • Stufe 3: Ende 2027 sollen elektrifizierte Züge fahren
    Im dritten Schritt sollen Ende 2027 täglich von 5 bis 24 Uhr batteriebetriebene Züge im Wutachtal verkehren. Aufgeladen werden die Triebwagen via Oberleitung auf der bis dahin elektrifizierten Hochrheinstrecke zwischen Waldshut und Oberlauchringen. Damit werden die CO2-Emissionen deutlich verringert, ein großer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit ist dann getan, betont Lothar Probst.

So wirkt sich der Ausbau auf die Bahnhöfe aus

Alle Bahnsteige werden auf 60 Meter verlängert, um längere Züge einsetzen zu können. Die Verlegung des Bahnsteigs in Eggingen ist über die Planungsphase hinaus vorgesehen.

Auch der Bahnsteig in Wutöschingen soll auf 60 Meter verlängert werden, um längere Regionalzüge auf der Wutachtalbahn-Strecke einsetzen ...
Auch der Bahnsteig in Wutöschingen soll auf 60 Meter verlängert werden, um längere Regionalzüge auf der Wutachtalbahn-Strecke einsetzen zu können. | Bild: Gerald Edinger

Es werden zusätzliche Bahnsteige in Horheim, Ofteringen, Eberfingen, Stühlingen (nähe Hauptstraße) und direkt bei der Firma Sto in Weizen gebaut. In Ofteringen werden zehn Parkplätze für Park-and-Ride-Kunden gebaut.

In Eggingen gibt es bis in zwei Jahren einen Kreuzungsbahnhof für den Gegenverkehr. Die Gesamtinvestitionen belaufen sich auf rund zehn Millionen Euro, wobei seitens der Bahnbetriebe Blumberg als Betreiber der Strecke mit Zuschüssen von bis zu 75 Prozent gerechnet wird. Der Landkreis geht derzeit davon aus, dass er nicht an diesen Kosten beteiligt wird, da er den Busverkehr mitfinanziert.

Was kostet die Reaktivierung?

Die Untersuchung geht für die Ertüchtigung der Strecke von Investitionen in Höhe von rund 2,6 Millionen Euro aus. Probst und Brinkmann wissen, dass für neue Bahnsteige, den Kreuzungsbahnhof in Eggingen, die Ertüchtigung von Übergängen und der Sanierung der Gleise mit ruckelfreien Übergängen rund zehn Millionen investiert werden müssen.

Die Investitionen für die Infrastruktur wurden 2021 vom Landkreis mit 6,2 Millionen berechnet. „Mit 66 bis 75 Prozent Fördergeldern können wir rechnen, der Anteil der drei Gemeinden Wutöschingen, Eggingen und Stühlingen ist also überschaubar“, davon ist der Geschäftsführer der Bahnbetriebe Blumberg überzeugt.

Der Kreuzungsbahnhof in Eggingen wird rund drei Millionen kosten, diese Summe ist in den Gesamtberechnungen bereits enthalten. Hierfür werden die Bahnbetriebe ein Darlehen bei einer Bank aufnehmen.

Eindrücke einer Fahrt mit der Wutachtalbahn

Fahrt mit der Wutachtalbahn Video: Edinger, Gerald

Wie wird sich eine Reaktivierung der Wutachtalbahn auf den Busverkehr auswirken?

Natürlich hat die Reaktivierung der Wutachtalbahn mittel- und langfristig Auswirkungen auf das Angebot der Linienbusse, die in zwei Jahren zwar noch bis Degernau (Ortsteil von Wutöschingen) im Halbstundentakt fahren werden, nach Stühlingen wird das Bus-Angebot laut Expertenansicht aber eingeschränkt werden müssen. Allerdings sieht Probst im Angebot „von hoher Qualität“ einen großen Vorteil und einem Gewinn an Flexibilität, Busse und Bahn im Wutachtal mit einer Fahrkarte nutzen zu können.

Durch die kurzen Anfahrtswege zu den Bahnsteigen glaubt er allerdings nicht, dass Kunden Parkplätze für ihre Autos benötigen. Er sieht eher den Bedarf für „Bike-and-Ride“-Stationen an den Bahnsteigen, weil viele Kunden mit dem Fahrrad zum Bahnsteig kommen würden.

Und wie bewertet der Betreiber das Vorhaben?

„Ein schlüssiges Konzept mit ambitionierten Zielen. Alle stehen dahinter, auch der Aufsichtsrat der Bahnbetriebe, der eigentlich nur für die Museumsbahn zuständig ist. Das ist nicht selbstverständlich“, betont Geschäftsführer Christian Brinkmann. Auch die meisten Rückmeldungen von Menschen aus dem Wutachtal seien positiv: „Der ökologische Nutzen der Verkehrswende wird vielen bewusster.“

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