„Leider hat sich die Bundesregierung auf die Verwaltung des Wohnraummangels beschränkt“, heißt es in einer Stellungnahme von Haus und Grund Hochrhein nach dem Wohngipfel der Bundesregierung. Kritisiert wird von der Interessenvertretung von privaten Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentümern, dass versäumt wurde, Privatpersonen zu ermuntern, Mietwohnungen anzubieten. Staatliche Wohnraumlenkung, Regulierungen und Bürokratie würden dazu führen, dass sich das Vermieten für viele Kleinvermieter nicht mehr lohne.
Rechtsanwalt Anton Bernhard Hilbert, Vorsitzender von Haus und Grund Hochrhein, bezieht Stellung zur Situation in der Region.
1. Was bedeuten die bestehenden Gesetze für Ihre Mitglieder konkret?
Die jetzt eingeführte und bis 2025 geltende Mietpreisbremse in Lauchringen und St. Blasien führe zu Verunsicherung bei Neuvermietungen. Die neue Miete darf die ortsübliche Miete um nicht mehr als zehn Prozent übersteigen. Der Gesetzgeber gebe aber keine Auskunft über die Höhe der ortsüblichen Miete. Der Vermieter bleibe im Ungewissen, ob er gegen das Gesetz verstoße oder nicht. Für die jetzt verschärfte Belastung der Vermieter gebe es keinen sozialen Grund. Zudem bestrafe der Staat geringe Mieten, ein eklatanter Widerspruch. Haus und Grund vertrete Kleinvermieter, die keine Maximalmieten verlangen, die Immobilie diene als Zubrot und Existenzsicherung im Alter. Es gebe Fälle, in denen das Finanzamt wegen marktunüblicher Billigmiete die Werbungskosten gekürzt habe. Es sei abzusehen, dass sich die Grundsteuern wegen der Reform vervielfachen und der Vermieter allein mit den Kosten belastet werde. Dies sei unfair und ein weiterer Schlag gegen das private Immobilieneigentum. Rechtsanwalt Hilbert vermisst die Wertschätzung privater Vermieter, wie er sagt. Er sieht bürokratische Hindernisse bei Modernisierung und Mietanpassung.
2. Gibt es Mitglieder, die wegen der Gesetzesvorgaben keine Mietwohnungen mehr anbieten oder ihre Objekte verkaufen?
Der Vorsitzende schätzt, dass etwa 20 Prozent aller Einliegerwohnungen nach schlechten Erfahrungen nicht mehr vermietet werden. „Wir kennen auch Fälle, in denen Mitglieder ihre Mehrfamilienhäuser verkauft haben, insgesamt oder nach Aufteilung in Eigentumswohnungen wohnungsweise“, erklärt Anton Bernhard Hilbert. Diese Aufteilung in Eigentumswohnungen verbiete der Gesetzgeber nun und schaffe damit weitere Schranken gegen den Erwerb von Immobilien.
3. Was wollen Sie mit Ihrer Kritik erreichen?
„Unsere Mitglieder wollen ein faires, ausgewogenes Wohnraummietverhältnis“, betont Hilbert. Auch am Hochrhein würden private Vermieter für ein hochwertiges und preisgünstiges Angebot sorgen. „Wir setzen uns ein für die Abschaffung von Gesetzen, die diese Vielfalt aus ideologisch-eigentumsfeindlichen Gründen bedrohen“, macht der Vorsitzende deutlich. Dazu gehöre die Abschaffung der Grunderwerbsteuer, zumindest deren Reduzierung und ein ausgewogenes Mietrecht, das nicht einseitig immer mehr den Vermieter belaste. Haus und Grund setze sich für ein Bauplanungsrecht, das den Natur- und Umweltschutz nicht gegen die Wohnbedürfnisse der Menschen ausspiele und ein Baurecht, das durch zusätzliche Vorgaben das Bauen verteuert, sondern unbürokratisch die Schaffung neuen Wohnraums zulasse.
4. Ist die Situation für Vermieter am Hochrhein mit der in großen Städten überhaupt vergleichbar?
Das Angebot an Mietwohnraum sei am Hochrhein größer als in den Zentren großer Städte. Die Grenzregion am Hochrhein sei allerdings wegen der attraktiven Arbeitsplätze in der Schweiz begehrt. Gerade hier solle neuer Wohnraum nicht mit „landschaftsverschandelnder Großbauten“ geschaffen werden, erklärt Hilbert. Private Eigentümer seien bereit, Wohnungen wieder zu aktivieren oder neue kleine und vielfältige Einheiten zu bauen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
5. Wie viele Mietwohnungen fehlen derzeit im Landkreis Waldshut und gibt es im Landkreis hier Fondsgesellschaften, die Mietshäuser aufkaufen?
Das statistische Monatsheft Baden-Württemberg 2/2018 weise für den Landkreis Waldshut einen „relativ ausgeglichenen Wohnungsmarkt“ aus, zitiert der Vorsitzende von Haus und Grund Hochrhein. Mit 178 genehmigten Neubauwohnungen je 10.000 Einwohnern für den Zeitraum 2013 bis 2016 liege der Landkreis an Position sechs unter den 44 Landkreisen in Baden-Württemberg. Der Anteil an Einfamilienhäusern (326 im Jahr 2016) sei hoch (Rang 12), für den ländlichen Raum aber nicht untypisch. Der Anteil neuer Wohnungen in Zwei- und Mehrfamilienhäusern (610 im Jahr 2016) sei relativ gering (Rang 22). Seither seien die Zahlen allerdings rückläufig, erklärt Hilbert. Begehrt seien vor allem Lagen entlang der schweizerischen Grenze. Die Einstufung von St. Blasien als Gebiet mit angespanntem Wohnraum zeige aber, dass auch in den geringer besiedelten Schwarzwaldbereichen eine schwache Nachfrage auf ein noch geringeres Angebot stoßen könne. „Wir beobachten keine Erwerbsaktivitäten von ausländischen Fondsgesellschaften. Dazu ist der Wohnraum im Landkreis zu kleinteilig, divers und individuell, wenig geeignet für rationelle Verwaltungen“, so Hilbert.
6. Wie könnte der in manchen Gemeinden beklagte Wohnungsmangel behoben werden?
Ob es im Landkreis Waldshut akuten Wohnraummangel gibt, darüber bestünden unterschiedliche Auffassungen. Um den Flächenverbrauch zu begrenzen, biete sich eine Nachverdichtung an. Das würde, je nach Wachstumsprognose, für das Angebot an Mietwohnungen ausreichen, so Hilbert.
7. Gibt es eine gesetzliche Lösung, bei der Vermieter und Mieter ihre unterschiedlichen Interessen weitestgehend vertreten sehen?
„Private Vermieter verhalten sich anders am Markt als große Immobilienunternehmen. Sie haben Interesse an einem fairen, ausgewogenen, harmonischen Mietverhältnis“, macht Hilbert deutlich. Untersuchungen würden zeigen, dass private Vermieter langfristige Mietverhältnisse bevorzugen und sich mit Mietanpassungen zurückhalten. Deshalb würden private Vermieter von ihren Mietern besser bewertet als genossenschaftliche, unternehmerische oder staatliche Vermieter. Ein faires Gesetz berücksichtige diese Erfahrungen, indem es die einseitige Fixierung auf Mieterinteressen aufgebe und bei Mieterhöhungen, Modernisierung und Kündigung zu einer ausgewogenen Regelung gelange. Mit einem überzogenen Schutz, der sich letztlich gegen die Vermieter selbst wende, sei auch den Mietern nicht gedient.