Eine lange Liste hält Carmen Wehrle von der Ortspolizeibehörde Bad Säckingen in der Hand. Darauf stehen all die Gastronomiebetriebe die sie heute mit ihrem Kollegen Jörg Sommer besucht. Jeder Gesprächspartner wird hier mit Namen erfasst, damit dokumentiert ist, dass er informiert wurde. Denn erst seit wenigen Tagen – seit Montag, 16. August – hat sich mit der neuen Corona-Verordnung des Landes Wichtiges für die Gastronomen geändert. Die größte Veränderung: In die Innengastronomie dürfen nur noch Gäste mit 3 G, also Geimpfte, Genesene oder Getestete.

Auf einer langen Liste stehen die Betriebe, die heute besucht werden. Jeder Wirt mit dem gesprochen wird, wird darauf vermerkt.
Auf einer langen Liste stehen die Betriebe, die heute besucht werden. Jeder Wirt mit dem gesprochen wird, wird darauf vermerkt. | Bild: Verena Wehrle

„Zunächst informieren wir nur über die neuen Regelungen, denn die Wirte brauchen ja auch eine Chance, diese umzusetzen“, sagt Carmen Wehrle. Erst beim erneuten Besuch in der kommenden Woche käme es bei einem Verstoß zu einer Anzeige. Wird gegen die Verordnung verstoßen, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit.

Gäste aus der Schweiz sagen Reservierungen ab

Erste Station der rund zweieinhalbstündigen Tour: Der Pasta-König. Kellner Baftijari Blerim holt auf Nachfrage einen ganzen Stapel Datenblätter der Gäste hervor. Die Wirte müssen diese zur Kontaktnachverfolgung vier Wochen aufbehalten. „Für uns ist die neue Regelung schon schlimm, denn nicht geimpfte Laufkundschaft kommt dann nicht mehr unbedingt zu uns“, sagt er.

Jörg Sommer und Carmen Wehrle ziehen von Restaurant zu Restaurant, um die Wirte über die neue Corona-Verordnung zu informieren.
Jörg Sommer und Carmen Wehrle ziehen von Restaurant zu Restaurant, um die Wirte über die neue Corona-Verordnung zu informieren. | Bild: Verena Wehrle

Sein Mitbewerber ein paar Türen weiter, Milan Trivic vom „Marco Polo“ ist etwas verärgert: „Das ist Wahnsinn, dass sie das mitten im Sommer machen.“ Denn: „Das verunsichert die Leute, vor allem die Schweizer.“ Trivic berichtet, dass Gäste aus der Schweiz für Montag 20 Tische reserviert und davon 15 wieder abgesagt hätten. 70 Prozent seiner Gäste kämen aus der Schweiz und diese würden die Luca-App nicht nutzen. „Das erschwert die Arbeit wieder“, so Trivic.

Aber die meisten Wirte reagieren gelassen auf den Besuch der Ordnungshüter, stellen Fragen, sind froh, informiert zu werden. In einer Kneipe zeigen sogar die Gäste unaufgefordert ihren Impfpass.

„Wenn‘s anfängt zu regnen, wird‘s stressig“

Auch Andrea Scalabrin von der Osteria Bar Eden freut sich über die neusten Infos. Immerhin werden die Regeln immer wieder neu angepasst. Für sie habe sich durch die neue Verordnung seit 16. August aber nicht viel geändert, wie sie sagt.

Carmen Wehrle (links) im Gespräch mit Andrea Scalabrin von der Osteria Bar Eden.
Carmen Wehrle (links) im Gespräch mit Andrea Scalabrin von der Osteria Bar Eden. | Bild: Verena Wehrle

„Aber, wenn es anfängt zu regnen und alle reinkommen, dann wird‘s stressig“, so die Wirtin. Denn auch dann muss erst jeder Gast auf die 3G kontrolliert werden. Sie sei froh, dass sie auf die Luca-App umgestellt habe, allein schon wegen dem Papier, dass sich mit der Zeit ansammle. Dennoch würden die meisten Gäste ihrer Erfahrung nach immer noch lieber Zettel ausfüllen.

Auch draußen müssen Kontaktdaten abgegeben werden

Was bei der Tour auffällt: Viele Regeln, die seit Beginn der Corona-Pandemie gelten, sind nicht mehr allen präsent. Und die Wahrnehmung zu den Regeln ist völlig unterschiedlich. Wie etwa die Kontaktdatenerhebung im Außenbereich.

Die Kontaktnachverfolgung – wie hier im Kaffeeladen Bad Säckingen – ist weiterhin drinnen und draußen nötig.
Die Kontaktnachverfolgung – wie hier im Kaffeeladen Bad Säckingen – ist weiterhin drinnen und draußen nötig. | Bild: Verena Wehrle

Einem Großteil der an diesem Tag besuchten Wirte war nicht bewusst, dass diese Erfassung noch immer gilt. Carmen Wehrle und Jörg Sommer sorgen für Klarheit und geben den Hinweis: Wenn ein Gast die Luca-App nutzt, muss immer kontrolliert werden, ob er sich auch tatsächlich eingeloggt habe. Denn auch das Vortäuschen des Eincheckens gebe es.

Jörg Sommer (im Hintergrund) und Carmen Wehrle sprechen auch mit den Gästen und lassen sich etwa zeigen, ob sie sich in die Luca-App ...
Jörg Sommer (im Hintergrund) und Carmen Wehrle sprechen auch mit den Gästen und lassen sich etwa zeigen, ob sie sich in die Luca-App eingeloggt haben. | Bild: Verena Wehrle

Eine andere Wirtin trägt keine Maske, weil sie denkt, die Maskenpflicht wurde bereits aufgehoben. Carmen Wehrle zeigt Verständnis für diese Unsicherheiten, die entstanden seien, da die Regeln sich ständig geändert hätten. Überhaupt sind die Beamten heute nicht mit erhobenem Zeigefinger unterwegs.

„Uns schaut man so auf die Finger“

Denise Born, Betreiberin der Fuchshöhle und des Kaffeeladens ist eine der Wenigen, die sich an diesem Mittag so richtig über die Verordnung aufregt: „Ich verstehe nicht, warum im Einkaufsladen nicht kontrolliert wird, etwa, ob sie die Einkaufswagen richtig desinfizieren, aber uns schaut man so auf die Finger.“

Auch vor dem Restaurant „Zum Viertele“ wird der Gast mit Corona-Regeln begrüßt.
Auch vor dem Restaurant „Zum Viertele“ wird der Gast mit Corona-Regeln begrüßt. | Bild: Verena Wehrle

„Das ist schon mühsam für die Wirte“, bestätigt auch Carmen Wehrle vom Ordnungsamt. Auch beim Bäcker schauen sie und Jürgen Sommer vorbei. Hier steht eine Box für Adressen auf der Bedientheke.

Das gilt seit 16. August

Bruno Lamano von der Gelateria Gli Artisti nimmt alles mit Humor, auch wenn er sagt: „Es ist schon umständlich bei den Regeln immer hinterher zu bleiben.“

Bruno Lamano von der Gelateria Gli Artisti im Gespräch mit Carmen Wehrle und Jörg Sommer von der Ortspolizeibehörde. Noch geht es nur um ...
Bruno Lamano von der Gelateria Gli Artisti im Gespräch mit Carmen Wehrle und Jörg Sommer von der Ortspolizeibehörde. Noch geht es nur um Informationen, Verwarnungen werden erst beim Rundgang in der kommenden Woche ausgesprochen. | Bild: Verena Wehrle

Bei ihm sitzen die Gäste nur draußen, die Kontaktnachverfolgung spielt für ihn eine Rolle, die 3-G-Regel nicht. Doch mit den Regeln sei er sehr zufrieden. „Denn jetzt ist wieder viel mehr zu tun als noch in der vergangenen Saison, die Menschen wollen wieder zur Normalität zurück.“

Auch für Mitarbeiter gelten die drei G

In einem Imbiss treffen die Beamten auf Mitarbeiter, die noch nicht geimpft sind. Daraufhin stellen diese die Fragen: „Was müssen wir jetzt machen?“. „Impfen wäre schon besser“, antwortet Wehrle. Für die Mitarbeiter würden die gleichen Regeln gelten wie für die Gäste – also auch die drei G.

Neue „Deko“ an den Fenstern eines Bad Säckinger Restaurants: Über dem bereit gelegten Besteck hängen die Corona-Regeln.
Neue „Deko“ an den Fenstern eines Bad Säckinger Restaurants: Über dem bereit gelegten Besteck hängen die Corona-Regeln. | Bild: Verena Wehrle

Alles verlief friedlich – zumindest heute

Ziemlich zufrieden blicken sich Carmen Wehrle und Jörg Sommer an. An diesem Tag verläuft alles sehr friedlich. „Ich hätte mit viel mehr Widerstand gerechnet“, gibt Sommer zu.

Die Mitarbeiter der Ortspolizeibehörde auf dem Rundgang durch die Stadt.
Die Mitarbeiter der Ortspolizeibehörde auf dem Rundgang durch die Stadt. | Bild: Verena Wehrle

Die beiden haben bei ihrer Arbeit für die Ortspolizeibehörde schon viel erlebt. Vor allem als es mit Beginn der Pandemie zu drastischen Einschränkungen für die Menschen kam, vor allem im Zusammenhang mit den Ausgangsbeschränkungen hätten sie sich so einiges Unschönes anhören müssen. Wehrle zählt heftige Beleidigungen auf. Doch trotz solcher Erlebnisse wissen Wehrle und Sommer, wie wichtig ihre Arbeit ist: „Wir machen unseren Beruf sehr gerne.“

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