Die Lehrergewerkschaft GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) im Landkreis Waldshut hat bereits letztes Jahr Alarm geschlagen. Denn der Lehrkräftemangel am Hochrhein schafft Leidensdruck bei Lehrern, Schülern und Eltern gleichermaßen. Aus diesem Grund hatte die GEW sich im November 2021 mit einem offenen Brief an das grün-geführte Kultusministerium sowie an die Landtagsabgeordneten gewandt. Beim Gespräch letzte Woche mit grünen Abgeordneten wurden zumindest erste Lichtblicke sichtbar.

Grüne stellen Verbesserungen in Aussicht
Bei dem Treffen an der Realschule in Wehrs stellten der Waldshuter Wahlkreisabgeordneten Niklas Nüssle und die grüne Landtagsabgeordnete Nadyne Saint-Cast aus Freiburg Verbesserungen in Aussicht. Nadyne Saint-Cast gilt als Bildungsexpertin in der grünen Fraktion. Sie ist Sprecherin des Fraktionsarbeitskreises Bildung und auch Mitglied im Bildungsausschuss des Landtages und dort für Aus- und Weiterbildung der Lehrer zuständig.
Die GEW benennt das drängende Problem am Hochrhein deutlich: Vor allem an Grundschulen sowie sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren sei neben den Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen der Mangel an qualifiziertem Personal drastisch zu spüren. Für unzählige offene Stellen fehle es an Bewerberinnen und Bewerbern, so die Sprecher der Lehrergewerkschaft.

Studienplätze ausbauen, Quereinstieg erleichtern
Nadyne Saint-Cast versprach bei dem Gespräch mit der GEW: „Wir wollen die Studienplätze ausbauen, den Quereinstieg erleichtern und multiprofessionelle Teams voranbringen, um mehr Fachkräfte an unsere Schulen zu bringen.“ Das von Theresa Schopper geführte Kultusministerium habe bereits erste Maßnahmen eingeleitet, so seien beispielsweise Hürden für Seiteneinsteiger in den Lehrerberuf abgebaut worden.

„Das Kultusministerium ist sich der besonderen Lage des Landkreises Waldshut bewusst“, ist sich auch der Wahlkreisabgeordnete Niklas Nüssle sicher. Erste Maßnahmen seien bereits getroffen worden. „Klar ist, dass der einzige langfristige Ausweg ist, mehr Lehrerinnen und Lehrer auszubilden und einzustellen“, so Nüssle.
Ein großes Problem bei der Lehrerversorgung ist die vermeintliche Unattraktivität des ländlichen Raums. Das kennen auch andere Branchen. So orientieren sich beispielsweise neben Lehrern auch Mediziner nach ihrem Studium gerne in Richtung der Metropolen wie Freiburg und nicht an den Hochrhein. In diesem Zusammenhang kam eine Verbesserungsidee von Anika Bächle, Vorsitzende der GEW Waldshut: Sie schlug vor, den Lehrpersonen, die in Mangelregionen unterrichten, eine Zulage zu geben. Weiter sagt sie: Eine andere Möglichkeiten wären feste Zusagen für befristet eingestellte Lehrkräfte für das nächste Schuljahr.
Keine Mehrstunden für Teilzeitkräfte
Einig waren sich die GEW-Vertreter hinsichtlich des kürzlich vorgelegten Vorschlages von Ministerpräsident Winfried Kretschmann: Einer Stundenerhöhung bei Teilzeitlehrkräften sowie bei Lehramtsanwärtern hält die GEW Waldshut für den falschen Weg. Denn eine Teilzeitlehrkraft arbeite nicht ohne Grund weniger, beispielsweise um Familie und Beruf zu vereinbaren.
Einigkeit herrscht über die dringend benötigten Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrer, die quereinsteigen. Denn Kollegium und Schulleitung können lediglich unterstützen, Weiterqualifizierungen müssten jedoch von anderer Stelle geleistet werden. Dabei müssten Weiterbildungsorte im Blick behalten werden, um nicht Kollegen aus dem Kreis Waldshut aufgrund weiter Anfahrtswege auszuschließen, gab Benita Hasselblatt, Vorsitzende der GEW Kreis Waldshut, zu bedenken.
Ungleiche Bezahlung
Auf Unmut stößt die ungleiche Bezahlung der Lehrkräfte, zum Beispiel „besteht für erfahrene Grund- und Werkrealschullehrkräfte an ihrer Schulform keine Möglichkeit der Weiterqualifizierung. Hier zeigt sich die fehlende Anerkennung der bewährten Grund- und Werkrealschullehrkräfte durch das Kultusministerium“, mahnt Arne Scharf, Vorsitzender der GEW Kreis Waldshut. Bei Grundschullehrkräften gebe es bisher keine politische Entscheidung über eine höhere Besoldungsstufe.