Die vierte Corona-Welle hat auch den Landkreis Waldshut erreicht. Aktuell (Stand 9. November) werden im Klinikum Hochrhein zehn stationäre Covid-Patienten im Jahrgang 1930 bis 1991 behandelt, von denen acht nicht geimpft sind. Drei der ungeimpften Personen im Jahrgang 1961 bis 1991 liegen derzeit auf der Intensivstation des Klinikums (Stand 9. November). Platz gibt es dort für maximal zehn Patienten. Einer der derzeitigen Intensivpatienten ist ein 30-jähriger Mann aus Waldshut-Tiengen. Sein Zustand ist sehr kritisch.

Bester Freund Vito Margiotta: „Er hätte sich so gerne impfen lassen, durfte aber nicht“

Vor einer Woche wurde der 30-Jährige stationär im Klinikum Hochrhein aufgenommen, nachdem er tagelang über hohes Fieber, Kopfschmerzen und Husten klagte. Sein bester Freund Vito Margiotta hatte jeden Tag über Video Kontakt mit ihm: „Er war erst eine Woche lang zu Hause, aber sein Zustand hat sich eher verschlechtert als verbessert. Ich habe ihm dann geraten, dringend einen Schnelltest zu machen. Und das Ergebnis war positiv. Danach hat er einen PCR-Test gemacht, der das Ergebnis bestätigte.“

Ins künstliche Koma versetzt

Der Patient habe sich dann vier Tage selbst in Quarantäne begeben, aber es sei ihm immer schlechter gegangen. Seit dem 3. November ist er nun stationär im Klinikum Hochrhein, seit dem 5. November liegt er auf der Intensivstation und wird beatmet. Im Laufe dieser Recherche verschlechterte sich der Zustand des jungen Mannes, und er wurde in die Uni-Klinik in Freiburg verlegt, wo er ins künstliche Koma versetzt wurde und intubiert wird. „Mein Freund leidet an einem angeborenen Antikörpermangelsyndrom, weswegen er sich auch nicht impfen lassen konnte“, erklärt Vito Margiotta.

Pflegerin Anna-Lena Bartmann misst den Blutdruck bei einem Patienten auf der Isolierstation im Klinikum Hochrhein in Waldshut. Dafür ...
Pflegerin Anna-Lena Bartmann misst den Blutdruck bei einem Patienten auf der Isolierstation im Klinikum Hochrhein in Waldshut. Dafür muss sie eine komplette Schutzausrüstung aus Kittel, Haarnetz, Augenschutz, Mund-Nasen-Schutz und Handschuhen tragen. | Bild: Moll, Mirjam
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Vito Margiotta: „Ich war auch ein Impf-Kritiker“

Vito Margiotta sei bis vor Kurzem selbst noch gegen das Impfen gewesen. „Ich habe meine Meinung vor zwei Monaten geändert, weil ein guter Freund in Italien wegen einer Corona-Erkrankung ins künstliche Koma versetzt und intubiert werden musste. Heute bin ich so froh, dass ich geimpft bin. Und ich hoffe, dass sich noch mehr Menschen impfen lassen, denn nur so können wir diejenigen schützen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen dürfen. Und wir schlimm eine Corona-Infektion ist, sehe ich gerade bei meinem besten Freund, der nun mit den Ärzten und dem Pflegepersonal um sein Leben kämpft. Er wollte sich so gerne impfen lassen, durfte es aufgrund seiner Erkrankung aber eben nicht.“

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Wie wichtig eine Impfung sein kann, sieht Hans-Jürgen Ott, Ärztlicher Direktor und Leiter der Intensivstation, jeden Tag. Seit Beginn der Pandemie wurden im Klinikum Hochrhein insgesamt 70 Patienten allein auf der Intensivstation behandelt. Hinzu kommen hunderte Patienten, die ebenfalls mit einer Corona-Infektion auf anderen Stationen im Krankenhaus betreut wurden.

„Leider wird oft vergessen, dass auch auf der Isolierstation ein großes Mehr an Arbeit anfällt, da hier die gleichen Schutzvorkehrungen wie auf der Intensivstation gelten. Selbst wenn Corona nur die Nebendiagnose ist und der Patient beispielsweise wegen eines gebrochenen Beines im Klinikum ist, wird er unter höchsten Schutzmaßnahmen behandelt“, erklärt Luisa Denz, Pressesprecherin am Klinikum Hochrhein.

Die Beatmung von Patienten auf der Intensivstation ist eine sehr komplexes Aufgabe und erfordert hohe Kompetenz: Chefarzt Dr. ...
Die Beatmung von Patienten auf der Intensivstation ist eine sehr komplexes Aufgabe und erfordert hohe Kompetenz: Chefarzt Dr. Hans-Jürgen Ott (links) und Intensivpfleger Christian Sprink zeigen ein Beatmungsgerät auf der Intensivstation im Klinikum Hochrhein. | Bild: Olheide, Monika

Kein Verständnis für Ungeimpfte

Hans-Jürgen Ott kann nicht verstehen, dass Menschen sich nicht impfen lassen. „Ich habe kein Verständnis dafür, angesichts der bereits sechstgrößten Pandemie in der Menschheitsgeschichte mit mehr als fünf Millionen Toten. Nur eine Impfung ist in der Lage, dass wir die Pandemie in den Griff bekommen. Da ist jeder in der Verantwortung für sich und für andere und dafür, dass das Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Das Risiko, an Covid-19 zu versterben, ist relevant, nicht nur für ältere Menschen. Die Impfung schützt deutlich vor schweren Verläufen und Todesfällen. Das sehen wir jetzt in der vierten Welle.“

Viele Intensiv-Patienten ohne Impfung

Das bestätigen auch die Zahlen aus dem Klinikum Hochrhein. Dort wurden vom 1. September 2021 bis zum 9. November 2021 66 Corona-Patienten, davon 57 stationär, behandelt. Die meisten Patienten sind ungeimpft (46). Unter den Patienten befinden sich nicht nur Ältere, sondern auch immer mehr Junge. Zum Vergleich: 2020 verzeichnete das Klinikum Hochrhein im selben Zeitraum mit 28 deutlich mehr Fälle. Damals gab es noch keine Impfungen.

Der jüngste Patient war Jahrgang 1998, also gerade Anfang 20. Seit dem 1. September sind im Krankenhaus sieben Patienten, die zwischen 1931 bis 1989 geboren wurden, verstorben. Fünf davon waren nicht geimpft. Bei einem 86-Jährigen geht das Klinikum von einem Impfdurchbruch aus, bei dem zweiten Verstorbenen ist die primäre Todesursache eine andere.

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27 von 70 Intensiv-Corona-Patienten sind gestorben

Seit Beginn der Pandemie sind allein auf der Intensivstation des Klinikums 70 Corona-Patienten 27 verstorben, fast alle – nämlich 23 – im vergangenen Jahr, als es noch keine Impfung gab. Im Durchschnitt waren die verstorbenen Patienten seit Beginn der Pandemie Anfang 2020 laut Klinikum Hochrhein 67,9 Jahre alt. Mit 67 Prozent waren die meisten der Verstorbenen Männer. Bisher (Stand 9. November) gebe es lediglich eine Person, die an Corona verstorben ist, obwohl sie vollständig geimpft war. Es handelte sich dabei um einen 87-Jährigen mit schweren Vorerkrankungen.

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Nicht alle der Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, sind strikte Impfverweigerer. Einige haben einfach nur Angst vor Impfreaktionen oder möglichen Folgen einer Impfung. Hans-Jürgen Ott beruhigt: „Es gibt aktuell bereits ausgewertete Daten aus den USA von mehr als elf Millionen mRNA-Impfungen. Die zeigen eine sehr hohe Sicherheit der Impfstoffe hinsichtlich ernster Impfreaktionen. Wir waren in der Medizingeschichte niemals zuvor in der Lage, so viele Daten über die Sicherheit von Impfstoffen zu erhalten. Real existierende Langzeitschäden gibt es bei vielen Covid-Erkrankten, wenn sie überleben. Hinweise für Langzeitschäden nach der Impfung gibt es nicht.“

Die Isolierstation der Klinik Waldshut – im Vordergrund liegt ein Stapel mit Schutzkitteln, Haarnetzen und Handschuhen, die vor ...
Die Isolierstation der Klinik Waldshut – im Vordergrund liegt ein Stapel mit Schutzkitteln, Haarnetzen und Handschuhen, die vor dem Betreten jedes Zimmers angelegt werden müssen. | Bild: Moll, Mirjam

Ott hat sich mittlerweile zum dritten Mal im September impfen lassen. Angst vor einer Ansteckung habe er nicht. „Seit ich das dritte Mal geimpft bin, fühle ich mich sicher im Hinblick auf eine schwere Erkrankung. Ich bleibe jedoch vorsichtig, da ich das Virus potenziell aufnehmen- und weiter geben kann.“

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