„Grundsätzlich kann man sagen: Je kleiner das Dorf, die Gemeinde, ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Glasfaser ausgebaut wurde.“ Das sagt Sascha Tobler, Co-Geschäftsführer des Albbrucker Unternehmens RST Datentechnik, einem regionalen Internet-Dienstleister. Was in einer Marktwirtschaft seltsam und paradox erscheinen mag – superschnelles Internet in kleinen Dörfern mit geringer Bevölkerung – ist am Hochrhein Realität. Flächendeckende Glasfaser im Kreis Waldshut gibt es zwar aktuell bislang nicht. Aber dank des rund 380 Kilometer langen „Backbones“ als „Datenautobahn“ und „Rückgrat“ der Breitband-Versorgung ist die Region zumindest auf dem Weg dorthin.
Steuergelder in dreistelliger Millionenhöhe sind mit dem Gesamtprojekt „vergraben“ worden. Aber die staatliche Finanzierung war wohl alternativlos. „Weder Telekom noch Vodafone wollten eine solche Summe schultern“, sagt Sandra Mathis, kaufmännische Geschäftsführerin des Zweckverbands Breitband mit seinen 32 angeschlossenen Städten und Gemeinden. Was der Glasfaserausbau im Kreis Waldshut insgesamt gekostet hat, darüber habe der Zweckverband keine Zahlen. Der Backbone allein hat knapp 25,9 Millionen Euro gekostet, wovon 23,4 Millionen Euro das Land und 2,5 Millionen Euro der Landkreis stemmten.

Richtig ins Geld ging und geht der Bau der „Internet-Landstraßen“, also der Ortsnetze, was Sache der Kommunen ist. Wer von denen als unterversorgt gilt, also „weißer Fleck“ in der Breitband-Landschaft ist, hat gute Chancen auf weitere Fördergelder. Bonndorf etwa investierte zwischen 2017 und 2023 rund 13 Millionen Euro ins Breitband, wovon die Hälfte aus Zuschüssen bestand. Laut Bürgermeister Marlon Jost hängen 912 Haushalte in Bonndorf und den Ortsteilen dran – „Tendenz steigend.“ In der Stühlingen, wie Bonndorf Flächengemeinde, betrugen die Investitionen 15 Millionen Euro. Davon übernahm der städtische Eigenbetrieb „Zukunftsfähige Infrastruktur Stühlingen“ 7,4 Millionen Euro. Mehr als 1000 Haushalte haben laut Bürgermeister Joachim Burger einen Anschlussvertrag.
Burger sagt: „Es war eine richtige und wichtige Entscheidung. Die verantwortlichen Akteure haben uns nicht die Frage gestellt, ob es sich rechnet, sondern wie nach dem Marktversagen der Telekommunikationsunternehmen ein Mehrwert für unsere Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Handels- und Gewerbetreibenden in Stühlingen geschaffen werden kann.“ Für ihn gehört die Glasfaserversorgung im ländlichen Raum zur kommunalen Daseinsvorsorge hinzu, so wie bei Wasser, Abwasser und Strom. Die Politik habe Glasfaser „bis zur letzten Milchkanne“ versprochen. Und das koste eben. Aber auch klar: „Der finanzielle Eigenanteil wiegt noch einige Jahre oder Jahrzehnte nach und belastet den finanziellen Spielraum der Stadt Stühlingen“, sagt Burger.

„Weiße Flecken“ werden zu Hightech-Inseln
So sind aus den ehemals „weißen Flecken“ in der Internet-Breitbandversorgung Hightech-Inseln geworden, wo das Giga-Netz bereits heute Wirklichkeit ist. Damit sind Kapazitäten von 1000 Mega- oder einem Gigabit pro Sekunde im Download gemeint. Selbst im 350-Seelen-Hotzenwald-Dorf Ibach ist so rasantes Surf-Tempo inzwischen drin. Wer es nutzt, zahlt bei RST 74,90 Euro pro Monat. Bei Stiegeler, Betreiber des Netzes der Gemeinden, die dem Zweckverband Breitband angehören und mit Fördergeldern ausgebaut wurden, sind es 79,95 Euro, aber erst ab dem 13. Monat.
Immer mehr „weiße Flecken“ lässt Stiegeler verschwinden. „Aktuell bauen wir eigenwirtschaftlich Glasfasernetze in Eggingen, Küssaberg-Dangstetten, Dogern, Laufenburg und in einem Teil Lauchringens“, so Geschäftsführer Felix Stiegeler. „Zuletzt konnten wir im April das von uns eigenwirtschaftlich ausgebaute Glasfasernetz in einem Teil Unterlauchringens in Betrieb nehmen“, sagt Stiegeler. Im März seien die Glasfasernetze der Gemeinde Klettgau und des Ortsteils Birkendorf in Ühlingen-Birkendorf an Stiegeler zum Betrieb übergeben worden, erklärt er weiter.
In den Städten herrscht eher Zurückhaltung
Es sind eher die kleineren und mittleren Gemeinden im Landkreis, die mit Glasfaser von sich reden machen. Von den größeren aber, von Waldshut-Tiengen und Bad Säckingen etwa, hört man eher wenig. Zwar baut die Telekom aktuell Glasfaser in der Waldshuter Altstadt aus, dennoch: Auf ihrem Online-Verfügbarkeitscheck sind die Glasfaser-Versprechen für beide Städte eher vage: Entweder heißt es „nicht verfügbar“, „noch nicht geplant“ oder „nicht zuverlässig zu prüfen“. Für die Tiengener Hauptstraße wird man vertröstet: „Wenn Sie heute bestellen, wird der Glasfaserausbau an Ihrer Adresse voraussichtlich bis Ende April 2026 erfolgen.“

Wie gerade in der Waldshuter Kaiserstraße baue die Telekom bundesweit zwar Glasfaser aus, laut einer Sprecherin „was das Zeug hält“, aber die Problematik bleibt: Größere Gemeinden sind schon gut mit DSL- und Kabel-Internet versorgt. Daher gehen sie bei Glasfaser-Zuschüssen in aller Regel leer aus. Sie haben die Wahl: Entweder selbst bezahlen wie Waldshut-Tiengen via Stadtwerke oder auf Unternehmen warten, die das tun und „eigenwirtschaftlich“ ausbauen. Bad Säckingen zum Beispiel setzt auf UGG, auf „Unsere Grüne Glasfaser“. Aktuell befinde sich UGG laut einem Sprecher „in den Ausbauplanungen“. Wann und ob es wirklich losgeht – offen.
Unsicherheit bei Wechselbereitschaft
Abzuwarten bleibt auch, wie ausgeprägt die Wechselbereitschaft der Kundinnen und Kunden tatsächlich sein wird, sollte Glasfaser im Angebot sein. So sagt denn auch Tobler: „Wenn jemand schon 100 Mbit/s oder mehr hat, sehe ich momentan keinen Grund für ihn zu wechseln.“ Auch Vodafone sieht die maximal schon nutzbaren, bereits Gigabit-fähigen Datenraten seiner Kabel-Tarife für den Normalnutzer als völlig ausreichend an. „Auch wenn einige Kunden schnelleren Upload haben wollen“, wie ein Sprecher sagt, baue Vodafone im Kreis Waldshut derzeit keine Glasfaser aus.
So vergrößert sich regional die Diskrepanz: Die größeren Kommunen verharren in der zwar auch schon schnellen, aber eigentlich veralteten Technik des Kupferkabels. Währenddessen hebt der ganz ländliche Raum bei der Glasfaser ab, für deren Potenziale es derzeit weiterhin nicht einmal Anwendungen gibt.
Aber das hat eben seinen Preis. Es dürften höhere fünfstellige Anschlusskosten pro Haushalt sein. Dem stehen eher geringe Einnahmen gegenüber, wenn ein Glasfaseranschluss im Segment Privatkunden, wenn auch nicht mit 1000 Mbit, schon für unter 50 Euro monatlich zu haben ist. So kann es Jahrzehnte dauern, bis sich das amortisiert hat, bis überhaupt einmal mit der Glasfaser Geld verdient wird. Das ist aktuell im ländlichen Raum wohl nur bei den teureren Firmentarifen der Fall.