Juliane Schlichter und David Rutschmann

Der Landkreis Waldshut nimmt die Impfkampagne wieder selbst in die Hand und bietet zusätzliche Angebote zur Immunisierung an. An vier festen Standorten im Kreisgebiet – Bad Säckingen, Lauchringen, Häusern und Bonndorf – besteht voraussichtlich ab diesen Donnerstag, 25. November, die Möglichkeit, sich gegen das Corona-Virus impfen zu lassen. In den sogenannten Mini-Kreisimpfzentren (KIZ) werden jeweils Erst- und Zweit- sowie Auffrischungsimpfungen angeboten.

Auch beim Impfbus will die Kreisbehörde „die Schlagkraft erhöhen“, wie Landrat Martin Kistler bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Montagmittag erklärte. Statt wie bisher mit einem Arzt besetzt, sollen künftig bis zu vier Mediziner an den Stationen des Impfbusses im Einsatz sein. Ebenso ist weiterhin das mobile Impfteam des Landkreises an Schulen, Pflegeheimen, Senioreneinrichtungen und der Justizvollzugsanstalt unterwegs, kündigte der Landrat an.

„Wir sind in der zweiten Impfwelle“, erklärte Caren-Denise Sigg, Leiterin des Corona-Krisenstabs beim Landratsamt Waldshut. Die erste habe die Behörde dank des Kreisimpfzentrums in Tiengen, wo bis zu dessen Schließung im Schnitt 800 Menschen täglich geimpft wurden, erfolgreich bewältigt. „Ab Ende Oktober wurden wir überrannt“, berichtete Sigg und verwies auf die derzeit große Nachfrage nach der dritten Impfung, dem sogenannten Booster. So haben der Stabsleiterin zufolge beim Impfbus-Termin am 16. November in Grafenhausen zwei Drittel der Geimpften einen Booster verlangt. „Das Bedürfnis der Menschen ist groß, und wir sind bemüht, hinterherzukommen“, sagte Caren-Denise Sigg.

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Da das bisherige Impfangebot nicht ausreicht, um die Nachfrage zu bedienen – allein auf der Warteliste für das bestehende Mini-KIZ in Bad Säckingen stehen Sigg zufolge etwa 3000 Menschen –, startet das Landratsamt nun eine große Impf-Offensive. „Wir sind sehr froh darüber, dass das Land wieder auf kommunale Lösungen setzt“, betonte Landrat Kistler, der die von oben angeordnete Schließung des Kreisimpfzentrums Tiengen zum 29. November kritisch sieht.

Olaf Boettcher, Pandemiebeauftragter des Landkreises Waldshut, Landrat Martin Kistler und Corona-Stabsleiterin Caren-Denise Sigg (von ...
Olaf Boettcher, Pandemiebeauftragter des Landkreises Waldshut, Landrat Martin Kistler und Corona-Stabsleiterin Caren-Denise Sigg (von links) stellten am Montag im Landratsamt das neue Impfkonzept des Landkreises vor. | Bild: Juliane Schlichter

Als „frustrierend“ bezeichnete Caren-Denise Sigg, dass vom Sozialministerium in Stuttgart bis Montagmittag noch keine Reaktion auf das Konzept des Landkreises Waldshut gekommen sei. „Wir wollen loslegen, aber es fehlt die Finanzierungsgrundlage“, erklärte Sigg. Landrat Martin Kistler kündigte an, die Mini-Kreisimpfzentren wie geplant am Donnerstag zu öffnen, auch wenn bis dahin eine Zusage des Sozialministeriums ausstehen sollte. „Aber wir gehen davon aus, dass wir sie bekommen“, so Kistler.

Sigg verwies darauf, dass für Impfungen in den vier Mini-KIZ vorab eine Anmeldung ausschließlich übers Internet erforderlich ist. Die entsprechende Seite werde in den kommenden Tagen online gestellt. Auch das sogenannte offene Impfen wird ausgebaut. Das aufgestockte Personal des „Erfolgsmodells Impfbus“, so der Landrat, werde künftig in Hallen impfen. „Damit niemand draußen in der Kälte warten muss“, erklärte Kistler. Die Impfbus-Besatzung werde in den Orten jeweils Impfungen nach Voranmeldung sowie ohne Termin durchführen. Der Tourplan stehe vorerst bis Ende Dezember. Die erste Stunde des Impfens ohne Termin bleibt weiterhin für Menschen über 70 Jahre reserviert.

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Große Irritation herrschte auch im Landkreis Waldshut über die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, die Bestellmengen von Biontech-Impfdosen zu begrenzen. „Diese unerwartete Entscheidung hat bei uns mehrere Baustellen eröffnet“, sagte der Pandemiebeauftragte des Landkreises Olaf Boettcher bei der Pressekonferenz. Der Arzt sprach in diesem Zusammenhang von einem „politischen Desaster, das nicht nur in unserer Region, sondern landes- und bundesweit zu Problemen führen wird“. Denn viele Arztpraxen hätten bereits weit im Voraus Impftermine vereinbart – zum Großteil mit dem gesellschaftlich breit akzeptierten Biontech. „Wo sollen wir den terminierten Impfstoff herbekommen? Ein Apotheker hat mir gesagt, dass die Bestellungen von Biontech-Impfstoff pro Arzt bereits wöchentlich gedeckelt werden“, sagte Boettcher.

„Es ist ein politisches Desaster, das nicht nur in der Region, sondern landes- und bundesweit zu Problemen führen wird.“
Olaf Boettcher, Pandemiebeauftragter, über die Limitierung von Biontech-Impfdosen
Bild 2: Impf-Offensive im Landkreis Waldshut: Drei weitere Mini-Impfzentren in Lauchringen, Häusern und Bonndorf
Bild: Gerber, Andreas

Der Landkreis Waldshut habe derzeit noch 20.000 Dosen Biontech-Vakzin zur Verfügung – das reiche für zwei Wochen. Danach stehe zum Boostern nur noch der Impfstoff von Moderna zur Verfügung. Boettcher betonte, dass es sich dabei um keinen schlechteren Impfstoff handle, die Wirksamkeit genauso hoch wie bei Biontech sei und auch Kreuzimpfungen problemlos möglich seien. Doch die unerwartete Begrenzung von bereits eingeplantem Biontech-Impfstoff könnte zu Lieferengpässen führen. Nun stehe man also vor der Situation, dass der Landkreis ein vielversprechendes Impf-Konzept entwickelt habe, der Wille zum Impfen oder Boostern in der Bevölkerung hoch sei – am vergangenen Freitag wurden rund 760 Personen im Landkreis geimpft –, aber möglicherweise das Vakzin knapp wird. Die große Impfaktion am kommenden Samstag in der Praxis von Andrea Beckert-Schömig in Waldshut werde durch diesen Umstand „erheblich geschwächt“, so Boettcher.

Trotz drastischer Worte und Resignation aufgrund politischer Entscheidungen – die vom Sozialministerium angeordnete Schließung der Kreisimpfzentren musste man Ende September zähneknirschend akzeptieren – vermittelte die Waldshuter „Impf-Task-Force“ einen optimistischen Eindruck. Die hohe Improvisationsfähigkeit zahle sich aus, wie die Akzeptanz des Impfbusses zeige. Boettcher betonte, dass gerade für den Landkreis Waldshut, ein strukturell schlecht versorgtes Gebiet, was die Ärztedichte anbelangt, die gemeinsame Erarbeitung eines Impfkonzepts ein großer Erfolg sei.

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